HIV

Neu entdeckter Rezeptor verstärkt Immunabwehr

Dendritische Zellen haben einen speziellen Rezeptor, der nach Kontakt mit retroviraler DNA eine Immunabwehrreaktion anschaltet. Der neu entdeckte Mechanismus ließe sich vielleicht nutzen, um Impfstoffe gegen das HIV zu verstärken.

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Zwei HI-Viren vor der Zelle. Ein neu entdecktes Protein hilft, das spezifische Immunsystem zu aktivieren.

Zwei HI-Viren vor der Zelle. Ein neu entdecktes Protein hilft, das spezifische Immunsystem zu aktivieren.

© Paul-Ehrlich-Institut

LANGEN. Wissenschaftler des Paul-Ehrlich-Instituts haben gemeinsam mit Kollegen aus Kalifornien und New York einen Rezeptor identifiziert, der es Zellen des Immunsystems ermöglicht, das HI-Virus zu erkennen und eine Immunantwort auszulösen.

Gelingt es, über die Entwicklung geeigneter Impfstoffe diesen Mechanismus zu verstärken, könnten die Erkenntnisse der Forscher möglicherweise genutzt werden, eine wirksame körpereigene Abwehr gegen das HI-Virus zu erzeugen.

Über die Forschungsergebnisse berichtet das Fachblatt "Cell" in seiner Online-Ausgabe (Cell 2015; online 4. Juni).

Wie wird HIV als "fremd" erkannt?

Bestimmte Immunzellen des Körpers, die dendritischen Zellen, sind grundsätzlich in der Lage, HIV-1 als Eindringling zu erkennen. HIV-1 wird meist nur als HIV bezeichnet und ist der Verursacher der erworbenen Immunschwäche-Krankheit AIDS (acquired immunodeficiency syndrome).

Bislang war allerdings unklar, wie die Zellen das Virus als "fremd" erkennen können.

Forscher des Paul-Ehrlich-Instituts um Dr. Renate König, Leiterin der Forschungsgruppe "Zelluläre Aspekte von Pathogen-Wirt-Interaktionen", haben gemeinsam mit Kollegen vom Sanford Burnham Medical Research Institute in La Jolla (Kalifornien) sowie von der University of Michigan und der Icahn School of Medicine at Mount Sinai (New York) entdeckt, dass dem Eiweiß Polyglutamin-Bindungsprotein 1 (PQBP1) hierbei eine wichtige Rolle zukommt.

Sie haben nachgewiesen, dass dieses Protein ganz spezifisch retrovirale DNA erkennt und bindet.

Zwar liegt die Erbinformation von Retroviren, zu denen das HIV gehört, normalerweise als RNA vor. Bevor sie ins Genom der Wirtszelle integriert werden kann, muss sie jedoch zunächst in DNA umgeschrieben werden.

PQBP1 erkennt diese DNA, bindet an sie und zudem noch an ein weiteres Protein, die sogenannte zyklische GMP-AMP-Synthase (cGAS).

cGAS braucht einen Arbeitspartner

Erst durch diese Verbindung kann cGAS eine Signalkette anschalten, die das angeborene Immunsystem und im weiteren Verlauf das spezifische Immunsystem aktiviert.

"Wir haben mit PQBP1 einen wichtigen Rezeptor identifiziert, der die Wahrnehmung des HIV-1 durch die Zelle und das Immunsystem vermittelt", beschreibt König die Ergebnisse in einer Mitteilung des Paul-Ehrlich-Instituts.

Bisher hatte man angenommen, dass cGAS alleine in der Lage ist, Fremd-DNA zu erkennen. Die Forscher konnten nun einen zusätzlichen Baustein identifizieren.

Ohne PQBP1 können die dendritischen Zellen das HI-Virus nicht erkennen. Dies zeigten König und Kollegen anhand von Blutproben von Patienten, die unter dem sehr seltenen Renpenning-Syndrom leiden.

Bei Patienten mit dieser neurodegenerativen Erkrankung ist das Gen für PQBP1 mutiert und das Protein daher nicht funktional.

Bei den Immunzellen dieser Patienten konnte die retrovirale DNA nicht an das Protein binden, sodass auch die Weiterleitung über cGAS ausblieb.

Möglichkeit für Immuntherapie

Dendritische Zellen verfügen grundsätzlich über den hier beschriebenen Mechanismus, der es ermöglicht, nach Kontakt mit retroviraler DNA eine Immunabwehrreaktion anzuschalten.

Der identifizierte Mechanismus bietet daher einen potenziellen Ansatzpunkt für eine Therapie: "Ein Anschalten dieses Mechanismus durch ein Adjuvans könnte möglicherweise die Immunantwort gegen HIV im Körper verbessern und damit im Rahmen einer Immuntherapie eingesetzt werden", erläutert König einen möglichen Nutzen aus den Befunden. (eb)

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