Therapie im Trance-Zustand

Ist Hypnose Hokuspokus?

Es gibt keine Schlange Kaa, die mit rotierenden Augen hypnotisiert – und auch das berühmte Pendel setzen Ärzte kaum ein. Hypnotherapie ist zunehmend gefragter, wie Fachgesellschaften sagen. Gleich zwei Kongresse beschäftigen sich dieser Tage mit der Trance-Therapie.

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Von wegen Hokuspokus: Hypnose wird heute von vielen Ärzten eingesetzt.

Von wegen Hokuspokus: Hypnose wird heute von vielen Ärzten eingesetzt.

© James Steidl / Photos.com plus

Mainz. Hypnose galt lange Zeit als schlechter Zaubertrick – doch längst ist sie als ernste Therapie in deutschen Praxen angekommen. Mehrere Hypnose-Gesellschaften in Deutschland verzeichnen eine steigende Nachfrage nach wissenschaftlichen Therapieformen mit Hilfe von Trance. Angewandt wird die Hypnotherapie etwa bei Ängsten, Traumatisierungen, Verhaltensstörungen und zur Förderung von Heilungsprozessen. Heute startet die Deutsche Gesellschaft für Autosystemhypnose (DGSH) ihren Hypnose-Kongress in Mainz.

Genau wie die DGSH bildet auch die Deutsche Gesellschaft für Hypnose und Hypnotherapie (DGH) berufsbegleitend Ärzte, Psychologen und Zahnärzte aus. Die Zahl der mit Hypnotherapie behandelnden Mediziner steige, sagte eine DGH-Sprecherin. "Das hängt auch damit zusammen, dass immer mehr Krankenkassen die Erfolge sehen und die Hypnose als Zusatzleistung mit aufnehmen."

Bei der Deutschen Gesellschaft für Zahnärztliche Hypnose (DGZH) soll nun das Ausbildungsangebot neu strukturiert werden. Von rund 90.000 Zahnärzten in Deutschland seien 2500 für Hypnose zertifiziert, meinte eine Sprecherin. "Viele halten es noch für Blödsinn." Deswegen sollten nun Studenten für die Hypnose ausgebildet werden. Die DGZH veranstaltet ab Donnerstag ihren Hypnose-Kongress in Berlin.

 

Gibt es auf den Kongressen Show-Hypnose wie bei Magiern?

"Hypnose ist nicht das, was sich die meisten Menschen darunter vorstellen", sagt DGSH-Präsident Götz Renartz. Es komme keine Schlange Kaa mit marmorierten Augen, die die Menschen verzaubere. Auch Pendel würden kaum verwendet - nicht weil es damit nicht funktioniere, sondern weil zu viel Esoterik damit verbunden sei. Um jemanden in die Hypnose zu versetzten, spricht der Arzt nur langsam und leiernd. Das gilt für die Kongresse natürlich nicht: Dort werden Vorträge laut und deutlich gehalten.

Wie viele Ärzte bieten Hypnose an?

Tausende Hypnotherapeuten sind in Deutschland organisiert. Dazu gehören viele Zahnärzte und Psychotherapeuten, aber auch Chirurgen und Unfallmediziner. Hinzu kommen Logopäden, Heilpraktiker und Hebammen. Mehrere Monate dauert die berufsbegleitende Ausbildung bis zum Zertifikat. "Es hypnotisieren mehr, als die meisten Menschen wissen", sagt Bernhard Trenkle, Mitglied im Vorstand der International Society of Hypnosis (ISH). Eine Hypnose-Ausbildung ist nicht Teil des Basis-Curriculums der ärztlichen Studiengänge.

Ist Hypnotherapie wirklich wissenschaftlich?

Seit 2006 ist sie vom wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie in einigen Feldern anerkannt, etwa bei der Raucherentwöhnung. Mittlerweile umfasst die Liste der Krankheiten und Leiden, die empirisch belegt so wirksam behandelt werden können, unter anderem Operationsschmerzen, Geburtsschmerzen, Migräne, Phobien, Übergewicht sowie Schlaf- und Sexualstörungen. Nicht empfohlen wird Hypnotherapie bei akuten Psychosen und schweren Persönlichkeitsstörungen.

Ist Hypnose wie Meditation?

Beides sind bewusstseinsverändernde Zustände. Bei der Meditation aber wird der Einfluss der Umwelt auf das Ich möglichst ausgeschaltet, eine Leere erzeugt. Bei einer Hypnose fühlt sich der Mensch in sein Inneres vor und spaltet dort den Schmerz oder die Angst ab. Weil der Fokus ganz auf einem inneren Bild liegt - zum Beispiel auf einem Segelboot in der Sonne schaukeln oder entspannt im Tiefschnee den Hang hinabfahren -, können störende Reize ausgeblendet werden.

Können Patienten gegen ihren Willen hypnotisiert werden?

Nein. Der Patient muss mitarbeiten. "Er muss den inneren Heiler finden", sagt DGSH-Präsident Renartz. Die hypnotisierenden Ärzte und Therapeuten sind der Ansicht, dass die Patienten viele körperliche und seelische Probleme aus sich heraus behandeln können, mit ihren Selbstheilungskräften. Etwa zehn Prozent der Bevölkerung gelten allerdings wissenschaftlich als nicht hypnotisierbar - bei diesen Menschen klappt es einfach nicht.

Wie findet man einen Hypnose-Arzt?

Wichtig ist eine fundierte medizinische Grundausbildung. "Wenn jemand hochschwanger ist, ist eine Hebamme ohne hypnotherapeutische Ausbildung besser als ein Hypnotherapeut, der keine Ahnung von Entbindungen hat", sagt Trenkle von der ISH. Mit Vorsicht zu genießen seien auch Ärzte, die meinen, alle Krankheiten behandeln zu können. "Ich zum Beispiel bin auf Stottertherapie spezialisiert und mache fast nur das", sagt er. Zahlreiche wissenschaftlich fundierte deutschsprachige Hypnose-Gesellschaften haben das Portal www.hypnose.de  eingerichtet. Auf den Webseiten der Gesellschaften finden sich dann Ärzteverzeichnisse.

(ajo/dpa)

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