Eckpunkte aus dem Bundesgesundheitsministerium
Änderungspläne bei Arzneimittelpreisen finden großen Zuspruch
Während die Kassen über das „Weihnachtsgeschenk“ staunen, kommt nicht nur aus der Pharma-Ecke Beifall für Lauterbachs Pläne zur Änderung des Arzneimittelgesetzes (AMG). Lieferengpässe sollen so gelindert werden.
Veröffentlicht:Berlin. Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-SV) nutzte die am Dienstag vorgestellten Pläne zur Änderung der Arzneimittel-Preisregeln dazu, um gegen die Pharmahersteller zu sticheln. Für bestimmte Medikamente für Kinder oder Krebstherapien den Festbetrag pauschal um 50 Prozent zu erhöhen, sei „ein beeindruckendes Weihnachtsgeschenk für die Pharmaunternehmen“, sagte die Vorstandschefin Doris Pfeiffer.
„Ob deshalb künftig Medikamente verlässlicher in Richtung Europa geliefert oder vielleicht sogar wieder mehr produziert werden, steht in den Sternen“, so Pfeiffer. Statt nur auf kurzfristige Effekte zu setzen, die Versicherte über ihre Beiträge finanzieren müssten, werde von der Politik eine strategische Herangehensweise für ganz Europa erwartet.
Kassen sehen Verantwortung bei Arzneimittelherstellern
Die Pharmaindustrie habe eine zuverlässige Versorgung mit zugesagten Produkten nicht sicherstellen können, teilte der GKV-SV weiter aus. Vielen Patientinnen und Patienten hätten die Arzneimittelhersteller damit „große Probleme bereitet und das Gesundheitswesen, von den Pflegekräften über die Ärzteschaft bis hin zum Apothekenpersonal, enorm unter Stress gesetzt“. Der Spitzenverband begrüßte unter anderem das Vorhaben des Bundesgesundheitsministeriums, bei Ausschreibungen für bestimmte Medikamente weitere Kriterien wie Verfügbarkeit und Diversität der Produktionsstandorte mit zu berücksichtigen.
Auf ein positives Echo stießen die Eckpunkte erwartungsgemäß in der Pharmabranche. Das Ministerium habe endlich erkannt, dass das „Hauptsache-Billig-Prinzip“ die Versorgung destabilisiert habe und zu Engpässen führe, sagte der Geschäftsführer des Verbands Pro Generika, Bork Bretthauer.
Auch Lieferketten sollen Rolle spielen
Richtig sei, dass das Gesundheitsministerium für mehr Diversifizierung der Anbieter und Lieferketten bei einigen Wirkstoffen sorgen will. Zudem sei es wichtig, „dass die aktuelle Steigerung der Herstellkosten in Rabattverträgen und im Festbetragssystem abgebildet“ werde.
Die Gesetzesinitiative des Bundesgesundheitsministers gehe in die richtige Richtung, kommentierte Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) die Eckpunkte. Es sei ein richtiger Ansatz, unter anderem die Preisregeln für Kinderarzneimittel zu lockern und in diesem Bereich Festbeträge sowie Rabattverträge abzuschaffen. Die Anhebung des Preisniveaus dürfe allerdings nicht zu einem verschärften Regressrisiko für die Vertragsärzte führen, warnte die KBV.
Apotheker ärgern sich über Almosen
Gabriele Regina Overwiening, Präsidentin der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA), begrüßte zwar grundsätzlich das Vorhaben des Ministeriums, sich der Lieferengpässe bei lebenswichtigen Arzneimitteln anzunehmen. Sie kritisierte aber, dass das Bundesgesundheitsministerium über die Apotheken, „die seit Monaten mit großem Engagement und Aufwand die Lieferengpässe managen“, nun „Hohn und Spott“ ausgieße. Anlass für den Ärger laut ABDA: Jede Apotheke soll laut Ministerium 50 Cent für ein Austauscharzneimittel bekommen – aber nur, wenn es vorher als versorgungskritisch eingestuft wurde und mit der Arztpraxis Rücksprache gehalten wurde.
„ Das ist wirklich eine Frechheit! Damit wird die Bürokratie noch erhöht, der teils stundenlange Arbeitsaufwand nicht einmal ansatzweise bezuschusst – und als Zeichen der Wertschätzung kann man dieses Almosen wohl auch kaum bezeichnen“, so Overwiening. Sie warnte davor, dass die Apotheken das Lieferengpassmanagement einstellen könnten. Dann müssten „Politik und Kassen zusehen, wie die Arzneimittelversorgung in Deutschland zusammenbricht."
Bayern fordert Wiederaufnahme von Pharmadialog
Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) begrüßte das Vorhaben zur Änderung des AMG, forderte Lauterbach aber auch dazu auf, den Pharmadialog wieder zu starten und „sich mit den Beteiligten über weitere Maßnahmen zur mittel- und langfristigen Sicherung der Arzneimittelversorgung auszutauschen“.
Das Bundesgesundheitsministerium hat am Dienstag Eckpunkte für ein Arzneimittel-Gesetz vorgelegt, mit dem Lieferengpässen begegnet werden soll. Unter anderem ist geplant, die Niedrigpreisklauseln zu lockern, um Lieferungen wichtiger Präparate wirtschaftlich attraktiver zu machen. Für bestimmte Kinderarzneimittel soll zudem das bis zu 1,5-Fache des Festbetrags von den Krankenkassen übernommen werden. Auch für den restlichen Markt patentfreier Arzneimittel ist vorgesehen, die Rabatt- und Festbetragsregeln zu lockern. (juk/dpa)