Hintergrund
Starb Schwimmer Oen an einer angeborenen Herzkrankheit?
Der norwegische Schwimmweltmeister Alexander Dale Oen hat einen plötzlichen Herztod erlitten. In jungen Jahren hat ein solcher Tod meist angeborene Ursachen, sagt ein Experte.
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Alexander Dale Oen war amtierender Weltmeister über 100 Meter Brust.
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Alexander Dale Oen hatte 2011 in Schanghai den Weltmeistertitel über 100 Meter Brust geholt. Er galt als größte Medaillenhoffnung Norwegens bei den Olympischen Spielen in diesem Jahr und hatte zur Vorbereitung im 2100 Meter hoch gelegenen Flagstaff im US-Staat Arizona ein Höhentraining absolviert.
In den vergangenen Wochen hatte er über Schulterschmerzen geklagt, sich aber nach Behandlung mit Kortison in den USA optimistisch gezeigt.
Am Montagabend fanden ihn Teamkollegen leblos in einer Dusche. Reanimationsversuche blieben ohne Erfolg.
Nach Angaben des norwegischen Verbandspräsidenten Per Rune Eknes war der Schwimmer an "Herzschlag" gestorben. Sein Trainer hatte noch kurz vor dem Tod von Oens "ausgeprägtem Ehrgeiz beim Training" gesprochen. Die genaue Todesursache des 26-Jährigen ist noch unklar.
"Bei plötzlichen Herztodesfällen von Sportlern unter 35 Jahren überwiegen angeborene Erkrankungen wie hypertrophe Kardiomyopathie sowie Anomalien der Herzkranzgefäße und entzündliche Herzerkrankungen", sagte Dr. Philipp Bohm vom Institut für Sport- und Präventivmedizin der Universität des Saarlandes zur "Ärzte Zeitung".
Bei über 35-Jährigen sei Verkalkung der Koronarien die häufigste Ursache.
Spitzensportler können jährlich zum Check
In Deutschland sterben jedes Jahr mehrere hundert Menschen beim Sport am plötzlichen Herztod. Hypertrophe Kardiomyopathie ist nach Angaben von Bohm die häufigste vererbbare Herzerkrankung; sie tritt in 50 Prozent der Fälle familiär auf.
Mögliche Ursache sind spezifische Genmutationen. Spitzensportler können sich jährlich auf Kosten des Deutschen Olympischen Sportbundes auf Herzkreislauf-Erkrankungen untersuchen lassen.
Beim Deutschen Fußball-Bund ist das Screening sogar Pflicht für alle Profis. Dazu gehören ausführliche Anamnese, körperliche Untersuchung, Ruhe-EKG, Herzultraschall sowie eine Belastungsuntersuchung wie Fahrrad- oder Laufbandergometrie.
"Sollten sich Auffälligkeiten ergeben, kommen weitere Untersuchungen wie ein Langzeit-EKG oder ein Cardio-MRT hinzu", sagte der Sportmediziner.
Alarmzeichen seien zum Beispiel vermehrte Rhythmusstörungen, vor allem im Belastungs-EKG, oder auch eine verdickte Kammerwand im Herzultraschall.
Um Häufigkeit und Ursachen plötzlicher Todesfälle beim Sport zu erfassen, wurde in Saarbrücken die Online-Datenbank "SCD*-Deutschland" eingerichtet. Das Register steht unter der Schirmherrschaft der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) und wird von der Deutschen Herzstiftung gefördert.
Der plötzliche Herztod kann auch Freizeitsportler treffen
Seit April 2012 werden dort alle plötzlichen Herztodesfälle bei Sportlern erfasst. Vor allem auch Fälle im Freizeitsport sollen untersucht werden, "da diese Sportler nicht von regelmäßigen sportmedizinischen Untersuchungen profitieren", so Bohm.
Wer beim Freizeitsport Herzbeschwerden hat, sollte sofort aufhören und einen Arzt aufsuchen, rät Bohm. Bei Verdacht auf akuten Herzinfarkt (heftige Schmerzen oder Brennen im Brustkorb sowie starkes Engegefühl) sollte umgehend die Notrufnummer (112) gewählt werden.
Wie Hans-Joachim Trappe von der Deutschen Herzstiftung betont, gehört Sport zu den besten Möglichkeiten der KHK-Prävention. Damit sei Sport auch mit das beste Mittel gegen plötzlichen Herztod ab dem 35. Lebensjahr.
Der Schutzeffekt übertreffe deutlich die Risiken. Die Herzstiftung gibt Tipps zum Schutz vor plötzlichem Herztod im Sport:
1. Durchchecken lassen. Dies gilt vor allem für Wiedereinsteiger, die nur wenig Sport getrieben haben.
2. Regelmäßig zum Arzt. "Gesundheits-Checks" werden alle zwei Jahre von den Krankenkassen bezahlt.
3. Infekte auskurieren. Während eines Infekts steigt der Ruhepuls an. Wenn sich dieser nach Abklingen der Erkrankung nicht normalisiert, kann das auf einen Folgeschaden am Herzen hindeuten!
4. Übertriebenen Ehrgeiz vermeiden. Vor allem Schlussspurts am Ende des Trainings sind ein klassischer Fehler.
5. Richtige Sportart wählen. Empfehlenswert sind zum Beispiel Walken, Joggen oder Radfahren.
6. Familiäre Belastung für plötzlichen Herztod: Eine ärztliche Untersuchung ist zu empfehlen.
7. Warnzeichen beachten. Druckgefühl, Schmerzen oder Engegefühl im Brustkorb sollten unbedingt ärztlich abgeklärt werden. Weitertrainieren kann tödlich sein!
*SCD steht für Sudden Cardiac Death
Quelle: www.springermedizin.de