Fieber unbekannter Ursache

Virusnachweis erspart jedem dritten Kind das Antibiotikum

Bei Kindern mit Fieber unbekannter Ursache ist eine Viruserkrankung weitaus wahrscheinlicher als eine schwere bakterielle Infektion. Trotzdem erhielten mehr als 60 Prozent der Patienten in einer Schweizer Studie eine Antibiotikatherapie. Einfache Labortests könnten hier mehr Klarheit schaffen.

Von Dr. Christine Starostzik Veröffentlicht:
Fieber ohne erkennbaren Grund? Dann sind eher Viren als Bakterien die Übeltäter.

Fieber ohne erkennbaren Grund? Dann sind eher Viren als Bakterien die Übeltäter.

© soupstock / stock.adobe.com

GENF. Vier Viren gelten als häufigste Verursacher von Fieber unbekannter Ursache (fever of unknown origin, FUO): humane Enteroviren (HEV), zu denen Coxsackie- und Echo-Viren zählen; humane Parechoviren (HPeV); Adenoviren (AdV) und das humane Herpesvirus 6 (HHV6). Diese vier Virustypen können bei Kindern aller Altersgruppen Infektionen hervorrufen, die als Sepsis oder FUO imponieren.

In einer prospektiven Studie haben Arnaud L’Huillier vom Universitätsspital Genf und Kollegen untersucht, wie häufig diese vier Viren bei Kindern mit FUO vorkommen und wie sich Patienten mit Virämien von Kindern mit negativen Tests unterscheiden (Arch Dis Child 2019, online 28. August).

Hierzu untersuchten die Studienautoren an der Genfer Universität zwischen November 2015 und Dezember 2017 das Plasma von 135 Kindern unter drei Jahren mit FUO per Real-Time-PCR auf AdV und HHV6 sowie per RT-PCR auf die RNA-Viren HEV und HPeV. 50 Kinder unter drei Jahren, die wegen Frakturen oder Zahnproblemen an einer kanadischen Klinik in Behandlung waren, bildeten die Kontrollgruppe.

PCR als Orientierungshilfe für die Therapie

Bei 34,8 Prozent der Kinder mit FUO konnte mindestens eines der vier getesteten Viren nachgewiesen werden. Bei 14,1 Prozent handelte es sich um HEV, bei 11,1 Prozent um HHV-6, bei 5,9 Prozent um HPeV und bei 5,2 Prozent um AdV. In der Kontrollgruppe lag die Nachweisquote dieser Viren insgesamt bei nur 6 Prozent.

Der Vergleich der 47 Kinder mit positivem Virusnachweis mit den 88 virusnegativen FUO-Patienten ergab in der virusnegativen Gruppe eine fünfmal so hohe Rate schwerer bakterieller Infektionen wie in der viruspositiven Gruppe (20,5 vs. 4,3 Prozent). Wurden Virusnachweise auch aus anderen Proben als Plasma, also etwa aus dem Stuhl, dem Liquor, oder Nasen-/Rachenabstrichen mitberücksichtigt, vergrößerte sich dieser Unterschied auf das Achtfache.

Signifikante Unterschiede zwischen den beiden Gruppen zeigten sich auch beim Blutbild und bei den Entzündungswerten. So waren die Werte für Leukozyten, Neutrophile, Lymphozyten und CRP bei virusnegativen Patienten signifikant höher als bei viruspositiven. Zudem wurden erstere häufiger stationär aufgenommen.

Doch nahezu kein Unterschied war erkennbar, wenn es um die Behandlung ging. Die Ärzte (die die Ergebnisse der PCR-Untersuchung nicht kannten) verordneten 68,2 Prozent der Patienten der virusnegativen und 63,8 Prozent der viruspositiven Gruppe ein Antibiotikum.

Antibiotikaverbrauch reduzieren

Angesichts des hohen Anteils an viralen Infektionserregern, so das Team um L’Huillier, der schwierigen klinischen Abgrenzung zur bakteriellen Infektion und der daraus resultierenden häufigen Antibiotikatherapie, sei eine Plasmauntersuchung auf Viren per PCR möglicherweise hilfreich. Damit könne der Antibiotikaverbrauch reduziert und die Resistenzbildung eingedämmt werden.

Zudem könne auf diese Weise nicht nur viel Geld gespart, sondern auch die weitere Belastung des Patienten durch unnötige invasive Untersuchungen reduziert werden.

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 24.09.201912:53 Uhr

"Die Botschaft hör'' ich wohl, allein mir fehlt der Glaube"

Die Schlussfolgerungen in "Enterovirus, parechovirus, adenovirus and herpes virus type 6 viraemia in fever without source" [FWS] von Arnaud Gregoire L''Huillier et al.
https://adc.bmj.com/content/early/2019/09/13/archdischild-2019-317382
sollten m. E. nicht überinterpretiert und infektiologisch aggraviert werden.

Denn "bei 34,8 Prozent der Kinder mit FUO (fever of unknown origin) konnte mindestens eines der vier getesteten Viren nachgewiesen werden" bedeutet m. a. W., dass in 65,2 Prozent kein Virusnachweis gelang.

Dass sich im "Vergleich der 47 Kinder mit positivem Virusnachweis mit den 88 virusnegativen FUO-Patienten... in der virusnegativen Gruppe eine fünfmal so hohe Rate schwerer bakterieller Infektionen wie in der viruspositiven Gruppe (20,5 vs. 4,3 Prozent)" ergeben hat, liegt jedoch auf der Hand: Bei fehlendem Virusnachweis ist eine schwere bakterielle Infektion (SBI) wesentlich eher wahrscheinlich. Hier müssen nach Antibiogram mit Erreger- und Resistenznachweis auch gezielt Antibiotika gegeben werden.

Wie soll denn damit nach Meinung des Autorenteams bei 65,2 Prozent Versagerquote bei der Virusdetektion gleichzeitig der Antibiotika-Verbrauch reduziert werden?
["Conclusions - HEV, HPeV, AdV and HHV-6 are frequently detected in the plasma of children with FWS. Antibiotic use was similar between viraemic and non-viraemic patients despite a lower risk of SBI among patients with viraemia. Point-of-care viral PCR testing of plasma might reduce antibiotic use and possibly investigations and admission rates in patients with FWS."]

Und was ist eigentlich der Unterschied zwischen fever without a source (FWS) und FUO (fever of unknown origin)?

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

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