Südwesten
Ärzte wählen Kammer neu
Die maue Wahlbeteiligung vor vier Jahren hat klar gemacht: Listen, die ihre Ärzte mobilisieren können, gehen als Sieger vom Platz.
Veröffentlicht:STUTTGART. Noch bis zum 28. November sind rund 63.000 Ärzte in Baden-Württemberg zur Kammerwahl aufgerufen. Die Wahlbeteiligung könnte mit darüber entscheiden, ob es Vertretern niedergelassener Ärzte gelingt, die Dominanz des Marburger Bundes in den Bezirksärztekammern abzulösen.
Im Südwesten ist das Wahlverfahren ein Besonderes: Die vier Bezirksärztekammern (Nordbaden, Südbaden, Nordwürttemberg, Südwürttemberg) sind für das Tagesgeschäft wie etwa Facharztprüfungen oder das Erteilen von Weiterbildungsbefugnissen oder für das Arztregister zuständig.
Die Landesärztekammer ist für Grundsatzfragen etwa in der Weiterbildungs- und Berufsordnung zuständig und vertritt die Ärzte Gremien der Landespolitik oder der Bundesärztekammer. Zunächst wählen die Ärzte die Vertreter auf Bezirksebene. Bei der konstituierenden Sitzung werden dann die Präsidenten der Bezirksärztekammern, die Mitglieder der Vertreterversammlung in der Landesärztekammer sowie die Delegierten zum Deutschen Ärztetag bestimmt.
Listenvielfalt kommt Marburger Bund zugute
Bei der letzten Kammerwahl im November/Dezember 2010 kam die Listenvielfalt am Ende dem Marburger Bund zugute: Er stellt in drei der vier Bezirke die stärkste Fraktion.
Die Liste "Gemeinsame Zukunft Baden-Württemberg" besteht aus niedergelassenen Haus- und Fachärzten, in der Medi-Mitglieder und Ärzte, die nicht dem Verband angehören, aktiv sind. In Nordbaden beispielsweise versucht diese Liste den Brückenschlag über alle Gruppierungen hinweg.
"Es ergibt wirklich keinen Sinn, dass der Marburger Bund sich nur eine Niedergelassenen-Fraktion als Koalitionspartner aussuchen muss, um wieder den Präsidenten zu stellen", heißt es in einer Wahlwerbung der Liste "Gemeinsame Zukunft".
Landesweit ist der Hausärzteverband mit der Hausarztliste präsent. Man habe mit den Hausarztverträgen eine neue Versorgungsstruktur aufgebaut. Dabei gebe es viele Schnittstellen auch mit der Kammer, etwa bei der ärztlichen Fortbildung. Hausärztliche Vertreter in den Kammergremien sollten diese Entwicklung begleiten und unterstützen.
Auch bei der Weiterbildungsordnung will die Hausarztliste ihre Interessen geltend machen und wendet sich gegen die Einführung neuer Schwerpunkte (Geriatrie, Palliativmedizin) zu Lasten des Gebiets Allgemeinmedizin.
Die Liste Gemeinsame Zukunft hat sich die Stärkung der Freiberuflichkeit auf die Fahnen geschrieben, will fachübergreifende Vernetzungsformen wie etwa Teilgemeinschaftspraxen stärken und setzt sich für eine Weiterentwicklung der GOÄ ein.
Auch lokale und regionale Listen
Das Wahlspektrum vervollständigen eine Vielzahl von lokalen und regionalen Listen wie beispielsweise die Liste "Unabhängiger Ärztinnen und Ärzte in Südbaden", auf der auch der derzeitige Landesärztekammer-Präsident Dr. Ulrich Clever kandidiert, die Liste "Ärztinnen und Ärzte in sozialer Verantwortung" oder die "Liste Sprechende Medizin".
Die Wahlbeteiligung lag 2010 in Nordbaden mit 36 Prozent am niedrigsten, Nordwürttemberg verzeichnete mit 44 Prozent den höchsten Wert. Die konstituierende Sitzung der Vertreter in den Bezirksärztekammern ist für den 7. Februar 2015 angesetzt. Auf Landesebene kommt die Vertreterversammlung am 28. Februar zum ersten Mal zusammen.