Bei Schlafstörungen

Meditieren - das Schäfchenzählen für Fortgeschrittene

Ein kurzes Meditationsprogramm kann den Schlaf bei älteren Menschen deutlich verbessern. Wer sich auf Körper- und Sinneswahrnehmungen konzentriert statt zu grübeln, ist nachts seltener wach und tagsüber fitter.

Von Thomas Müller Veröffentlicht:
Endlich wieder erholsam schlafen - Meditation kann dabei helfen, zeigt jetzt eine Studie.

Endlich wieder erholsam schlafen - Meditation kann dabei helfen, zeigt jetzt eine Studie.

© michaeljung/fotolia.com

LOS ANGELES. Wer nicht schlafen kann, soll Schäfchen zählen - an dieser Weisheit ist sicher etwas dran, denn wer sich auf eine bestimmte Aufgabe konzentriert, lenkt sich damit von seinen Grübeleien ab.

Er vergisst vielleicht irgendwann, dass er nicht schlafen kann - und schläft schließlich ein.

Nun wird der Tipp, Schäfchen zu zählen, aber niemanden mit Schlafstörungen beeindrucken.

Anapanasati Sutta (über die Achtsamkeit beim Atmen) oder "Mindfulness Meditation" klingt da schon viel aufregender - das Prinzip ist aber ähnlich.

Bei dieser buddhistischen Meditationstechnik geht es darum, die Aufmerksamkeit zu verlagern, auf die Atmung, die Körperfunktionen, den augenblicklichen Zustand, ohne diesen zu bewerten.

Die Gedanken, wenn sie abschweifen, gilt es immer wieder auf den Ausgangspunkt zu fokussieren.

Dieser kann das Atmen sein, aber auch das Gehen, das Essen - im Prinzip jede Tätigkeit oder Wahrnehmung.

Im weiteren Sinne ist damit aber nicht die bloße Konzentration oder Fokussierung gemeint, sondern ein bestimmter Bewusstseinszustand: Die Wahrnehmung soll in ihrer gesamten Fülle erfasst werden.

Teilnehmer mit moderaten Schlafproblemen

Eine Gruppe von Forschern um David Black von der Universität in Los Angeles hat nun in einer randomisierten kontrollierten Studie geschaut, ob sich diese Methode auch zur Besserung des Schlafs bei älteren Menschen eignet (JAMA Intern Med 2015; 175(4):494-501).

Die Forscher haben nach einem wenig aufwändigen, nicht medikamentösen Verfahren gesucht, das ohne Ärzte und Psychotherapeuten auskommt und auf diese Weise eine große Zahl von Betroffenen erreichen kann, etwa über Kurse, die Betroffenen in Gemeinden angeboten werden.

Teilnehmer waren 49 Erwachsene im Alter von über 54 Jahren, die mehr als 5 Punkte auf dem Pittsburgh Sleep Quality Index (PSQI) erreichten.

Dazu genügten bereits moderate Probleme beim Ein- oder Durchschlafen sowie eine gewisse Tagesmüdigkeit.

Viele dieser Personen erfüllen zwar nicht die Voraussetzungen für eine Insomniediagnose, allerdings haben Studien gezeigt, dass Werte über 5 Punkte bereits mit einem hohen Maß an Alltagsproblemen wie Stürzen, Fatigue und Depressionen einhergehen.

Knapp die Hälfte der Teilnehmer wurde nun in der Achtsamkeitsmeditation (Mindfulness Meditation) unterrichtet, und zwar in einer zweistündigen Gruppensitzung einmal pro Woche über sechs Wochen hinweg.

Die übrigen nahmen an einem ähnlich intensiven Programm zu Verbesserung der Schlafhygiene teil.

Unter anderem wurden sie dabei über Stressentstehung und Stressbewältigung informiert oder über die Biologie des Schlafes.

Beiden Gruppen gaben die Forscher Hausaufgaben auf, um das Erlernte zu praktizieren und zu vertiefen.

Klinisch relevanter Effekt

Sechs Wochen später zeigten sich deutliche Unterschiede bei der Schlafqualität zwischen beiden Gruppen: Mit der Meditation war der PSQI von zuvor 10,2 Punkten auf 7,4 zurückgegangen, mit dem Schlafhygiene-Training von ebenfalls 10,2 nur auf 9,1 Punkte.

Der Unterschied von 1,8 Punkten war nicht nur statistisch signifikant, sondern auch klinisch relevant: Die Forscher berechneten eine Effektstärke (Cohens d) von knapp 0,9 - Werte über 0,8 sprechen für einen starken Effekt.

Noch deutlicher war der Einfluss auf die Tagesmüdigkeit. Diese ging auf einer Fatigue-Skala mit der Meditation von 17,3 auf 13,6 Punkte zurück, dagegen stieg sie in der Kontrollgruppe um mehr als 2 Punkte an. Hier wurde gar eine Effektstärke von 1,5 erreicht.

Weniger deutlich wirkte sich die Mediation auf Ängste und die Stresswahrnehmung aus, depressive Symptome wurden etwas besser gelindert als in der Gruppe mit Schlafhygiene (Effektstärke rund 0,7).

Ähnliche Effekte wie bei Pharmaka

Wie Black und Mitarbeiter berichten, ist die Effektstärke, die mit der Meditation erreicht wurde, ähnlich groß wie in Studien mit Pharmaka und Psychotherapie bei Insomniepatienten.

Neben der Ablenkung von Grübeleien moduliert die Achtsamkeitsmeditation auch die Wahrnehmung und Bewertung von Körperstimuli, vermuten die Studienautoren.

So führt bei Insomnie das konditionierte Arousal zu einer Stresssituation, die dem Schlaf abträglich ist.

Wird das Arousal nicht mehr als gefährlich interpretiert, nimmt auch der Stress ab - letztlich beruhigen sich die Betroffenen etwas und schlafen eher wieder ein.

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Kommentare
Claus F. Dieterle 28.04.201523:57 Uhr

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