Umfrage
Junge Frauen wünschen mehr Infos über Alternativen zur Pille
Andere Verhütungsmethoden als die Pille werden von jungen Frauen eher selten genutzt. Dabei würden sich bei einer entsprechenden Aufklärung deutlich mehr für eine alternative Methode entscheiden, wie eine aktuelle Umfrage ergeben hat.
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Die Antibabypille ist nur eine von vielen Möglichkeiten zur Schwangerschaftsverhütung.
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ERLANGEN. Das Umfrageergebnis der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung aus dem Jahr 2015 darf als Erfolg gewertet werden. Demnach gaben 96 Prozent der Jugendlichen an, bei ihrem letzten Geschlechtsverkehr verhütet zu haben. Erwartungsgemäß lagen dabei hormonelle orale Kontrazeptiva mit einem Anteil von 70 Prozent weit vorne. Gleichzeitig berichtete ein nicht unerheblicher Teil der Befragten aber auch über Unregelmäßigkeiten bei der Einnahme oder über unerwünschte Wirkungen wie Zwischenblutungen (30 Prozent), Gewichtszunahme (24 Prozent), Kopfschmerz (16 Prozent) und abnehmendes sexuelles Verlangen (15 Prozent).
Da stellt sich natürlich die Frage, warum trotz all dieser Probleme so viele Mädchen die Pille nutzen und nicht zu anderen Verhütungsmethoden wechseln. Liegt es eventuell an der fehlenden Information über Alternativen? Eine große prospektive Studie aus den USA, das Contraceptive CHOICE Project, legt genau das nahe. Denn von den 10.000 Frauen zwischen 14 und 45 Jahren hatten sich nach eingehender Aufklärung über die Anwendung und Funktionsweise der verschiedenen Methoden 67 Prozent der Teilnehmerinnen, unabhängig von ihrem Alter, nicht für die Pille, sondern für ein langwirksames Kontrazeptivum entschieden.
Studie ermittelt Aufklärungsbedarf
Die Gynäkologin Privatdozentin Dr. Patricia G. Oppelt und ihre Kollegen von der Uni Erlangen-Nürnberg ließen diese Ergebnisse aufhorchen. Sie wollten wissen, ob sich das in Deutschland ähnlich verhält und initiierten darauf die Thinking About Needs in Contraception (TANCO)-Studie (Geburtsh Frauenheilk 2018; 78:999–1007).
Die Forscher befragten 2699 Mädchen zwischen 14 und 19 Jahren, wie sie verhüten und ob sie damit zufrieden sind. Zudem wollten die Gynäkologen wissen, wie gut sich die Mädchen informiert fühlen, welche anderen Verhütungsmethoden sie kennen und inwieweit sie über deren Anwendungs- und Funktionsweise Bescheid wissen. Parallel wurden deren Gynäkologen befragt.
Wirkungsweise oft unbekannt
Auch in diesem Kollektiv führten die kombinierten oralen Kontrazeptiva mit einem Anteil von 86 Prozent die Rangliste an, gefolgt von Kondomen mit einem Anteil von 4 Prozent. Mehr als zwei Drittel glaubten, gut über das Thema Verhütung Bescheid zu wissen. Die Gynäkologen schätzten den Wissensstand von 59 Prozent ihrer Patientinnen als gut bis sehr gut ein.
Tatsächlich konnten die Mädchen im Durchschnitt mehr als fünf verschiedene Verhütungsmethoden aufzählen. Mit Blick auf die Wirkungsweise machten sich aber deutliche Defizite bemerkbar. Besonders niedrig war der Kenntnisstand über die Wirkmechanismen des vaginalen Verhütungs- beziehungsweise Hormonrings. Wenig wussten die Befragten auch zur Kupfer- oder Hormonspirale. Selbst bei der kombinierten Pille offenbarten sich deutliche Wissenslücken. Mehr als die Hälfte der Mädchen wusste nicht, dass mit der kombinierten Pille die Ovulation unterdrückt wird.
Große Unsicherheit herrschte auch bei Fragen zum Gestagengehalt (77 Prozent falsche oder keine Antwort), zur Hormondosis (81 Prozent falsche oder keine Antwort), zur Wirkung auf das Zervixsekret (79 Prozent falsche oder keine Antwort) und das Endometrium (78 Prozent falsche oder keine Antwort) sowie zum Hormonverlauf während des Zyklus (73 Prozent falsche oder keine Antwort). Auffallend war, dass die Teilnehmerinnen, die mit IUDs (intrauterine devices) verhüteten, mehr über die Wirkungsweise ihrer eigenen Verhütungsmethode, aber auch aller anderen Methoden wussten als Probandinnen, die orale Kontrazeptiva nutzen.
Weiterhin ergab die Befragung, dass – anders als von den teilnehmenden Gynäkologen angenommen – die Mädchen ein starkes Interesse an einer Langzeitverhütung haben. 57 Prozent aller Befragten wünschten sich dazu mehr und umfassendere Informationen. Angesichts ihrer Zuverlässigkeit, der einfachen Anwendung und einiger positiver Nebeneffekte ist die kombinierte orale Kontrazeption nicht zu Unrecht für viele junge Frauen das Verhütungsmittel der Wahl, wie Oppelt und ihre Kollegen betonen.
Doch die TANCO-Studie zeige eben auch „eine deutliche Diskrepanz zwischen der tatsächlich fast ausschließlichen Verhütung mittels Pille und den von den Heranwachsenden in Betracht gezogenen Optionen zur Verhütung, wenn denn ausführliche Aufklärung stattfindet“. Der Bedarf an umfassender Information sei enorm und werde von Frauenärzten teils unterschätzt, so Oppelt. Nur wenn ein Mädchen umfassend über alle verfügbaren zuverlässigen Verhütungsmethoden aufgeklärt wird, kann sie entscheiden, welche für sie die passende ist.