Studiendaten
Singen gegen Lungenkrankheiten
Wer singen will, braucht ausreichend Luft. Britische Forscher haben jetzt in einem Review analysiert, wie sich ein Gesangstraining auf das Wohlbefinden und die Gesundheit von Menschen mit respiratorischen Krankheiten auswirkt.
Veröffentlicht:LONDON. Auch wenn das Geträller von Chören so manchen Zeitgenossen immer wieder aufs Neue nervt, die damit erzielbaren Effekte auf Körper und Seele sind nicht zu unterschätzen. Zu diesem Schluss kommen jetzt Wissenschaftler des Londoner Imperial College in einem systematischen Review von letztlich sechs Studien zur Wirkung von Gesangsunterricht in der Gruppe auf die Lungengesundheit.
Adam Lewis und Kollegen werteten Studien aus, in denen Parameter wie Gesundheitsstatus, Lungenfunktion und Lebensqualität von Gesangsschülern mit entsprechenden Daten von Personen unter Standardversorgung verglichen wurden (Primary Care Respiratory Medicine 2016; 26, 16080, online 1. Dezember).
"Singing for Lung Health"
Die Sänger nahmen an einer Initiative namens "Singing for Lung Health" (SLH) teil, die unter anderem von der British Lung Foundation unterstützt wird. Ziel ist es, Menschen mit chronischen Atemwegserkrankungen wie COPD oder Asthma zu mehr Luft zu verhelfen. Der regelmäßige Unterricht, in den Übungen zu Körperhaltung und Atemkontrolle einfließen, wird von einem erfahrenen Gesangslehrer geleitet. Gleichzeitig bietet sich reichlich Gelegenheit für soziale Kontakte.
Der Analyse zufolge scheint das Singen bei Menschen mit chronischen respiratorischen Erkrankungen die Lebensqualität zu verbessern. Besonders positive Auswirkungen ergaben sich auf die körperliche Gesundheit und das Angstniveau, wie die britischen Wissenschaftler berichten. Außerdem waren in einer Studie positive Auswirkungen auf einzelne Lungenfunktionsparameter beschrieben worden.
Keine Nebenwirkungen
Nebenwirkungen des Gesangs konnten nicht entdeckt werden. Allerdings leide die Aussagekraft vieler Studien unter den häufig sehr geringen Probandenzahlen. Zum Teil fehle die Kontrollgruppe und auch Vergleichsmöglichkeiten zwischen den Untersuchungen seien wegen unterschiedlicher Studiendesigns nur schwer möglich.
Dennoch scheinen qualitative Daten darauf hinzuweisen, dass insbesondere COPD-Patienten von den Gesangsstunden profitieren. Diese berichteten nämlich durchweg darüber, dass ihnen der Unterricht helfe, mit ihrer Erkrankung besser zurechtzukommen.
Qualitative Studiendaten liefern eindringliche Hinweise auf einen potenziellen gesundheitlichen, psychischen und sozialen Nutzen von "Singing for Lung Health" für Menschen mit chronischen Atemwegserkrankungen, so das Resümee von Lewis und Kollegen. Die Ergebnisse kleiner, randomisierter Studien legten nahe, dass sich die Lebensqualität damit verbessere. Allerdings fehlten bislang Beweise für funktionale und gesundheitsökonomische Vorteile der Methode.
Wichtig sei es, so die Reviewer, dass Ausbildung und Konzepte der Gesangslehrer standardisiert würden und eine Erfolgskontrolle durch geeignete Tests sowie eine einheitliche Dokumentation erfolgten.
Bevor Patienten mit respiratorischen Krankheiten SLH routinemäßig angeboten werden könne, sei es zudem notwendig, die Wirkung der Singtherapie in aussagekräftigen Langzeitstudien zu untersuchen.