Roboterassistenz

Präzise Knie-Op auf den Millimeter genau

15 bis 20 Prozent der mit Knieendoprothesen versorgten Patienten sind mit dem postoperativen Ergebnis unzufrieden. Das soll sich ändern.

Dr. Thomas MeißnerVon Dr. Thomas Meißner Veröffentlicht:
Hautschnitt: Professor Christian Hendrich (Mitte) und sein Team bei der Implantation einer unikondylären Schlittenprothese. Über Infrarot-Marker am Bein erfasst ein Computer die Position des Knies im Raum.

Hautschnitt: Professor Christian Hendrich (Mitte) und sein Team bei der Implantation einer unikondylären Schlittenprothese. Über Infrarot-Marker am Bein erfasst ein Computer die Position des Knies im Raum.

© Stryker

WERNECK. Ein neues System zur Implantation von Knieendoprothesen verbindet Op-Navigation mit Robotik und berücksichtigt dabei die individuelle knöcherne sowie die Weichteilsituation beim Patienten. Für Professor Christian Hendrich von der Orthopädischen Klinik Schloss Werneck bei Schweinfurt ist das nichts weniger als ein Paradigmenwechsel: "Seit 40 Jahren gibt es die moderne Endoprothetik, seit 20 Jahren implantiere ich Knieendoprothesen. Aber so, wie mit diesem System habe ich das vorher nicht hinbekommen", gesteht der erfahrende Orthopäde. Und das, obwohl auf Schloss Werneck jährlich 1500 Hüft- und 1200 Kniepatienten mit Endoprothesen versorgt werden.

Inzwischen hat Hendrich bei etwa 500 Gonarthrose-Patienten mit dem aus den USA stammenden System MAKOplasty® operiert. Resultat sei stets "ein seidenweicher Lauf von Streckung zur Beugung". Negative "Überraschungen", wie sie selbst erfahrene Operateure und ihre Patienten bis heute immer wieder postoperativ erleben, gibt es nicht mehr.

Op-Planung in drei Dimensionen

Der Grund: Nicht allein die Wiederherstellung der anatomisch optimalen Beinachse werde anhand der Computer-gestützten Operationsplanung berücksichtigt, sondern vor allem auch die individuelle Weichteilspannung. Diese wird unmittelbar vor dem Hautschnitt per Navigationssystem erfasst und in die virtuelle Operationsplanung integriert. Bei der im Anschluss notwendigen Knochenresektion unterstützt ein Roboter den Chirurgen.

Folgendermaßen läuft die Operation zum Beispiel bei einer Patientin mit medialer Gonarthrose ab, die einen Teilgelenksersatz (unikondyläre Schlittenprothese) erhalten soll: Präoperativ ist anhand einer Knie-Computertomographie die vorläufige Operationsplanung erfolgt. Die Patientin liegt in Narkose auf dem OP-Tisch, die Blutsperre ist angelegt und das Bein steril abgedeckt, alles ist bereit für den Hautschnitt. Ein Navigationssystem im OP erlaubt mit stereotaktischen Kameras, die Position des Beines im Raum dreidimensional zu erfassen. Üblicherweise würde nun der Operateur mit der Implantation beginnen.

Nicht so Professor Hendrich, der zunächst das Bein in der krankheitsbedingten Fehlstellung (Varus) sowie dann in der manuell reponierten Stellung (Valgisierung) durchbewegt. Die Kameras erfassen anhand von zehn bis zwölf Messpunkten indirekt die Spannung der Gelenkkapsel und Bänder, die das Kniegelenk halten und führen. Am Computer können nun virtuell die zur Verfügung stehenden Prothesenkomponenten und deren Positionen bei dieser Patientin so lange manipuliert werden, bis das Kniegelenk in jeder Beuge- und Streckstellung bei optimaler Weichteilspannung bewegt werden kann. Diese Konfiguration wird gespeichert.

Erst jetzt setzt der Operateur das Skalpell an. Bei der Knochenresektion führt der Chirurg zwar die Fräse, doch diese hängt an einem Roboterarm. Der Roboter erlaubt die Resektion nur im Planungsbereich. Auf einem Monitor wird angezeigt, wie viele Millimeter Knochen noch reseziert werden müssen und über ein taktiles Feedback spürt der Operateur, sobald er nah an den Planungsrandbereich kommt – geht er darüber hinaus, schaltet sich die Fräse ab. Ein versehentliches Durchtrennen von Weichteilen, etwa des Innenbandes, ist ausgeschlossen. "Die Fräse bleibt 0,5 mm neben dem Innenband stehen", erklärt der Orthopäde. Die Präparation selbst erfolge mit einer Präzision von 0,1 mm Genauigkeit.

Kurze Rehabilitationszeit

Dies ist der Grund, warum sich der Teilgelenksersatz anschließend stufenlos zum umgebenden Gelenkknorpel im Gelenk einbetten lässt. "Das ist gerade mit Blick auf die Patellaführung vorteilhaft." Nachteile des Systems sind die CT-bedingte Strahlenbelastung sowie die bei Knieoperationen etwa um 20 Minuten verlängerte Operationszeit in Blutleere. Dies werde allerdings durch die vergleichsweise hohe Präzision und damit zu erwartende kurze Rehabilitations- sowie lange Standzeiten aufgewogen, meint Hendrich.

Seit 2016 lassen sich mit dem Operationsroboter MAKO® auch Knietotalendoprothesen des Herstellers Stryker navigiert und roboterassistiert implantieren. Hinzu kommen Hüftendoprothesen. Hierbei sei die Präzision des Systems besonders bei Hüftdysplasien, nach Beckenosteotomien oder anderen komplexen Situationen an der Hüftpfanne hilfreich, so Hendrichs Erfahrung.

Trotz der Kosten von einer Million Euro pro System hat der Klinikleiter den Krankenhausträger überzeugt, ein zweites Gerät anzuschaffen. Damit sollen in Zukunft möglichst alle Kniepatienten auf Schloss Werneck hochpräzise operiert werden können.

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