Schwere Skoliose

Korsett hält Chirurgen fern

Progrediente Skoliosen von über 20° Cobb im Wachstumsalter werden üblicherweise mit einer Orthese versorgt. Eine Studie aus den USA bestätigt diese Vorgehensweise.

Von Beate Schumacher Veröffentlicht:
Eine gerade Wirbelsäule - Jugendliche mit Skoliose müssen dafür die Unannehmlichkeit eines Korsetts tolerieren, wenn sie sich eine Operation ersparen wollen.

Eine gerade Wirbelsäule - Jugendliche mit Skoliose müssen dafür die Unannehmlichkeit eines Korsetts tolerieren, wenn sie sich eine Operation ersparen wollen.

© Springer Verlag GmbH

IWOA CITY. Eine US-Studie ergab, dass eine Orthese bei Jugendlichen mit einer progredienten Skoliose von über 20° Cobb eine gute Option ist.

Wegen der eindeutigen Überlegenheit der Korsetttherapie wurde die Studie sogar vorzeitig abgebrochen (NEJM 2013; online 19. September).

Zu diesem Zeitpunkt konnten die Daten von 242 Patienten ausgewertet werden. Sie waren zu Studienbeginn zwischen 10 und 16 Jahre alt.

Da ihr Wachstum noch nicht abgeschlossen war und der Cobb-Winkel 20 bis 40° betrug, drohte eine Progression der Krümmung.

Boston-Orthese für Deformation bis zum 8. Thorakalwirbel

Die Entscheidung zwischen Korsett und Beobachtung wurde bei 116 Patienten nach dem Zufallsprinzip getroffen, bei den übrigen 126 Patienten nach der persönlichen Präferenz. Insgesamt erhielten 146 Patienten (60%) eine Orthese, meistens eine Boston-Orthese, die sie mindestens 18 Stunden pro Tag tragen sollten.

Bei Studienende nach rund zwei Jahren war mit der Korsettbehandlung bei 72% der Patienten der gewünschte Erfolg erreicht: der Abschluss der Skelettreifung ohne eine Progression der Krümmung auf 50° oder mehr.

Damit konnte eine Versteifungsoperation abgewendet werden. In der Beobachtungsgruppe war dies nur bei 48% der Patienten der Fall.

Bei den randomisiert behandelten Patienten betrug die Erfolgsrate 75% in der Gruppe mit und 42% in der Gruppe ohne Korsett.

Demnach müssen drei Patienten mit einem Korsett versorgt werden, um eine Operation zu verhindern. Die relative Risikoreduktion beträgt 56%.

Entscheidend für den Erfolg der Korsetttherapie war allerdings die tägliche Tragedauer: Betrug sie weniger als sechs Stunden, dann war das Ergebnis nicht besser als ganz ohne Korsett (41% vs. 48%).

Dagegen blieben diejenigen, die ihre Wirbelsäule mindestens 13 Stunden pro Tag in das Korsett einsperrten, sogar zu 90% von der Operation verschont.

Hautprobleme sind ein Risiko

In Bezug auf Rückenschmerzen und Lebensqualität gab es keine Unterschiede zwischen Patienten mit und ohne Korsett.

Das Tragen der Orthese war jedoch bei 8% der Patienten mit Hautproblemen verbunden, und ein Patient musste wegen Angst und Depression stationär behandelt werden.

Die Studienautoren um Dr. Stuart L. Weinstein von der University of Iowa betonen, dass mit ihrer Studie ein praxisübliches Vorgehen nun auch mit harten Daten untermauert ist:

"Bei Jugendlichen mit idiopathischer Adoleszentenskoliose, die ein hohes Risiko für eine Krümmungsprogression und daher für eine Operation haben, wird durch ein Korsett die Wahrscheinlichkeit für eine Skelettreifung mit einem Cobb-Winkel unter 50° signifikant erhöht."

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