Gutenberg-COVID-19-Studie

Corona: 42 Prozent wissen nicht von ihrer Infektion

Die Dunkelziffer bei den Corona-Infizierten ist immens hoch. Das hat die Gutenberg-COVID-19-Studie der Universitätsmedizin Mainz offenbart. Und es gibt einen Unterschied zwischen den Geschlechtern.

Anke ThomasVon Anke Thomas Veröffentlicht:
COVID-19-Studienleiter Professor Philipp Wild von der Universitätsmedizin Mainz bei der Vorstellung der COVID-19-Studie.

COVID-19-Studienleiter Professor Philipp Wild von der Universitätsmedizin Mainz bei der Vorstellung der COVID-19-Studie.

© Screenshot Phoenix

Mainz. Das Robert Koch-Institut meldet regelmäßig Zahlen, wie viele Menschen sich in Deutschland mit Corona angesteckt haben. Genau sind diese Zahlen jedoch nicht. Hierzu liefert die Gutenberg-COVID-19-Studie erstmals Daten zur Prävalenz der Erkrankung, erklärte Studienleiter Professor Philipp Wild am Mittwoch. Bereits seit 2007 erforscht die Universitätsmedizin Mainz die Gesundheitsdaten von rund 10.250 Probanden im Alter von 25 und 88 Jahren. Die Studienteilnehmer mit unter anderem Informationen zu ihrer körperlichen und seelischen Gesundheit, ihrem Alltag, ihren Lebens-, Arbeits- und Wohnbedingungen bildeten nun die Grundlage, um Rückschlüsse zum Pandemiegeschehen zu ziehen. Die analysierten Daten aus etwa neun Monaten Pandemie liefern dabei Antworten auf Fragen, wie etwa: Wie gut hilft das Tragen einer Maske, wie wirkt sich Abstand-Halten aus? Können Testungen tatsächlich helfen, die Pandemie auszubremsen?

AHA-Regeln von hohem Nutzen

„Wir verfolgen langfristig das Ziel, mit den Analysen zu den Auswirkungen der SARS-CoV2-Pandemie auf die Bevölkerungsgesundheit Ansätze für die Bekämpfung der Infektion zu identifizieren. Unsere Studie bietet hierzu die besondere Möglichkeit, vielschichtige und tief greifende Auswertungen durchzuführen“, so Wild.

Eine der Kernaussagen der Studie ist laut der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD), dass mehr als 40 Prozent aller mit SARS-CoV-2 Infizierten nicht von ihrer Infektion wissen. Außerdem bestätigte die Studie, dass die AHA-Regeln in der Praxis einen hohen Nutzen haben. „Menschen, die häufiger Maske getragen oder sich häufiger an die Abstandsregeln gehalten haben, haben sich im Rahmen der Studie auffällig seltener infiziert“, sagte Dreyer.

Menschen, die häufiger Maske getragen oder sich häufiger an die Abstandsregeln gehalten haben, haben sich im Rahmen der Studie auffällig seltener infiziert.

Malu Dreyer (SPD) Ministerpräsidentin Rheinland-Pfalz

Dabei deckte die Studie auf, erklärte Wild, dass Männer häufiger unwissend infiziert waren, gleiches galt für ältere Studienteilnehmende: Der Höchstwert lag bei etwa 63 Prozent bei den 75- bis 88-Jährigen, die unwissend krank waren. Dies decke sich auch damit, dass Männer und Ältere weniger über Nebenwirkungen nach Impfungen klagten.

„Der hohe Anteil an unerkannten Infektionen verdeutlicht (etwa 42 Prozent), dass eine systematische Testung wichtig ist, um eine Ausbreitung des Virus und damit auch eine mögliche erneute Infektionswelle frühzeitig erkennen zu können“, betonte Studienleiter Wild.

Fokus auf niedrigen Impfquoten

Eine weitere Aussage der Studie sei für die Impfkampagne von großer Bedeutung, fügte Dreyer hinzu: „Die Forscher kommen zu dem Schluss, dass eine besonders schutzbedürftige Gruppe, nämlich die Menschen mit niedrigerem sozioökonomischem Status, eine niedrigere Impfquote aufweisen. Genau hier wollen wir gezielt ansetzen. Wir planen stärker dahin zu gehen, wo die Impfquote niedrig ist und viele Menschen zusammenkommen. Dort wollen wir unbürokratisch, unkompliziert und schnell Schutzimpfungen anbieten. So hoffen wir, passgenaue Angebote vor allem für die zu machen, für die das bisher nicht so möglich war – und damit die Impfquote im Land weiter zu erhöhen.“

Der rheinland-pfälzische Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) kündigte die Fortführung der Studie an. „Wir nutzen dazu weiter die Fördermöglichkeit des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung. In der kommenden Phase soll die Universitätsmedizin bis zum 30. Juni 2023 mit einem Fördervolumen von knapp 1,5 Millionen Euro unterstützt werden. Es soll dann die detaillierte Auswertung der vorliegenden Daten und Biomaterialien sowie die zusätzlichen Datenerhebungen bezüglich neuer Aspekte wie Impfungen, Mutationen und Langzeitfolgen erarbeitet werden.“

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