"Das Ungewöhnliche feiern"
Das sind die Gewinner der Ig-Nobelpreise
Nierensteine in der Achterbahn, Affen, die Menschen imitieren und der kalorische Wert von Menschenfleisch: Die Gewinner der Ig-Nobelpreise 2018 stehen fest.
Veröffentlicht:BOSTON. Zum 28. Mal sind in der Nacht zum Freitag an der amerikanischen Elite-Universität Harvard die Ig-Nobelpreise verliehen worden. Sie sollen "das Ungewöhnliche feiern und das Fantasievolle ehren".
Der Ig-Nobelpreis "ignoble" bedeutet auf Deutsch "unwürdig") wurde diesmal in Form eines Papierherzens verliehen. Eine Übersicht über Gewinner und Themen:
- Medizin: Wissenschaftler aus den USA für den Versuch, ob Patienten Nierensteine per Achterbahnfahrten schneller ausscheiden. "Die eigentliche Anerkennung gebührt aber einem meiner Patienten", sagte Forscher David Wartinger in seiner Dankesrede. Dieser sei bei einem Besuch in einem Vergnügungspark immer wieder Achterbahn gefahren und habe danach jeweils einen Nierenstein ausgeschieden. Daraufhin hätten er und sein Kollege Marc Mitchell sich der wissenschaftlichen Erforschung des Themas angenommen, sagte Wartinger.
- Anthropologie: Forscher aus Schweden, Rumänien, Dänemark, den Niederlanden, Deutschland, Großbritannien, Indonesien und Italien für das Sammeln von Beweisen in einem Zoo, dass Schimpansen Menschen etwa genauso oft und genauso gut imitieren, wie Menschen Schimpansen.
- Biologie: Wissenschaftler aus Schweden, Kolumbien, Deutschland, Frankreich und der Schweiz für den Nachweis, dass Wein-Experten durch Geruch verlässlich nachweisen können, ob sich in ihrem Weinglas eine Fliege befindet."Wenn eine weibliche Fruchtfliege von einem Glas voll Wein angezogen wird, dann ist das traurig für die Fliege, weil sie ertrinken wird", sagte Wissenschaftler Paul Becher. "Es ist aber auch traurig für den Besitzer des Weinglases, denn der Geruch der Fliege wird den Wein verderben. Wir wissen nicht, warum Menschen in der Lage sind, diesen Geruch zu erkennen – aber wir wissen, dass es nicht darum geht, dass wir uns zu Fliegen hingezogen fühlen sollen."
- Chemie: Forscher aus Portugal, die gemessen haben, wie gut sich menschliche Spucke als Putzmittel für schmutzige Oberflächen eignet.
- Medizinische Bildung: Ein Wissenschaftler aus Japan für den medizinischen Report "Darmspiegelung im Sitzen: Lehren aus Selbst-Darmspiegelung".
- Literatur: Forscher aus Australien, El Salvador und Großbritannien für den Nachweis, dass die meisten Menschen, die komplizierte Produkte benutzen, die Gebrauchsanweisung nicht lesen.
- Ernährung: Ein Wissenschaftler aus Großbritannien, der berechnet hat, dass die Kalorienaufnahme bei einer Ernährung ausschließlich von Menschenfleisch deutlich geringer ist als die Kalorienaufnahme bei den meisten anderen traditionellen Ernährungsweisen mit Fleisch.
- Frieden: Forscher aus Spanien und Kolumbien für die Messung von Häufigkeit, Motivation und Auswirkungen von Schreien und Fluchen beim Autofahren.
- Fortpflanzungsmedizin: Wissenschaftler aus den USA, Japan, Saudi Arabien, Ägypten, Indien und Bangladesch für die Benutzung von Briefmarken um herauszufinden, ob das männliche Geschlechtsorgan richtig funktioniert wie beschrieben in ihrer Studie "Nächtliche Penis-Schwellungs-Überwachung mit Briefmarken".
- Wirtschaft: Forscher aus Kanada, China, Singapur und den USA für die Untersuchung, ob es effektiv für Arbeitnehmer ist, Voodoo-Puppen gegen übergriffige Chefs zu verwenden. Die Antwort sei Ja, sagte Wissenschaftlerin Lindie Hanyu Liang. "Die Menschen fühlen sich viel besser danach, sie fühlen sich, als ob Gerechtigkeit wiederhergestellt worden ist." Zudem nutzte die Forscherin die Gelegenheit, um sich bei ihrem früheren Chef zu bedanken, "weil er mir alles darüber beigebracht hat, wie man mit übergriffigen Chefs umgeht".
Traditionell werden bei der Veranstaltung Paperflieger während den Dankesreden von den Zuschauern auf die Bühne geworfen. Diese werden normalerweise vom Physik-Nobelpreisträger Roy Glauber – als Besenmeister – weggefegt.
Überschreiten die Preisträger die 60-sekündige Redezeit bei ihren Reden, schreitet der fiktive achtjährige Charakter Miss Sweetie Poo ein und sagt zu den Rednern ununterbrochen "Bitte hör auf, ich langweile mich". Die Preisträger versuchten in der Vergangenheit bereits, das Mädchen mit Geld oder einem Sombrero zu bestechen, um sich mehr Zeit zu erkaufen – vergeblich.
Moderator Marc Abrahams, Herausgeber einer wissenschaftlichen Zeitschrift zu kurioser Forschung, beendete die Gala wie immer mit seinen traditionellen Abschlussworten: "Wenn Sie dieses Jahr keinen Ig-Nobelpreis gewonnen haben, und besonders dann, wenn Sie einen gewonnen haben: mehr Glück im nächsten Jahr!". (ajo zum Teil mit dpa-Material)