Chinesisches Tagebuch
Medizin zwischen Tradition und Veränderung
Drei Monate lang hat "Ärzte Zeitung"-Redakteurin Jana Kötter im Reich der Mitte gelebt und gearbeitet. Jetzt ist es Zeit für sie zurückzukehren - und ein Fazit zu ziehen.
Veröffentlicht:PEKING. Meine Zeit im Reich der Mitte ist vergangen wie im Flug. Im Koffer habe ich bei meiner Rückkehr nach Deutschland und damit auch in die Redaktion der "Ärzte Zeitung" nicht nur Mitbringsel, sondern vor allem eines: zahlreiche neue Erfahrungen.
In spannenden Vorträgen habe ich als "Medienbotschafterin" der Robert-Bosch-Stiftung viel über die chinesische Gesellschaft, Politik und Gesundheitsversorgung gelernt.
Mit Korrespondenten großer deutscher Tageszeitungen und chinesischen Kollegen habe ich über die Pressefreiheit im Land diskutiert. Und nicht zuletzt habe ich in den vergangenen vier Wochen auch chinesische Redaktionsluft geschnuppert.
Was mir aus den drei Monaten am meisten in Erinnerung bleiben wird, ist der gesellschaftliche Wandel, den der China-Reisende in diesen Jahren mit Händen greifen kann. Westliche Cafes sind gefragter denn je - gleichzeitig blüht die traditionelle Teekultur.
Drei Monate lang lebt "Ärzte Zeitungs"-Redakteurin Jana Kötter in Peking. In ihrer Kolumne "Chinesisches Tagebuch" berichtet sie regelmäßig aus dem Reich der Mitte. Schon erschienen sind folgende Artikel:
- Verkehr mit Risiken und Nebenwirkungen
- Ein Nickerchen oder auch keins
- Wo Spiritualität und Medizin sich mischen
- Die mystischen Bedeutungen der Blutgruppen
- Peking leidet unter Pappelflocken
- Gesundheitspflege am Strand
- Luft anhalten!
- Die große Angst vor Krankheiten
Die Straßen der Megastädte sind aufgrund unzähliger Automobil-Neuzulassungen verstopft, die Abgase lassen die Luft an vielen Tagen unerträglich werden - gerade deshalb gründen sich vielerorts Umwelt- und Fahrradinitiativen, die nach Alternativen suchen.
Das Interesse an der westlichen Medizin, an ihren Errungenschaften und Behandlungsmethoden, ist größer denn je - und doch sind die Lehren der Traditionellen Chinesischen Medizin stets präsent. Keine Frage: China ist ein Land im Umbruch.
Preise steigen schneller als Löhne
Doch das hat auch unerfreuliche Folgen: Ich habe deutlich gespürt, dass die Preise seit meinem letzten Besuch vor sechs Jahren in die Höhe geschnellt sind - viel rasanter als die Löhne.
Kolleginnen haben über die exorbitanten Mietpreise geklagt, die es vielen jungen Chinesen unmöglich machen, aus ihrem Elternhaus auszuziehen. Viele meiner Lieblingsplätze meines letzten Besuchs sehen heute völlig anders aus, andere existieren gar nicht mehr.
Und nicht zuletzt bringt der Wohlstand auch die typischen Wohlstandskrankheiten mit sich: Diabetes ist - allein aufgrund der rapide steigenden Häufigkeit - das heute vielleicht größte medizinische Problem. Die drei häufigsten Todesursachen sind - wie in westlichen Industrienationen - Krebs, Herzkrankheiten und Schlaganfall.
Nichtsdestotrotz: Für die Bevölkerung bringt der Umbruch an vielen Stellen bedeutende Vorteile mit sich. Der Wohlstand steigt, die medizinische Versorgung verbessert sich - wenn auch zunächst vor allem in den Metropolregionen.
An vielen Stellen dieses Umbruchs ist Deutschland mit seiner Expertise eingebunden. So ist deutsche Medizintechnik gefragter denn je, und importiert werden dabei nicht nur Produkte, sondern auch Wissen.
Das Deutsch-Chinesische Institut für Notfall- und Katastrophenmedizin in Wuhan ist nur eines von vielen Beispielen, bei denen deutsches Know-how helfen kann, die chinesischen Strukturen zu verbessern.
Es sind Themenfelder, die sich lohnen, sie auch in Zukunft im Blick zu behalten. Denn an seinem Ziel angekommen ist das Reich der Mitte noch lange nicht.