Öffentlicher Gesundheitsdienst

Ärzte fehlen überall – dringender Handlungsbedarf in Berlin

Dem Berliner ÖGD fehlen die Ärzte – und die ohnehin angespannte Situation könnte sich bald noch dramatisch verschärfen. Schon jetzt müssen Aufgaben priorisiert werden.

Angela MisslbeckVon Angela Misslbeck Veröffentlicht:
Schuleingangsuntersuchung: ÖGD-Ärzte in Berlin werden dringend gesucht.

Schuleingangsuntersuchung: ÖGD-Ärzte in Berlin werden dringend gesucht.

© Thomas Frey / imago

BERLIN. Fast 80 Stellen für Ärzte sind im öffentlichen Gesundheitsdienst von Berlin derzeit nicht besetzt. Das geht aus der Antwort des Berliner Senats auf eine Anfrage der Grünen-Abgeordneten Catherina Pieroth hervor. Genau 78,05 unbesetzte Arztstellen listet die Aufstellung zum Stichtag 30.6.2018. Am meisten Ärzte fehlen im Gesundheitsamt des Bezirkes Marzahn-Hellersdorf. Dort sind 9,23 Stellen unbesetzt. In Neukölln sind es mit 8,82 fast ebenso viele.

Rund die Hälfte der unbesetzten Stellen (38,81) entfällt auf den Bereich Gesundheitsförderung, Prävention und Gesundheitshilfe für Kinder und Jugendliche. Bei der Gesundheitsförderung, Prävention und Gesundheitshilfe für Erwachsene fehlen mehr als 17 Ärzte und selbst im Infektionsschutz sind fast zwölf Stellen unbesetzt. Auch 3,78 Stellen in der Amtsleitung waren zum Stichtag vakant.

"Erhebliche Einkommenseinbußen"

Zudem steht der Berliner ÖGD vor einer Pensionierungswelle. Nach den statistischen Vorausberechnungen des Senats werden bis 2022 rund 47 Humanmediziner altersbedingt aus dem unmittelbaren Landesdienst Berlin ausscheiden.

"Die bezirklichen Gesundheitsämter nehmen eine Priorisierung ihrer Aufgaben vor, um ihrem gesetzlichen Auftrag nachzukommen", antwortet Gesundheitsstaatssekretär Boris Velter (SPD) auf Pieroths Frage nach der Sicherstellung des gesetzlichen Versorgungsauftrags.

Die Gründe für die Misere verortet der Senat eindeutig in der Bezahlung: "Sofern dem Senat die Entscheidungsgründe von Bewerberinnen und Bewerbern bekannt geworden sind, waren in der Regel die erheblichen Einkommenseinbußen ausschlaggebend für die Ablehnung einer Tätigkeit im ÖGD", heißt es in der Antwort weiter. Velter betont auch: "Der Senat strebt weiterhin den Abschluss eines gesonderten Tarifvertrags für Ärztinnen und Ärzte im ÖGD an."

Verhandlungen ergebnislos

Ein gesonderter Tarifvertrag wäre auch im Sinne des Marburger Bundes (MB) Berlin. Die bislang zwischen dem Gesundheits- und dem Finanzressort abgestimmte Lösung ist davon jedoch weit entfernt.

Sie sieht in Ausnahmefällen Einzelfallabweichungen vom allgemeingültigen Tarifvertrag vor und fand nicht die Zustimmung des von Ver.di dominierten Hauptpersonalrats. Auch die erste Verhandlungsrunde zwischen Senat und Hauptpersonalrat blieb Anfang Oktober ergebnislos.

Der MB Berlin sieht die vom Senat derzeit vorgeschlagene Lösung ebenfalls kritisch. "Insgesamt führt diese Regelung (...) unter keinen Umständen zu einer höheren Vergütung einer Vielzahl von Ärztinnen und Ärzten, sondern es verbleibt bei einer intransparenten Einzelfallregelung", warnen MB-Berlin-Chef Dr. Peter Bobbert und Geschäftsführer Reiner Felsberg in einem Schreiben an Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD), das der "Ärzte Zeitung" vorliegt. Sie fordern stattdessen, dass für den ÖGD genau wie für die Ärzte im Maßregelvollzug ein arztspezifischer Tarifvertrag gelten soll.

Bis es soweit ist, müssten die Sonderarbeitsverträge wenigstens allen Ärzten im ÖGD gleichermaßen angeboten werden, und nicht nur einem derzeit sehr eng definierten Personenkreis, lautet die MB-Forderung weiter.

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