Kopfschmerz

Zehnminütige Beratung stoppt Brummschädel

Mit einer kurzen Beratung können Hausärzte einen zu hohen Schmerzmittelkonsum bei Kopfschmerzpatienten stoppen - und das Hämmern im Haupt hemmen.

Von Thomas Müller Veröffentlicht:
Häufig entstehen Kopfschmerzen auch durch die Einnahme zu vieler Schmerzmittel.

Häufig entstehen Kopfschmerzen auch durch die Einnahme zu vieler Schmerzmittel.

© MorePixels / iStockphoto / Thinkstock

BERLIN. Manchmal können Ärzte mit recht wenig Zeit und Aufwand ein ernstes Problem lösen. So ist vielen Patienten mit Kopfschmerzen durch Analgetika-Übergebrauch nicht klar, dass ihr übermäßiger Schmerzmittelkonsum die Kopfschmerzen auf Dauer verstärkt statt sie zu lindern.

Erläutern Ärzte das Problem ihren Patienten, dann reduzieren die meisten ihren Schmerzmittelkonsum, und die Kopfschmerzfrequenz geht dauerhaft zurück.

Darauf deutet jedenfalls eine norwegische Studie, die auf dem ersten Kongress der European Academy of Neurology in Berlin vorgestellt worden ist. (Kristoffersen ES et al. Brief Intervention for Medication-Overuse Headache in primary care (the BIMOH study) - an open long-term follow-up)

Infos über Folgen des Missbrauchs

In der Untersuchung wurden Hausärzte instruiert, einen Analgetika-Übergebrauch bei Kopfschmerz-Patienten anhand der Severity of Dependence Scale (SDS) zu erkennen.

Von einem Übergebrauch wurde ausgegangen, wenn die Patienten an mindestens 15 Tagen im Monat Kopfschmerzen hatten und an mindestens zehn bis 15 Tagen Schmerzmittel einnahmen.

Einen Teil dieser Patienten informierten die Hausärzte anschließend über den zu hohen Analgetikakonsum und seine Folgen. Dabei gaben die Ärzte den Patienten auch Tipps, wie sie ihren Konsum reduzieren können, und informierten sie über Entzugssymptome wie Rebound-Kopfschmerzen.

Für das gesamte Prozedere sollten die Ärzte nicht mehr als zehn Minuten benötigen.

Hausärzte wurden deshalb für die Kurzintervention ausgewählt, weil schätzungsweise 75 Prozent der Patienten mit medikamenteninduziertem Kopfschmerz in Allgemeinarztpraxen behandelt werden, sagte Dr. Espen Kristoffersen von der Universität in Oslo.

Erfolg bei über 70 Prozent der Patienten

Die hausärztliche Kurzintervention erfolgte bei 24 Patienten mit Schmerzmittel-Übergebrauch, 36 Betroffene wurden vorerst nicht beraten, bei ihnen sollte die Konsultation erst nach drei bis sechs Monaten erfolgen (Kontrollgruppe).

Die meisten Patienten (58 Prozent) nahmen zu häufig gewöhnliche OTC-Analgetika ein, 18 Prozent zu viele Triptane, und bei 24 Prozent bestand ein Übergebrauch von Medikamentenkombinationen oder Opioiden.

Wie sich herausstellte, reduzierten mehr als zwei Drittel der Patienten ihren Schmerzmittelgebrauch in den ersten drei Monaten nach der Beratung. Nach einem Jahr hatten sich mehr als 70 Prozent entwöhnt und erfüllten nicht mehr die Kriterien für einen Überkonsum.

In der Kontrollgruppe änderte sich in den ersten Monaten ohne Beratung nicht viel, danach ging der Anteil mit Übergebrauch auf ein ähnliches Niveau zurück.

14 Patienten entzogen sich

14 Patienten in der Kontrollgruppe entzogen sich jedoch der Beratung. Von ihnen hatte nach einem Jahr nur knapp ein Drittel ihren Schmerzmittelgebrauch reduziert.

Mit der Analgetika-Reduktion gingen auch die Kopfschmerzen zurück: 50 Prozent der beratenen Teilnehmer hatten nach einem Jahr keine chronischen Kopfschmerzen mehr, bei zwei Drittel war die Attackenfrequenz um mehr als ein Viertel, bei einem Drittel um mehr als die Hälfte zurückgegangen. Dagegen gab es bei den nicht beratenen Patienten kaum Veränderungen.

"Analgetika-Entzug als erster Schritt in der Behandlung von Patienten mit medikamenteninduziertem Kopfschmerz klappt nach diesen Daten auch ganz gut in der hauärztlichen Versorgung", so Kristoffersen.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Studie der Unimedizin Greifswald

Neurologin: Bei Post-COVID-Kopfschmerzen antiinflammatorisch behandeln

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Diagnose-Prävalenzen

Wo Autoimmunerkrankungen besonders häufig auftreten

Lesetipps
Das deutsche Gesundheitswesen im Vergleich mit EU-Ländern – die Bilanz fällt gemischt aus.

© Denys Rudyi / stock.adobe.com

OECD-Vergleich

Deutschland ist bei Lebenserwartung erstmals unter EU-Schnitt

Physician Assistants und NÄPAs können Hausärzte stark entlasten.

© amedeoemaja / stock.adobe.com

NÄPAS und Physician Assistants

Drei Ärzte, 10.000 Patienten: Delegation macht es möglich

CAs9-Protein spaltet einen DNA-Doppelstrang.

© Design Cells / Getty Images / iStock

CRISPR-Cas9-Studie

ATTR-Amyloidose: Einmal spritzen – und gesund?