Immer mehr Gicht-Patienten

Liegt es am hohen Fruktosekonsum?

Als diätetische Risikofaktoren für eine Gicht gelten ja in erster Linie Alkohol und Fleisch. In jüngster Zeit geraten auch Fruktose-haltige Lebensmittel unter Verdacht. Kanadische Forscher sind diesem Zusammenhang in einer Metaanalyse nachgegangen.

Von Beate Schumacher Veröffentlicht:
Nicht nur Obst und Säfte sind eine Fruktosequelle. Als HFCS ist der Zucker auch in Limo enthalten.

Nicht nur Obst und Säfte sind eine Fruktosequelle. Als HFCS ist der Zucker auch in Limo enthalten.

© Irina Ukrainets / fotolia.com

Fruktose wird heute nicht nur über Obst und Fruchtsäfte konsumiert, sondern zu großen Teilen über industriell gefertigte Nahrungsmittel wie Limonaden, die mit Fruktose angereicherten Sirup aus Maisstärke (high-fructose corn syrup, HFCS) enthalten. Das könnte kanadischen Ärzten zufolge auch einer der Gründe sein, warum die Zahl der Gicht-Patienten seit Jahren zunimmt.

 Die Ärzte um Joseph Jamnik von der Universität in Toronto sind dem Zusammenhang zwischen Fruktoseaufnahme und der Entstehung von Gicht in einer Metaanalyse nachgegangen. "Unsere Ergebnisse stehen in Einklang mit der immer umfangreicheren Literatur, wonach Fruktose ein Risikofaktor für Gicht ist", schreiben die Ärzte in BMJ Open (BMJ Open 2016; 6:e013191).

Für ihre Metaanalyse mussten sie sich mit zwei prospektiven Studien begnügen: der Health Professionals Follow-up Study mit 46.393 männlichen Ärzten und zwölf Jahren Beobachtungszeit und der Nurses' Health Studie mit 78.906 Krankenschwestern und 22-jähriger Nachverfolgung. Die Teilnehmer beider Studien, von denen anfangs keiner an Gicht litt, hatten regelmäßig validierte Ernährungsfragebögen beantwortet. Eine diagnostisch gesicherte Gicht entwickelten 1533 Studienteilnehmer, 755 Männer und 778 Frauen.

Erkrankungsrisiko ist um 62 Prozent höher

Für Probanden im obersten Quantil der Fruktosezufuhr (11,9 Prozent der Gesamtenergie) war das Erkrankungsrisiko um 62 Prozent höher als für Probanden im untersten Quantil (7,1 Prozent der Gesamtenergie). Bei dieser Risikoberechnung sind zahlreiche Störfaktoren wie Alter, BMI, Gesamtenergiezufuhr, Alkoholkonsum, Diuretikagebrauch, Bluthochdruck und Niereninsuffizienz berücksichtigt.

Wurde zusätzlich ein Abgleich für die Energiezufuhr aus Nichtfruktose-Kohlenhydraten und Protein vorgenommen, lag das Risiko im obersten Fruktosequantil immer noch um 34 Prozent höher. Hauptquellen für Fruktose waren Orangensaft, mit Zucker gesüßte Getränke, Äpfel, Rosinen und Orangen.

Trotz der hohen Studienqualität und einer sich abzeichnenden Dosis-Wirkungs-Beziehung liefert die Analyse laut Jamnik und Kollegen nur "geringgradige" Evidenz für den Effekt von Fruktose auf die Gicht. "Die beobachtende Studienanlage verbietet Rückschlüsse auf eine Kausalität, weil manche Störfaktoren möglicherweise nicht berücksichtigt wurden."

Um die Hypothese zu untermauern, wollten die kanadischen Ärzte den Zusammenhang zwischen Fruktoseaufnahme und Harnsäurespiegeln untersuchen. Dieses Vorhaben mussten sie jedoch mangels prospektiver Studien aufgeben.

Hinweise aus Tierexperiment

Die Mediziner verweisen aber auf andere Untersuchungen, die ebenfalls für eine Rolle von Fruktose sprechen. Im Tierexperiment konnte zum Beispiel durch Fruktosezufuhr ein Anstieg der Harnsäurespiegel induziert werden. Epidemiologische Studien zum Einfluss auf die Harnsäure haben dies zum Teil bestätigt. In einer Querschnittsstudie wurde zudem eine Assoziation zwischen zuckerhaltigen Getränken und Gicht festgestellt. Diätlimonaden waren dagegen nicht mit einer erhöhten Erkrankungsrate assoziiert.

Mechanistisch ließe sich eine Rolle von Fruktose bei der Gichtentstehung ebenfalls erklären. Fruktose führt unter anderem über eine ATP-Depletion zur Anreicherung von Inosinmonophosphat, einem Vorläufermolekül der Harnsäure. Die durch den ATP-Mangel angeregte kompensatorische Synthese von Purinnukleotiden kann die Harnsäureproduktion zusätzlich steigern.

Das American College of Rheumatology rät in seiner Leitlinie zur Gicht, den Konsum von Soft- und Energy-Drinks, die mit HFCS gesüßt sind, einzuschränken. Solche Getränke sind in den USA die Hauptquelle für Fruktose. Zu anderen Fruktosehaltigen Lebensmitteln enthält die Leitlinie keine Empfehlungen. Das Forscherteam um Jamnik weist aber darauf hin, dass auch Früchte und Fruchtprodukte einen signifikanten Anteil an der Fruktosezufuhr haben.

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