Positionspapier
Rezeptfreie Kombis bei allergischer Rhinitis: Was ist zur Wirksamkeit bekannt?
Viele Patienten mit allergischer Rhinitis nutzen Präparate aus mehreren Wirkstoffgruppen gleichzeitig. Bringt das was? Allergologen haben das Wissen dazu in einem Positionspapier zusammengetragen.
Veröffentlicht:Dreieich. Antihistaminika und nasale Glukokortikoide sind für Patienten mit allergischer Rhinitis der Therapiestandard. Für diese Arzneien gibt es – ebenso für eine Fixkombination aus Azelastin und Fluticason – sehr gute Belege für ihre Wirksamkeit. Für die gleichzeitige Anwendung nicht fest kombinierter Monopräparate existieren dagegen nur wenige Wirksamkeits- und Sicherheitsstudien nach modernen Evidenzkriterien.
Zu diesem Schluss kommen Allergologen nach einer Literaturrecherche, die Original- und Übersichtsarbeiten in deutscher oder englischer Sprache der zurückliegenden 20 Jahre berücksichtigt hat. Die Recherche-Ergebnisse sind jetzt in einem Positionspapier veröffentlicht worden, das der Ärzteverband Deutscher Allergologen (AeDA) in Kooperation mit weiteren im Bereich der Allergologie engagierten Arbeitsgruppen und Fachgesellschaften erstellt hat (Allergo J Int 2020; 29: 129-138).
Oft reicht Monotherapie nicht aus
Anlass der Recherche ist, dass im Alltag viele Patienten mit allergischer Rhinitis nicht mit einer Monotherapie auskommen. Die Kollegen um Professor Ludger Klimek, Zentrum für Rhinologie und Allergologie in Wiesbaden, verweisen hier zum Beispiel auf Studien, nach denen etwa 40 Prozent der Patienten mehrere Präparate aus unterschiedlichen Medikamentengruppen kombinieren: Dekongestiva (alpha-Sympathomimetika), Mastzellstabilisatoren, Leukotrien-Antagonisten, Antihistaminika und (topische) Glukokortikoide. „Derartige Parallelanwendungen mehrerer Wirkstoffe werden aber in Zulassungsstudien normalerweise nicht geprüft und bergen daher ein potenzielles Risiko für Nebenwirkungen oder mangelnde Wirksamkeit“, so Klimek und seine Kollegen.
Das Ergebnis der Recherche überrascht nicht: Da viele der Arzneien, die von Patienten mit allergischer Rhinitis in Monotherapie oder in freien Kombinationen genutzt werden, nicht verschreibungspflichtig sind, fehlt Transparenz zu den Therapien selbst – und auch zu ihrer Wirksamkeit. „Die in der Routineversorgung von Patienten mit allergischer Rhinitis vielfach verwendeten Kombinationstherapien (...) können nicht empfohlen werden, da diese nicht evidenzbasiert sind“, resümieren die Kollegen.
„Ärztliche Kontrolle der Therapie fehlt“
Und sie monieren: Durch die fehlende Erstattungsfähigkeit freiverkäuflicher Antiallergika in Deutschland fehle die ärztliche Kontrolle in der Therapie. Zudem bestünden Zweifel an einer sachgerechten Behandlung vor allem von Patienten mit einer persistierenden Rhinitis mit schwerwiegender Symptomatik, da diese Patienten zur Linderung ihrer Beschwerden vielfach mehrere Präparate gleichzeitig verwenden.Unter anderem berichten die Kollegen:
- Bisher lasse sich bei den Antihistaminika keine Überlegenheit einer einzelnen Substanz erkennen. Vergleiche der systemischen und der topischen Anwendung hätten kein einheitliches Ergebnis gebracht. In den meisten Studien werde jedoch intranasalen Glukokortikoiden eine bessere Wirksamkeit zugeschrieben. Nur wenige Studien hätten für beide Therapieformen eine ähnliche Effektivität nahegelegt.
- Mastzellstabilisatoren (Cromoglykat, Nedocromil) haben im Vergleich zu anderen pharmakologischen Substanzen wie Antihistaminika und Glukokortikoide eine schwächere Wirkung auf die nasalen Symptome. „Sie spielen dementsprechend nur noch eine untergeordnete Rolle bei der Therapie der allergischen Rhinitis“, so die Autoren des Positionspapiers.
- Der Leukotrien-Antagonist Montelukast kann bei Patienten, die die Arznei als Asthma-Therapie bekommen, auch Symptome einer saisonalen allergischen Rhinitis lindern. Eine entsprechende Zulassungserweiterung ist erfolgt. Kombinationen aus einem oralem Antihistaminikum und einem Leukotrienrezeptor-Antagonisten wirkten nur bei Patienten mit allergischer Rhinitis und komorbidem Asthma besser als orale Antihistaminika allein, so das Team um Klimek.
Welches Spray zuerst?
Ein Tipp, der Klimek und seinen Kollegen wichtig ist: Wenden Patienten verschiedene Nasensprays an, sollten diese in einem zeitlichen Abstand voneinander appliziert werden. Denn die Nasenschleimhaut sei nur begrenzt dazu in der Lage, Flüssigkeiten und darin enthaltene Substanzen zu resorbieren.
Bei Verwendung von intranasalen Antihistaminika und intranasalen Glukokortikoiden in freier Kombination raten die Allergologen, das Antihistaminikum vor dem Steroid zu applizieren: Glukokortikoid-Nasensprays bildeten einen feinen Lipidfilm auf der Nasenschleimhaut, der das hydrophile Antihistaminikum-Nasenspray von der Durchdringung der Schleimhautbarriere abhalten kann, wenn es nach dem Glukokortikoid-Nasenspray appliziert wird.