1. Preis Charity Award 2021
Verein peri: Hilfe für Opfer von Zwangsehen
Für sein Engagement für die Rechte junger Muslima wird der Verein peri e.V. (Peri bedeutet „Gute Fee“) mit dem 1. Platz des Springer Medizin Charity Awards ausgezeichnet.
Veröffentlicht:Der 2008 von der Menschenrechtsaktivistin und Publizistin Serap Çileli gegründete Verein peri e.V. tritt für die Opfer von Zwangsehen ein und engagiert sich für das Recht junger Muslima auf Selbstbestimmung. Zunehmend bitten auch junge muslimische Männer um Hilfe.
Die Vision von peri: Jeder Mensch hat die freie Wahl seines Liebespartners und seines Lebensentwurfs. Für diese Arbeit ist peri e.V. am Freitagabend mit dem 1. Preis des von Springer Medizin vergebenen Charity Awards 2021 ausgezeichnet worden.
Serap Çileli erläuterte bei der Preisverleihung, wie spannend und zugleich gefährlich ihre Arbeit sei: „Ich wäre beinahe gelyncht worden und habe mich deshalb einige Jahre aus der Öffentlichkeit zurückgezogen“, sagte sie. „Aber ich mache weiter, es geht mir gut und ich möchte mein Glück mit anderen Frauen teilen.“
Sie bedauerte, dass es aktuell in Deutschland immer noch noch nicht genügend Schutzhäuser gebe. Dies gelte insbesondere auch mit Blick auf steigende Sicherheitsbedürfnisse von jungen muslimischen Männern. Auch sie seien oft auf der Flucht, auch bei ihnen sei das Thema Zwangsheirat von großer Bedeutung.
Spahn würdigt Bedeutung von peri
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn wies bei der Preisverleihung auf das Spannungsverhältnis zwischen kultureller Vielfalt und der Würde des einzelnen Menschen hin. Er selbst sei ein Befürworter von kultureller Vielfalt, es gebe aber Grenzen, was tatsächlich akzeptiert werden dürfe.
Spahn würdigte die besondere Bedeutung des Vereins peri. Das Preisgeld in Höhe von 30.000 Euro und das Medienpaket in Höhe von 50.000 Euro für den Verein „sind sehr gut angelegt“.
Galenus-Gala 2021
Die Preisverleihung in Bildern: Impressionen der Springer Medizin Gala 2021.
Viele Migrantinnen leiden in Deutschland unter psychischer und physischer Gewalt durch ihre Ehemänner. Außer Zwangsheiraten müssen sie unter anderem Demütigungen, körperliche Misshandlungen, eine erzwungene „Wiederherstellung der Jungfräulichkeit“ sowie sexuellen Missbrauch erleiden.
Gemeinsam mit einem Netzwerk von Experten mit Medizinern, Psychologen, Pädagogen und Juristen leisten die mehr als 80 Mitglieder von peri e.V. akute Hilfe und langfristige Betreuung mit dem Ziel, Betroffenen ein eigenständiges Leben in Sicherheit zu gewährleisten.
„Gute Fee“
„Peri“ bedeutet „Gute Fee“. Vereinsgründerin Serap Çileli weiß aus eigener Erfahrung, dass der mit dem Begriff „Zwangsheirat“ umschriebene Status oft nur ansatzweise das Leid betroffener Frauen erahnen lässt. Ihre Eltern leben seit Ende der 1960er Jahre in Deutschland, bleiben aber völlig in ihren türkisch-orthodoxen Wertvorstellungen gefangen.
Die Tochter, 1966 geboren und seit ihrem achten Lebensjahr mit ihren fünf Geschwistern bei ihren Eltern in Deutschland, wird im Alter von 12 Jahren zunächst zu einer Verlobung mit einem ungeliebten Mann gezwungen. Es folgt ein Selbstmordversuch, die Zwangsverheiratung mit einem anderen Mann in der Türkei, die Scheidung und schließlich die Flucht aus dem Elternhaus, um der erneuten Zwangsverheiratung und den Morddrohungen des Vaters zu entgehen.
Mit Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet
Serap Çileli weiß, worum es geht, wenn junge türkische Frauen, aber auch andere muslimische Migrantinnen sich hilfesuchend an sie wenden. Für ihr Engagement wurde sie 2005 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.
Der Verein leistet auch Fluchthilfe und klärt über Fälle sogenannter Ehrenmorde auf. Akut bedrohte Migrantinnen werden überdies vorübergehend in Gastfamilien untergebracht. Zudem trägt der inzwischen mehr als 80 Mitglieder zählende Verein dazu bei, die Sprachkompetenz Betroffener zu verbessern.
Insgesamt stand Peri e.V. seit Gründung rund 730 Menschen mit Rat und Tat zur Seite. „Wir spüren, wie sich Dinge verändern, wir erleben mehr Sensibilität in der Öffentlichkeit, das macht uns Mut“. so Serap Çileli bei der Preisverleihung. (fuh/smi)