Nach Op

Kaugummikauen bringt Darm wieder in Schwung

Mit einem simplen Trick lässt sich die Darmtätigkeit nach einer Op wieder in Schwung bringen, wie eine aktuelle Studie zeigt: Kaugummikauen verschafft Patienten Linderung und beschleunigt den Genesungserfolg.

Von Thomas Müller Veröffentlicht:
Kaugummikauen unterstützt den Darm nach einer Op.

Kaugummikauen unterstützt den Darm nach einer Op.

© Hemera / Thinkstock

EINDHOVEN. Der Darm tut sich nach einer abdominalen Operation oft besonders schwer, zur alten Verdauungsroutine zurückzufinden.

Wie vor Schreck über den Eingriff gelähmt dauert es nicht selten mehrere Tage, bis er wieder die ersten Darmwinde produziert oder den Patienten zur Toilette treibt.

Ärzte haben inzwischen einiges versucht, einen postoperativen Ileus zu vermeiden.

So waren minimalinvasive Op-Methoden, eine epidurale Anästhesie oder eine frühe Nahrungsaufnahme in einigen Studien von Vorteil, aber auch Kaffeetrinken und Kaugummikauen wurden mit unterschiedlichem Erfolg geprüft.

Eine Gruppe kaut, die andere bekommt Pflaster

Ein Team um Dr. Misha Luyer von der Catharina-Klinik in Eindhoven hat nun in einer placebokontrollierten Studie geschaut, ob sich das Kaugummikauen bei einer Darmoperation tatsächlich positiv auf die Motilität auswirkt (Br J Surg 2014; online 18. Dezember).

In ihrer Studie erhielten 62 Patienten vor und nach einer Kolektomie oder einer Rektal-Resektion Kaugummis, weitere 58 Patienten bekamen ein spezielles Pflaster.

Allen Patienten wurde erläutert, Kaugummis und Pflaster würden helfen, die Darmtätigkeit nach der Op in Schwung zu bringen, das Pflaster enthielt allerdings keinen Wirkstoff.

Die Kaugummigruppe begann mit dem Kauen drei Stunden vor der Op; diese Patienten sollten mindestens drei handelsübliche zuckerfreie Kaustreifen pro Stunde konsumieren.

Nach der Op wurden sie ermutigt, möglichst schnell wieder mit dem Kauen zu beginnen.

Ileus-Prävalenz fast halbiert

Wie sich herausstellte, hatte in der Kaugummi-Gruppe nach fünf Tagen etwas mehr als ein Viertel einen postoperativen Ileus, in der Pflastergruppe war es fast die Hälfte (27 versus 48 Prozent).

Von einem Ileus wurde ausgegangen, wenn sich in den vergangenen 24 Stunden keine Darmtätigkeit in Form von Darmwinden oder erfolgreichem Stuhlgang gezeigt hatte.

Der erste Flatus entwich 65 Prozent der Kaugummikauer bereits in den ersten zwei Tagen nach der Operation.

Der Anteil in der Pflastergruppe lag hingegen nur bei 50 Prozent. Mehr als drei Tage für die erste Gasentladung benötigten lediglich fünf Patienten mit Kaugummi, aber 17 mit Placebo-Pflaster.

Signifikant mehr Patienten mit Kaugummi gelang auch ein erster Stuhlgang innerhalb von vier Tagen (85 versus 57 Prozent).

Da solche Informationen weitgehend auf subjektiven Angaben beruhen, bestimmten die Ärzte auch sonografisch die Antrum-Veränderung im Magen zwei Tage nach der Op.

Der Antrum-Durchmesser ging nach einer Mahlzeit in der Kaugummigruppe deutlich stärker zurück, was die Forscher um Luyer als Indiz für eine schnellere Magenentleerung werteten.

Niedrigere Entzündungswerte

Auch die Werte für Entzündungsmarker wie Interleukin 8 und löslichen TNF-1A-Rezeptor waren bei den Kauern deutlich niedriger als in der Kontrollgruppe.

Zwar konnten die Kaugummikauer auch etwas schneller aus dem Krankenhaus entlassen werden (nach 9,5 versus 14 Tagen), allerdings war der Unterschied hier nicht signifikant.

Insgesamt sehen die Chirurgen um Luyer im Kaugummikauen eine simple und effektive Methode, um einen postoperativen Ileus zu vermeiden.

Kauen, so die Hypothese, stimuliert das autonome Nervensystem und unterstützt auf diese Weise die Darmmotilität.

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