Außergerichtliche Schlichtung

Weniger bestätigte Behandlungsfehler in Nordrhein

Die nordrheinische Gutachterkommission registriert steigende Eingänge, die Gutachter stellen aber weniger Behandlungsfehler fest. Die Haftpflichtversicherer widersprechen den Verfahren häufiger.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:

Düsseldorf. Die Gefahrenabwehr ist der einzige Grund, aus dem die ärztlichen und juristischen Sachverständigen der Gutachterkommission für ärztliche Behandlungsfehler bei der Ärztekammer Nordrhein (GAK) Dinge melden, sie sie durch die Verfahren erfahren. „Wenn sich Gefahr für künftige Patienten anbahnen könnte, unterrichten wir die Rechtsabteilung der Kammer“, berichtete Johannes Riedel, der Vorsitzende der Kommission, bei der Kammerversammlung in Düsseldorf.

Die Gefahrenabwehr sei wichtiger als die persönlichen Rechte der Ärztinnen und Ärzte, erläuterte er. Während der zehn Jahre, die er jetzt an der Spitze der GAK steht, habe es aber gerade mal vier oder fünf solcher Fälle gegeben, betonte der ehemalige Präsident des Oberlandesgerichts Köln.

Die GAK wird kommendes Jahr 50 Jahre alt. Sie fühle sich bei der Ärztekammer außerordentlich gut aufgehoben, sagte ihr Vorsitzender. „Wir haben den Eindruck, dass unsere Arbeit geschätzt wird, auch wenn sie etwas kostet.“ Riedel verwies auf die Unabhängigkeit der Kommissionsmitglieder. „Wir sind keinen Weisungen der Verwaltung der Ärztekammer unterworfen.“

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Verfahren dauert im Schnitt 10,7 Monate

Die Eingänge bei der GAK nahmen vom 1. Oktober 2023 bis 30. September 2024 um 4,1 Prozent auf 1.753 zu. Die Anzahl erledigter Eingaben stieg leicht von 1.689 auf 1.737. Die durchschnittliche Verfahrensdauer lag nahezu unverändert bei 10,7 Monaten.

Im Berichtszeitraum ist die Behandlungsfehlerquote zurückgegangen. In 23,8 Prozent der Fälle wurde ein Fehler festgestellt (Vorjahr: 27,5 Prozent). Über die Gesamtzahl der Verfahren seit Gründung der GAK Ende 1975, beträgt die Fehlerquote 31,03 Prozent.

Die meisten Anträge gab es zuletzt in Chirurgie (245), Orthopädie (183), Innerer Medizin (178), Unfallchirurgie (164) sowie Frauenheilkunde und Geburtsmedizin (102). Die höchste Quote bei den festgestellten Behandlungsfehlern verzeichnete dabei die Unfallchirurgie mit 35,4 Prozent. Über alle Fächer gesehen war die Quote mit 56,7 Prozent in der Radiologie am höchsten, allerdings hatten die Gutachter nur 30 Fälle zu prüfen.

Starker Anstieg bei den Widersprüchen durch Haftpflichtversicherer

In den vergangenen Jahren hat sich bei der GAK die Zahl der Fälle erhöht, bei denen die Arzthaftpflichtversicherer der Teilnahme der von ihnen versicherten Ärztinnen und Ärzte an den Verfahren widersprechen. Während die Zahl der Ärzte, die einem Begutachtungsverfahren widersprochen haben, sich 2023/2024 von 133 auf 65 reduziert hat, nahmen die Widersprüche sonstiger Beteiligter – das sind vor allem die Haftpflichtversicherer – von 164 auf 259 zu. 2021/2022 waren es 136. „Ich weiß, dass der eine oder andere Arzt gern ein Verfahren durchführen würde, aber die dahinterstehende Versicherung es nicht will“, berichtete Riedel.

Verfahren auch ohne Beteiligung der Ärzte möglich

Die Gutachterkommission für Arzthaftpflichtfragen der Ärztekammer Westfalen-Lippe hatte vor einigen Jahren Versicherer nach den Gründen für die Ablehnung der Verfahren gefragt. Die Unternehmen nannten unter anderem Zweifel an dem rein schriftlichen Verfahren, bereits erfolgte außergerichtliche Einigungen oder die Vorlage anderer Gutachten.

Während bei allen anderen Schlichtungsstellen die Verfahren nicht zustande kommen, wenn Arzt, Klinik oder Versicherer widersprechen, können sie in Nordrhein ohne deren Beteiligung stattfinden, wenn die Patienten dies wünschen. Das war 2023/2024 bei 45,7 Prozent der Widersprüche der Fall. Bei den Verfahren ohne die beteiligten Ärzte bewegt sich die Behandlungsfehlerquote auf einem ähnlichen Niveau wie bei den übrigen Verfahren, versicherte Riedel.

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