Sozialmedizinische Nachsorge
Uniklinik Mainz kooperiert mit Bärenherz
Das Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin der Universitätsmedizin Mainz kooperiert mit Bärenherz, um schwerstkranke Kinder und ihre Familie bei dem Übergang von Klinik in das häusliche Umfeld zu begleiten.
Veröffentlicht:
Aktiv in der sozialmedizinischen Nachsorge. Von links: Rainer Neubauer, Geschäftsführer Bärenherz Kinderhospiz GmbH, Professor Dr. Fred Zepp, Direktor des Zentrums für Kinder-und Jugendmedizin der Universitätsmedizin Mainz, Pia Qudille, Leitung der sozialmedizinischen Nachsorge von Bärenherz, Dr. Frank Kowalzik, geschäftsführender Oberarzt Uniklinik Mainz, Frau Filiz Kocatürk mit ihrem Sohn Hamsa, Sabine Lindau, Sozialpädiatrisches Zentrum für Kinder und Jugendmedizin der Universitätsmedizin Mainz
© Anke Thomas
Mainz. Dass der jetzt anderthalbjährige Hamsa einen schweren Start ins Leben hatte, merkt man dem kleinen Kerlchen nicht an, der sich unbeeindruckt von all den fremden Menschen im Raum fröhlich auf dem Schoß seiner Mutter mit einem bunten Spielzeug beschäftigt.
Hamsa kam mit einem schweren Herzfehler zur Welt, erzählt seine Mutter Filiz Kocatürk auf einer Pressekonferenz am Freitag in Mainz. Sie und ihre Familie waren eine der ersten, die von einem neuen sozialmedizinischen Nachsorgeangebot des Zentrums der Kinder- und Jugendmedizin der Universitätsmedizin Mainz gemeinsam mit der Bärenherz Hospize GmbH profitieren konnten.
Hilfe für die ganze Familie
„Komplexe und schwere chronische Erkrankung des Kindes treffen Eltern oft unvorbereitet“, erklärt Professor Fred Zepp, Direktor des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin, Unimedizin Mainz.
Wenn das kranke Kind mit seinen Eltern dann nach Hause kommt, sollte der Übergang in das häusliche Umfeld für die ganze Familie möglichst gut gestaltet werden. Genau hier setzt die Kooperation mit Bärenherz an, die Anfang letzten Jahres aus der Taufe gehoben wurde. Seit Herbst wurden bereits zehn Kinder mit ihren Familien in dieser Phase begleitet.
Und das funktioniert so: Die Familien schwerstkranker Kinder, die nach Hause entlassen werden sollen, werden von einem Mitarbeiter des Sozialpädiatrischen Zentrum (SPZ), das am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin angesiedelt ist, auf das sozialmedizinische Nachsorgeangebot angesprochen.
Dann können sie entscheiden. „Manche Eltern lehnen das auch ab“, sagt Sabine Lindau, SPZ, von bislang 13 angesprochen Familien wollten drei nicht, dass jemand zu ihnen ins häusliche Umfeld kommt.
Begleitung über drei Monate
Sagt die Familie ja, wird eine speziell geschulte Pflegefachkraft aus dem Nachsorge-Team von Bärenherz informiert, die Kontakt zur Familie aufnimmt und im ständigen Austausch mit Mitarbeitern des SPZ ist, erklärt Pia Oudille, Kinderkrankenschwester und Leiterin der sozialmedizinischen Nachsorge Bärenherz.
Die Bärenherz-Fachkraft informiert dann die Familie über all das, was der Familie an Hilfen und Angeboten im Gesundheitssystem zur Verfügung steht. Sie kümmert sich um Termine bei Ärzten, Logopäden, Ergotherapeuten, erledigt Verwaltungsaufgaben – je nach individuellem Bedarf des Kindes und der Familie.
Die Begleitung durch Bärenherz erfolgt über zehn bis zwölf Wochen bis die Familie stabilisiert ist. „Für uns ist die Kooperation mit Bärenherz ein großer Glücksgriff und ein Tag zum Feiern“, erklärt Zepp begeistert. Denn die von Unterfinanzierung gebeutelte Uniklinik Mainz muss keine Finanzmittel aufbringen und erfährt Entlastung, weil die Zeit des Klinikteams eben auch sehr knapp bemessen ist.
Umso besser, dass Ärzte und Klinikmitarbeiter wissen, dass ihre kranken Patienten und deren Familien mit den Mitarbeitern von Bärenherz in guten Händen sind und weiter gesunden können.
Langjährige Erfahrung
Bärenherz ist in erster Linie bekannt durch seine Kinderhospize in Leipzig und Wiesbaden, in der sterbenskranke Kinder und ihre Familien sowohl ambulant als auch stationär betreut werden, sagt Rainer Neubauer, Geschäftsführer der Bärenherz Kinderhospize GmbH.
Mit der sozialmedizinischen Begleitung nach Klinikaufenthalten macht Bärenherz damit etwas, das der Arbeit im Kinderhospiz nahe kommt und das „Bärenherz machen will“, sagt Neubauer.
75 Prozent der Nachsorgearbeit können mit den Krankenkassen abgerechnet werden. Die Lücke von 25 Prozent wird über Bärenherz-Spendengelder geschlossen, erklärt Neubauer.
Dabei zeigt sich der Geschäftsführer überzeugt, dass mit sozialmedizinischer Nachsorge „ein Haufen Geld“ eingespart werden kann. Denn der Anteil von Rücküberweisungen sei bei komplexen Erkrankungen hoch. Mit einer längeren Begleitung könne man es aber schaffen, die Familien soweit zu stabilisieren, dass Klinikaufenthalte vermieden würden.
Sehr schnell wieder erholt
Dank der Entlastung durch die Mitarbeiter von Bärenherz, „haben wir uns sehr schnell wieder erholt“, meint Kocatürk. Und die Zeit war hart für die Familie.
Denn als Hamsa sechs Monate alt war, war zunächst eine große Herz-Op in Heidelberg geplant. Aus der einen wurden drei in einer Woche, der kleine Mann bekam einen Herzschrittmacher und eine Herzklappe.
Im Anschluss lag Hamsa acht Wochen auf der Intensivstation. Immer wieder litt er unter schweren Entzündungen und bekam eine Ernährungs-Sonde.
Im Anschluss an die Intensivmedizin schlossen sich zwei Wochen auf der normalen Kinderstation in Mainz an. Ärzte und Kocatürk überlegten, wie es weitergehen sollte. Schließlich warteten zu Hause noch Ehemann und zwei größere Töchter auf die Heimkehr der Mutter und dem kleinen Bruder.
Da kam das Team von Bärenherz wie gerufen. Die Mitarbeiter von Bärenherz hätten ihr sehr viel Arbeit abgenommen. Auch wenn Hamsa sich seine Sonde selbst herausgerissen hatte, konnte Kocatürk immer wieder auf Hilfe des Bärenherz-Teams zurückgreifen. Kocatürk: „Das war echter Luxus“.