Kommentar

Revival der Hirntoddebatte

Von Nicola Siegmund-Schultze Veröffentlicht:

Jede Neuformulierung des Hirntodkonzepts oder eine Korrektur der Richtlinien für die Hirntoddiagnostik könnte die Zahl postmortal gespendeter Organe sinken lassen - diese Angst etwa der Transplantationsmediziner ist nachvollziehbar. Wenn es aber ernst zu nehmende neue Erkenntnisse gibt, muss man sie selbst dann diskutieren, wenn sie alte Zweifel am Konzept des Hirntods oder seiner Diagnostik nähren. Sich grundsätzlich den Argumenten renommierter Forscher zu verschließen, die nun apparative Untersuchungen zusätzlich zur klinischen Diagnostik für sinnvoll halten, könnte bedeuten, Vertrauen zu verspielen.

Denn zwei Dinge dürften gesellschaftlich nicht konsensfähig sein: ein Abweichen vom Prinzip "lebenswichtige Organe nur vom toten Spender" und Kompromisse bei der Zuverlässigkeit der Diagnostik des Todes zugunsten der Explantation von Organen und zum potentiellen Schaden des Spenders. Die moralisch-ethische Verpflichtung gegenüber Spendern gebietet, die Hirntoddiagnostik sowohl apparativ als auch personell auf dem aktuellsten Stand zu halten. Selbst auf die Gefahr, dass Korrekturen oder Zusatzuntersuchungen der postmortalen Spende kurzfristig nicht förderlich sind: Stillschweigen könnte auf lange Sicht mehr schaden.

Lesen Sie dazu auch den Hintergrund: Anlass zu zweifeln: Wie sicher ist die derzeitige Diagnostik des Hirntodes?

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