„ÄrzteTag“-Podcast

Gibt es Antisemitismus auch in Praxen jüdischer Ärzte, Dr. Schuster?

Wie stark ist der zunehmende Antisemitismus in Deutschland in den Praxen jüdischer Ärztinnen und Ärzte zu spüren? Der Arzt und Präsident des Zentralrats der Juden, Dr. Josef Schuster, nimmt im „ÄrzteTag“-Podcast Stellung.

Hauke GerlofVon Hauke Gerlof Veröffentlicht:
Dr. Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden:

Dr. Josef Schuster ist Präsident des Zentralrats der Juden.

© Porträt: Emmanuele Contini | Hirn: grandeduc / stock.adobe.com

Ob in Demonstrationen, über Schmierereien auf Häusern oder über Anfeindungen von Jüdinnen und Juden auf der Straße: So viel offenen Antisemitismus gab es nie in Deutschland seit dem Ende des Holocausts wie nach dem Terroranschlag der Hamas und dem Beginn des Krieges im Gazastreifen. „Enttäuscht und alarmiert“ sei er von dieser Entwicklung, äußert sich der Arzt und Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland Dr. Josef Schuster im „ÄrzteTag“-Podcast.

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Der lange Zeit als Internist in Würzburg niedergelassene Mediziner macht sich vor allem Sorgen über das „Hufeisen-Syndrom“ – dass nun auch vom linken politischen Lager offen antisemitische Töne kommen: „Das gemeinsame Feindbild verbindet jetzt Rechte, Linke und Menschen mit Migrationshintergrund“, beschreibt Schuster die Entwicklung.

Persönlich habe er antisemitische Äußerungen in der Praxis nie erlebt. Er sei als Vorsitzender der jüdischen Gemeinde in Würzburg aber auch hinreichend bekannt gewesen. „Wer zu mir in die Praxis kam, wusste in der Regel, dass ich Jude bin. Wer nicht zu einem jüdischen Arzt gehen wollte, der konnte unter vielen anderen internistischen Praxen wählen.“ In Notdienst-Einsätzen werde er zwar gelegentlich erkannt, aber „eine negative Reaktion habe ich nie erfahren“, erzählt er weiter. Seinen jüdischen Kolleginnen und Kollegen gehe dies nach seinen Informationen ähnlich, das Thema spiele dort in der Regel keine Rolle.

In Krankenhäusern, besonders an Universitäten und in den großen Städten sei dies teilweise anders, weil es dort Aktivitäten von der linken politischen Seite gebe. Die Klinikleitungen reagierten allerdings meist schnell auf diese Vorfälle.

Im Gespräch geht Schuster weiter darauf ein, inwieweit es auch innerärztlich antisemitische Vorfälle gibt und ob aus seiner Sicht die ärztlichen Organisationen angemessen auf die Situation in Israel reagieren. „Im individuellen Bereich gibt es eigentlich nie Probleme, Kontakte mit Menschen muslimischen Glaubens haben kaum gelitten“, berichtet Schuster. Nicht zuletzt die Bedeutung der Erinnerungskultur, um möglichst viele Menschen „gegen Antisemitismus zu impfen“ hebt Schuster hervor.

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Kommentare
Hauke Gerlof 16.12.202318:47 Uhr

Von Dr. Karlheinz Bayer erreichte uns ein Leserbrief zum Podcast „Gibt es Antisemitismus auch in Praxen jüdischer Ärzte, Dr. Schuster?“ mit Dr. Josef Schuster, den wir hiermit veröffentlichen:
„Das gemeinsame Feindbild verbindet jetzt Rechte, Linke und Menschen mit Migrationshintergrund.“ Als sozialliberaler Christ und als Arzt verbiete ich mir solche Sätze! Mich verbindet kein gemeinsames Feindbild mit den Rechten, und ich sehe nicht einmal ein Feindbild bei allen Linken. Ich selbst bin ein Mensch mit Migrationshintergrund von Vater- und Mutterseite. Schon deswegen ist Migrationshintergrund kein Schimpfwort oder kein Attribut einer Randgruppe – genauso wenig wie die Zugehörigkeit einer Rasse oder einer Religion.
In meinem Bekanntenkreis weiß ich per Zufall eine jüdische Ärztin und mehrere Ärzt:innen mit erkennbar arabischem Migrationshintergrund, von denen ich nicht einmal weiß, welcher Religion sie angehören.
Der geschätzte Kollege Josef Schuster beschwört – obwohl er selbst nie solche Erfahrungen gemacht hat – Zeiten, in den es hieß, „Kauft nicht beim Juden, geht nicht zu einem Juden als Arzt.“ Seit dem 8. Mai 1945 sind solche Sätze keine deutschen mehr. In diesem Deutschland des Jahres 2023 erlaube ich mir zu sagen, dass der Vernichtungskrieg gegen die Hamas den der umstrittene israelische Ministerpräsident gerade gegen das Votum der UN-Mitglieder betreibt, auf die Ermordung unzähliger Zivilisten hinausläuft.
Ich ziehe keine Parallelen zum Holocaust und könnte genauso gut den Massenmord eines Pol Pot oder die US-Massaker in My Lai nennen. Was Netanjahu da macht, fördert Antisemitismus mehr als alles andere, nicht das, was Kollege Schuster so empfindet, obwohl er persönlich antisemitische Äußerungen in der Praxis nie erlebt hat. Ich werde mich dafür einsetzen, dass das so bleibt, fordere aber auch den sofortigen Waffenstillstand im Gaza-Streifen.
Schalom, Salaam, MIR, Peace und Friede!

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