Glosse

Elektronische Konsumaskese für Schniefnasen!

Erkältete Arbeitnehmer sind per se Kostentreiber – durch ihre Versorgung und die indirekten Kosten durch Produktivitätsausfälle. Treiben sie nun in Zeiten des Klimawandels auch noch unnötig den Stromverbrauch in die Höhe statt sich auszukurieren?

Von Matthias Wallenfels Veröffentlicht:
Streamen statt die Erkältung auszukurieren? Das kann man dem Planeten doch nicht zumuten! Moyo Studio / Getty Images / iStock (Symbolbild mit Fotomodell)

Streamen statt die Erkältung auszukurieren? Das kann man dem Planeten doch nicht zumuten! Moyo Studio / Getty Images / iStock (Symbolbild mit Fotomodell)

© Moyo Studio / Getty Images / iStock

Im Januar haben Husten, Schnupfen und Heiserkeit traditionell Hochsaison: Statistisch erwischt es jeden Erwachsenen in Deutschland zwei bis vier Mal pro Jahr – was sich zu beachtlichen 208 Millionen Erkältungsfällen jährlich summiert.

Wie nun eine repräsentative Online-Befragung im Auftrag des Energiedienstleisters Eon ergeben hat, ruhen sich 57 Prozent der Schniefnasen im Erkältungsfalle einfach aus – das ist löblich. 17 Prozent allerdings – und damit mehr als jeder Sechste – setzen auf mediale Ablenkung.

Weniger in Guttenberg-Tradition

Im Zeitalter der – von der Bundesregierung forcierten – Digitalisierung heißt das aber, dass hier weniger in der Guttenberg-Tradition als vielmehr in der elektronischen Variante Medieninhalte konsumiert werden – sei es in Form des Streamings, des Fernsehens oder aber des Radios.

Und das in Zeiten des Klimawandels, in der zum Beispiel für Atlantiküberquerungen gerne wieder auf Segelboote – eine ressourcen- und kraftschonende Variante der römischen Galeeren-Tradition – zurückgegriffen wird!

Bedenkt man, dass nach – bereits aus dem Jahr 2005 stammenden – Berechnungen der Gesundheitsökonomen Jürgen Wasem und Franz Hessel Erkältungserkrankungen in der Gruppe der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten jährlich pro Person zu durchschnittlich 2,9 Tagen Arbeitsunfähigkeit sowie 11,6 Tagen mit im Schnitt um 35 Prozent eingeschränkter Leistungsfähigkeit führen, lässt das schon aufhorchen.

Die indirekten Kosten durch Erkältungskrankheiten beziffern die Experten übrigens auf rund 29,2 Milliarden Euro pro Jahr in Deutschland.

Krank vor der Glotze

Das sollte für jeden pflichtbewussten Bundesbürger in Zeiten von „Fridays for Future“ und „Extinction Rebellion“ schon Grund genug sein, sich präventiv, gesundheitsbewusst, ressourcenschonend und vor allem klimaneutral oder zumindest klimafreundlich zu verhalten.

Im Klartext: Wer schon nicht mit seiner Arbeitskraft zur Steigerung des Bruttosozialprodukts beitragen kann, weil er erkältet ist, sollte nicht noch destruktiv mit der Glotze oder dem Streaming dem Planeten schaden.

Denn – und jetzt kommt Eon wieder ins Spiel: „Wer einen Erkältungstag vor dem Fernseher verbringt, verbraucht 0,735 kWh Strom“, rechnet Geschäftsführer Philip Beckmann in einer Unternehmensmitteilung vor. Unerhört ist das! Denn nur ein Bruchteil dieses Stroms dürfte aus klimaneutralen Tarifen stammen!

Wie kommt man aus dem Dilemma heraus?

Aber es kommt noch schlimmer: „Insgesamt ergeben sich durch den Medienkonsum der erkälteten Deutschen damit beachtliche Mehrkosten von rund 54,6 Millionen Euro pro Jahr“, so Beckmann weiter – auf der Basis von 30 Cent je kWh Strom.

Immerhin handelt es sich dabei um Kosten, die die Arbeitnehmer aus eigener Tasche berappen müssen – allerdings mit einer ärztlicherseits sicher unerwünschten Nebenwirkung. Denn dieses Geld haben die Betroffenen nicht mehr zur Verfügung für sinnvolle, präventive Selbstzahlerleistungen zur Gesunderhaltung.

Wie kommt man nun aus dieser Dilemmasituation heraus? Sinnvoll wäre es sicher – im Sinne des Lebenswelten-Konzeptes –, auf dem Präventionsgesetz fußende betriebliche Gesundheitsförderungskurse anzubieten, die den Arbeitnehmern großflächig die Vorteile einer elektronischen Konsumaskese – auch in Zeiten bester Gesundheit – vermitteln. Dann würden Erkältungspatienten auch ganz automatisch zu Klimaschützern.

Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Mediensucht, Depressionen, HPV-Impfung

DAK baut Vorsorgeangebot in Kinder- und Jugendarztpraxen aus

Aktuelle Umfrage

Patienten vertrauen offiziellen Seiten

Kooperation | In Kooperation mit: AOK-Bundesverband
Das könnte Sie auch interessieren
Glasglobus und Stethoskop, eingebettet in grünes Laub, als Symbol für Umweltgesundheit und ökologisch-medizinisches Bewusstsein

© AspctStyle / Generiert mit KI / stock.adobe.com

Klimawandel und Gesundheitswesen

Klimaschutz und Gesundheit: Herausforderungen und Lösungen

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein MRT verbraucht viel Energie, auch die Datenspeicherung ist energieintensiv.

© Marijan Murat / dpa / picture alliance

Klimawandel und Gesundheitswesen

Forderungen nach Verhaltensänderungen und Verhältnisprävention

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

© Frankfurter Forum für gesellschafts- und gesundheitspolitische Grundsatzfragen e. V.

Das Frankfurter Forum stellt sich vor

Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

© Janssen-Cilag GmbH

Video

Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Höhen- oder Sturzflug?

© oatawa / stock.adobe.com

Zukunft Gesundheitswesen

Höhen- oder Sturzflug?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

© MQ-Illustrations / stock.adobe.com

Digitalisierung

Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Detailansicht eines Windrades: Bringt eine ökologisch nachhaltige Geldanlage auch gute Rendite? Anleger sollten auf jeden Fall genau hinschauen.

© Himmelssturm / stock.adobe.com

Verantwortungsbewusstes Investment

„Nachhaltig – das heißt nicht, weniger Rendite bei der Geldanlage!“

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank)
Carl Billmann, Leiter der Stabsstelle IT, Marketing & Kommunikation bei BillmaMED, Medizinstudent mit dem Berufsziel Dermatologe.

© Doctolib

Interview

„Am Empfang haben wir Stress rausgenommen“

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Die Patientin tippt ihre Nachricht ins Smartphone, das Praxisteam antwortet direkt über
den Desktop. So sind Vereinbarungen über ein E-Rezept oder eine Befundmitteilung vom Facharzt schnell übermittelt.

© [M] Springer Medizin Verlag | Foto: A_B_C / stock.adobe .com

Digitale Patientenkommunikation

„Das Potenzial für die Zeitersparnis ist riesig“

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Bald nicht nur im Test oder in Showpraxen: Auf einem Bildschirm in der E-Health-Showpraxis der KV Berlin ist eine ePA dargestellt (Archivbild). Nun soll sie bald überall zu sehen sein auf den Bildschirmen in Praxen in ganz Deutschland.

© Jens Kalaene / picture alliance / dpa

Leitartikel

Bundesweiter ePA-Roll-out: Reif für die E-Patientenakte für alle

Figuren betrachten eine Blatt mit einer Linie, die zu einem Ziel führt.

© Nuthawut / stock.adobe.com

Tipps für die Praxis

So entwickeln Sie Ihre Arztpraxis strategisch weiter

Betritt unbekanntes Terrain: CDU-Politikerin und designierte Bundesministerin für Gesundheit Nina Warken.

© Bernd Weißbrod/dpa

Update

Überraschende Personalie

Eine Juristin wird Gesundheitsministerin: Das ist Nina Warken