Fluglärm

Ursache der Gefäßschäden geklärt

Forscher der Kardiologie der Universitätsmedizin Mainz haben Mechanismen entschlüsselt, die für Gefäßschäden infolge von Fluglärm verantwortlich sind.

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MAINZ. Fluglärm führt langfristig zu vermehrten Herz-Kreislauf-Erkrankungen. 2013 ist es der Arbeitsgruppe von Professor Thomas Münzel von der Universitätsmedizin Mainz gelungen nachzuweisen, dass simulierter Nachtfluglärm den Adrenalin-Spiegel erhöht, die Schlafqualität vermindert und eine endotheliale Dysfunktion, auslöst. Die molekularen Mechanismen dieser Gefäßschädigung waren bis jetzt jedoch unbekannt.

In einem neu entwickelten Tiermodell konnten die Wissenschaftler nun messbar feststellen, dass Fluglärm eine deutliche Erhöhung der Stresshormone, eine Gefäßfunktionsstörung, erhöhten oxidativen Stress in den Gefäßen und eine deutliche Änderung der Expression von Genen in der Gefäßwand nach sich zieht, wie die Universitätsmedizin Mainz mitteilt. Zudem hätten die Forscher die Enzyme entschlüsselt, die für den Gefäßschaden verantwortlich sind.

Die Ergebnisse dieser Studie ermöglichten es erstmalig, spezifische Strategien zu entwickeln, die die durch Lärm ausgelösten negativen Konsequenzen für Gefäße abschwächen. Die im European Heart Journal (2017, online 17. Februar) veröffentlichte Studie bezeichnen die Wissenschaftler als Durchbruch in der (Flug)-Lärmforschung. Die Ergebnisse wurden am Freitag an der Universitätsmedizin Mainz vorgestellt.

In der neuen Studie wurden die Effekte von zwei unterschiedlichen Lärmszenarien auf die Gefäße in einem Tiermodell getestet. In dem einen Lärmszenario wurden Mäuse für vier Tage mit Fluglärm, in dem anderen für vier Tage mit Umgebungslärm ("White Noise") ausgesetzt. Die mittlere Schallintensität war identisch.

Die Arbeitsgruppe stellte fest, dass Fluglärm, ähnlich wie bei den mit Fluglärm exponierten gesunden Probanden in der Vorgängerstudie, innerhalb eines Tages schon eine endotheliale Dysfunktion auslöst, eine Überempfindlichkeit gegenüber gefäßverengenden Substanzen verursacht und die Stresshormonspiegel deutlich steigen lässt. Dies führt unter anderem zu Hypertonie. Verantwortlich hierfür war in erster Linie eine vermehrte Bildung freier Radikale als Folge des Fluglärms, wie die Universitätsmedizin Mainz mitteilt.

Die Arbeitsgruppe identifizierte zwei Radikal-bildende Enzyme: die Nicotinamidadenindinukleotidphosphat-Oxidase (NADPH Oxidase) und Stickstoffmonoxidsynthase (NOS). Interessanterweise hatten gleiche Lärmpegel mit Umgebungslärm innerhalb von vier Tagen keine negativen Folgen für die Gefäße. Die an der Studie beteiligte Arbeitsgruppe von Professor Erwin Schmidt, Institut für Molekulare Genetik, analysierte die Gene in den Gefäßen, die durch den Lärm entweder hoch- oder herunterreguliert werden. "Im Vordergrund stand hierbei die Änderung der Regulation derjenigen Gene, die für den Spannungszustand der Gefäße, die Gefäßwandstruktur und den Gefäßzelltod verantwortlich sind", wird Schmidt in der Mitteilung zitiert.

Nach Auffassung der Studieninitiatoren Univ.-Prof. Thomas Münzel, Direktor Kardiologie I im Zentrum für Kardiologie, Univ.-Prof. Andreas Daiber, Leiter der Molekularen Kardiologie im Zentrum für Kardiologie der Universitätsmedizin Mainz und Professor Erwin Schmidt bedeuten die Ergebnisse einen Durchbruch in der Lärmforschung. "Da traditionelle Risikofaktoren über die gleichen Mechanismen zu Gefäßfunktionsstörungen führen, muss man damit rechnen, dass Lärm die Wirkung von Herzkreislaufrisikofaktoren verstärkt und damit den Prozess der Gefäßverkalkung stimuliert" schließen die drei Wissenschaftler aus ihren Ergebnissen."Erstmals wird es nun auch möglich sein zu testen, inwieweit Herz- und Kreislaufwirksame Medikamente Fluglärm-induzierte Schäden an Gefäßen verhindern können. Zudem werden wir in naher Zukunft auch die Effekte von Straßen- und Schienenlärm untersuchen", so Münzel.

Die Studie wurde finanziell durch die Stiftung Mainzer Herz und die Boehringer Ingelheim Stiftung (Projekt: Neue und vernachlässigte Herzkreislaufrisikofaktoren) unterstützt. (eb)

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