Berechnung von Statistikern
Mehr COVID-Tote in Bundesländern mit niedriger Impfquote
Jede Impfung zählt: Das betonen Politiker und Ärzte immer wieder. Wie sehr sich schon einige Prozentpunkte beim Impffortschritt auswirken, sehen Wissenschaftler beim Bundesländer-Vergleich bestätigt.
Veröffentlicht:München. In Thüringen, Sachsen und anderen Bundesländern mit niedriger Impfquote sterben derzeit im Verhältnis zur Bevölkerung erheblich mehr Menschen an und mit Corona als im besser geimpften Norden Deutschlands. In Thüringen gab es demnach im Verhältnis zur Bevölkerung in den vergangenen sieben Tagen mehr als sechsmal so viele Corona-Tote wie in Bremen, dem Land mit der höchsten Impfquote (Datenstand 1. Dezember). Nachzulesen ist das auf den „Corona Maps“ des Instituts für Statistik der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität. Grundlage sind die Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) und der Gesundheitsbehörden.
Es gebe hinreichend Evidenz, die zeige, dass eine höhere Impfquote zu einer niedrigeren Hospitalisierungsrate und zu einer geringeren Belegung der Intensivstationen führe und sich dann eben auch auf die Sterbewahrscheinlichkeiten auswirke, sagte Professor Göran Kauermann vom LMU-Statistikinstitut der Deutschen Presse-Agentur.
Einen kausalen Schluss gibt es nicht
Das relative Risiko von Geimpften, auf einer Intensivstation zu landen, sei erheblich niedriger. „Es deutet alles in die gleiche Richtung“, sagte der Wissenschaftler, auch wenn es nach seinen Angaben keinen „knallharten kausalen Schluss“ gibt. In einem am Montag veröffentlichten Papier der Ständigen Impfkommission (STIKO) heißt es, die Zahl der COVID-19-Krankenhausaufnahmen sei bei Ungeimpften je nach Alter und Region 5- bis 15-Fach höher als bei Geimpften.
In den vergangenen sieben Tagen wurden (Stand 1. Dezember) in Thüringen 167 Corona-Tote gemeldet, in Bremen lediglich acht. Umgerechnet auf 100.000 Einwohner waren das im Schnitt 7,88 Tote in Thüringen und 1,18 in Bremen. Überdurchschnittliche Todesfälle meldeten demnach auch Sachsen (6,75), Bayern (3,90) und Brandenburg (3,87) – Bundesländer mit vergleichsweise niedrigen Impfquoten.
Unterdurchschnittlich ist die Zahl der Corona-Toten dagegen auch in Schleswig-Holstein (0,82) oder in Hamburg (0,92), wo viele Menschen gegen Corona geimpft sind. Der Bundesschnitt liegt bei 2,46.
Betrachtet man die Rohdaten der Todesfallzahlen, sind die regionalen Diskrepanzen eklatant. So meldete Sachsen in den vergangenen sieben Tagen 274 Corona-Tote. Das waren neun Todesfälle mehr als in Nordrhein-Westfalen, obwohl NRW mehr als viermal so viele Einwohner zählt. In Sachsen sind am Donnerstag 58,3 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft, in NRW dagegen 71,8 Prozent.
Altersstruktur in den Regionen ist unterschiedlich
Am Statistikinstitut der LMU dokumentiert und analysiert die COVID-19 Datenanalysegruppe Codag Infektions-, Patienten- und Todesfallzahlen auf regionaler Basis. „Derzeit sehen wir in Bundesländern mit einer niedrigeren Impfquote im Moment tatsächlich die höchsten Anstiege in der Sterblichkeit“, sagte Kauermann. Das gilt nach seinen Worten auch, wenn man nicht nur die Todeszahlen ins Verhältnis zur Bevölkerung setzt, sondern auch die Unterschiede in der Bevölkerungsstruktur berücksichtigt.
„Man muss sich altersspezifische Sterbezahlen anschauen, weil wir in verschiedenen Bundesländern eine ganz unterschiedliche Altersstruktur haben“, sagte Kauermann. Deswegen muss man das immer auf sogenannte standardisierte Mortalitäten herunterrechnen.“ So sind die Sachsen im Schnitt etwas älter als die Bayern. Auch unter Berücksichtigung dieser Faktoren liegt nach Analyse der Statistiker jedoch ein Zusammenhang zwischen niedriger Impfquote und den hohen Totenzahlen auf der Hand. (dpa)