Schleswig-Holstein

Die Ohnmacht der Corona-Leugner von Oldesloe

In der holsteinischen Kleinstadt Bad Oldesloe treffen sich jeden Montagabend einige Dutzend Demonstranten gegen die Corona-Maßnahmen. Sie wollen ins Gespräch kommen, aber ihre Forderungen sind apodiktisch. Ein Ortsbesuch.

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:
Der Marktplatz in Bad Oldesloe

Der Marktplatz in Bad Oldesloe

© stefanie/stock.adobe.com

Bad Oldesloe. Die Kundgebung beginnt mit einer Auseinandersetzung, bevor sie begonnen hat. Ein Passant im Rentenalter interessiert sich für die „Initiative für Aufklärung und Transparenz“ und ist nach wenigen Sekunden anderer Meinung als die Initiatoren. Noch während Banner und Mikrofonanlage aufgebaut werden, entwickelt sich ein lautstarker Disput zwischen dem Passanten und einer Frau, die an der Kundgebung mitwirkt.

„Welche Alternativen gibt es“, will der Mann wissen. Er bezieht sich auf die von den Initiatoren der Kundgebung kritisierten Maßnahmen zur Pandemie-Eindämmung. Seine Kontrahentin bezweifelt, dass es eine „echte“ Pandemie gibt. Erst als die Ehefrau des Passanten ihren aufgebrachten Gatten überzeugt, den Marktplatz von Bad Oldesloe zu verlassen, beruhigt sich die Szene. Diskutiert wird anschließend nicht mehr.

Wut gegen staatliche Maßnahmen

Jeden Montag um 17 Uhr treffen sich in Bad Oldesloe Menschen, die an den aktuellen Corona-Maßnahmen zweifeln. Seit 20 Wochen, zunächst auf einem kleineren Platz in der Nähe. Weil dort der Abstand nicht mehr eingehalten werden konnte, jetzt erstmals auf dem größeren Platz am Rathaus. „Weil wir zu viele sind“, sagt der stolze Redner zu Beginn. Rund 40 Menschen versammeln sich nach und nach auf dem Platz. Maske trägt hier niemand. Weil die Polizei am Rand Stellung bezogen hat, achten die Initiatoren auf den Abstand.

Die meisten Menschen aber gehen schnell vorbei, manche schütteln den Kopf. Auf dem Platz dagegen bestätigen sich die Redner gegenseitig. Eine Mikrobiologin tritt auf, ein Mann mit Bezug zum Krankenhaus ist dabei, aber auch Menschen ohne Verbindung zum Gesundheitswesen. Manche singen am Mikrofon, andere lassen ihrer Wut und Ohnmacht gegen die staatlichen Maßnahmen freien Lauf.

Einladung bei Steinmeier

„In den Knast“ würde sie gehen, wenn dafür die Kinder in diesem Land nicht mehr durch Maskenpflicht und andere Maßnahmen verängstigt würden, sagt etwa Cornelia Steinert. Sie ist Schuldnerberaterin, war in der Kommunalpolitik aktiv – bis sie die örtliche „Initiative für Aufklärung und Transparenz“ mitgründete.

„Seitdem weiß ich, was Mobbing ist“, sagt sie im anschließenden Gespräch mit der „Ärzte Zeitung“. Als bürgerliches Mitglied eines kommunalen Ausschusses habe sie unter Druck gestanden, musste den Posten aufgeben, berichtet sie. Die örtliche Presse würde die Initiative ignorieren. Zumindest zugehört habe dagegen Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, zu dem sie gemeinsam mit anderen eingeladen gewesen sei.

Damit hat Steinert etwas erreicht, was sie sich auch für ihren Ort wünscht: „Wir wollen im Gespräch bleiben.“ Der Austausch mit Menschen, die die Maßnahmen der Regierung befürworten, findet während der Kundgebung jedoch kaum statt. „Immer mal wieder“ komme es am Rande zu Gesprächen, sagt Steinert.

Drohung mit der Zwangsimpfung

Die Flugblätter, die sie und ihre Mitstreiter verteilen, sind allerdings nicht auf Dialog ausgerichtet. „Tragen Sie dazu bei, dass die Corona-Maßnahmen sofort beendet werden“, wird mit drei Ausrufezeichen begleitet und liest sich nicht wie ein Gesprächsangebot. Ein Flyer der „Ärzte für Aufklärung“ ist betitelt mit „Zwang zur Impfung droht“.

Die wechselnden Redner behaupten „Wir traumatisieren eine ganze Generation ohne Krieg“, sprechen von „Masken-Experimenten an Kindern“ und stellen die These „Die Selbstmordrate steigt“ auf. Auch die Worte des Schlussredners klingen wenig versöhnlich. „Herr Drosten, Herr Wieler und Herr Spahn: Ziehen Sie sich warm an. Wir lassen nicht nach.“

Nach einer Stunde ist die Kundgebung vorbei. Die gekommen sind, beklatschen sich gegenseitig. Um den Marktplatz herum gehen die Menschen ihren Besorgungen nach. Viele von ihnen tragen Masken.

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