Immunseneszenz

Standard-Impfungen für Menschen ab 60 Jahre – heute und morgen

Influenza, Pneumokokken, Herpes zoster – das sind die Standard-Impfungen für Menschen ab 60 Jahren. Hinzu kommt die Auffrischung gegen Tetanus und Diphtherie. Dann gibt es noch ein paar Besonderheiten.

Dr. Michael HubertVon Dr. Michael Hubert Veröffentlicht:
Der Impfkalender für Senioren ist simpel. Nur die Grippe-Impfung muss jedes Jahr neu erfolgen. (Symbolbild mit Fotomodellen)

Der Impfkalender für Senioren ist simpel. Nur die Grippe-Impfung muss jedes Jahr neu erfolgen. (Symbolbild mit Fotomodellen)

© Alexander Raths / stock.adobe.com

Der Impfkalender für Menschen ab 60 Jahren erscheint simpel, sind es doch generell nur vier Impfungen, die empfohlen werden:

COVID-Impfung jetzt in den allgemeinen Impfempfehlungen

Aktualisierung (24. Oktober 2024): Der an die Omikron-Variante KP.2 angepasste Impfstoff von Biontech/Pfizer soll am 11. November erstmals ausgeliefert werden, teil die KV Nordrhein mit.

Mit dem Epidemiologischen Bulletin (EpiBull 21/2023) vom 25. Mai 2023 hat die Ständige Impfkommission (STIKO) ihre Empfehlungen zur Corona-Impfung aktualisiert:

  • Menschen ab 60 Jahren sollen einen jährlichen Booster bekommen.
  • Gesunden Erwachsenen bis 59 Jahren und Schwangeren werden keine weiteren Auffrischimpfungen empfohlen, sie sollten aber eine Basis-Immunität erreicht haben - bestehend aus drei Antigenkontakten (Impfung oder Infektion, aber mit mindestens zwei Impfstoffdosen).
  • Für gesunde Säuglinge, Kinder und Jugendliche empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) angesichts der abgeschwächten Pandemie-Lage künftig keine Corona-Impfung mehr.

Personen ab dem Alter von 6 Monaten mit einer Grundkrankheit, die mit einem erhöhten Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf einhergeht, Personen jeden Alters mit einem erhöhten arbeitsbedingten Infektionsrisiko in der medizinischen und pflegenden Versorgung mit direktem Patient:innen- oder Bewohner:innenkontakt sowie Familienangehörige und enge Kontaktpersonen von Personen, bei denen durch COVID-19-Impfung vermutlich keine schützende Immunantwort erzielt werden kann, sollen zukünftig weitere Aufrischimpfungen erhalten.

Mehr Infos zu den STIKO-Empfehlungen zur COVID-19-Impfung hier >>>

Aktualisierung (24. Oktober 2024): In den USA rät das CDC Advisory Committee on Immunization Practices (ACIP) zu einer weiteren COVID-19-Impfung: Personen ab 65 Jahren und Personen mit mittelschwerer oder schwerer Immunschwäche sollen sechs Monate nach ihrer ersten Dosis eine zweite Dosis des COVID-19-Impfstoffs 2024-2025 erhalten. (eb/dpa)

Standard-Impfungen für Menschen ab 60 Jahre – heute und morgen

© Impfkalender der STIKO / Grafik: ÄrzteZeitung

Immunseneszenz mindert die Immunantwort

Bei Menschen ab 60 Jahren lässt auch die Leistungsfähigkeit des Immunsystems nach, wodurch das Erkrankungsrisiko steigt und die Immunantwort geringer ausfällt. Denn erstens sind im Alter weniger naive B-Zellen vorhanden und zweitens nimmt die Zahl seneszenter T-Zellen zu. Die Folgen: Das immunologische Gedächtnis ist beeinträchtigt und das Immunsystem kann sich schwerer auf Neues einstellen.

Um die Immunantwort bei Älteren zu steigern, gibt es zwei Möglichkeiten:

  • Die Antigen-Menge wird erhöht.
  • Es werden Adjuvantien eingesetzt.

Der von der STIKO ab 60 Jahren empfohlene Influenza-Impfstoff setzt auf das erste Prinzip, der empfohlene Zoster-Impfstoff auf das zweite. Aktualisierung (1. November 2024): Seit dem 31. Oktober 2024 empfiehlt die STIKO neben dem Hochdosis-Impfstoff auch einen MF-59 adjuvantierten Influenza-Impfstoff für Menschen ab 60 (wir berichteten).

Grippe-Impfstoff: Hochdosis schlägt Standarddosis

So hat die Hochdosis-Influenza-Vakzine ihre Überlegenheit in einer großen Studie gezeigt. Die 32.000 Teilnehmer ab 65 Jahren erhielten entweder den Hochdosis- oder den Standarddosis-Impfstoff. Primärer Endpunkt war die Verhinderung einer laborbestätigten Influenza (N Engl J Med 2014; 371(7): 635). Der HD-Impfstoff war dabei 24,2 Prozent wirksamer als die SD-Vakzine.

Influenza schädigt Herz und Hirn

Corona-Viren wie SARS-CoV-2 sind eigentlich Atemwegserreger. Es wurde in der Pandemie sehr schnell gelernt, dass COVID-19 keine reine Atemwegserkrankung, sondern eine Systemerkrankung ist.

Das gilt auch für die Influenza, vor allem hinsichtlich des Herz-Kreislauf-Systems. So ist etwa in den Tagen nach einer Influenza-Infektion das Risiko für Herzinfarkt sechs- bis zehnfach erhöht (N Engl J Med 2018; 378: 345) und das Risiko für Schlaganfall drei- bis achtfach (Eur Resp J 2018 51: 1701794). Und in einer Studie aus Hongkong waren bei Patienten über 65 Jahre 18 Prozent der Influenza-Todesfälle kardiovaskulär bedingt (J Infect Dis 2012; 206: 1862).

Influenza-Schutz ist auch Herzschutz

Und auch das Influenza-Virus kann in Kardiomyozyten eindringen und eine Myokarditis oder Perikarditis verursachen. Auch indirekte Effekte wie Plaque-Rupturen aufgrund der systemischen Immunantwort und Entzündung sind möglich (Expert Rev Cardiovasc Ther 2015; 13: 593).

Daher empfiehlt die STIKO ebenso wie kardiologische Fachgesellschaften schon lange, Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen gegen Influenza zu impfen – und zwar altersunabhängig.

Pandemie beflügelt Influenza-Impfungen

Nach KV-Daten, die vom RKI ausgewertet worden sind, hat rund jeder Zweite ab 60 Jahren (47,3 Prozent) in der Saison 2020/2021 eine Impfung gegen Influenza erhalten (Epid Bull 50/2021). Das ist deutlich mehr als in früheren Jahren, als die Impfrate in dieser Altersgruppe bei rund einem Drittel lag. Bleibt zu hoffen, dass dieser Trend anhält und effektivere Impfstoffe die Akzeptanz der Grippe-Impfung in dieser Altersgruppe weiter erhöhen.

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