Infektionsschutzgesetz
Ampel baut Corona-Impfdruck auf: Daran entzündet sich Kritik
Die Ampel will Anreize zur Viert- und Fünftimpfung setzen. Das soll es Menschen erleichtern, ohne Test und Maske Veranstaltungen und Restaurants zu besuchen.
Veröffentlicht: | aktualisiert:Berlin. Der Entwurf eines neuen Infektionsschutzgesetzes wird heiß diskutiert. Bundesweit soll demnach weiterhin eine Maskenpflicht in Bus, Bahn und Flieger sowie neu eine Masken- und Testpflicht in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen gelten.
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In der Kritik steht der „Impfdruck“, der aus dem Entwurfstext spricht. Die Ständige Impfkommission empfiehlt bislang eine vierte Impfung für Menschen ohne Immundefizienz und ohne Arbeitsplatz im Gesundheits- und Pflegewesen erst ab 70 Jahren. Die EMA empfiehlt den zweiten Booster für Menschen ab 60 Jahren. Gesundheitsminister Professor Karl Lauterbach hat zur zweiten Auffrischungsimpfung auch für unter 60-Jährige geraten, wenn sie viel Personenkontakt haben.
Streeck: Kein Grund für vierte Impfung
Professor Hendrick Streeck, Mitglied des Expertenrats der Bundesregierung, hat in diesem Zusammenhang in einem Interview mit dem Fernsehsender Welt darauf verwiesen, dass es für gesunde Erwachsene „im Moment keinen Grund dafür zu geben scheint, sich eine vierte Impfung geben zu lassen“.
Der Chef-Virologe der Charité Professor Christian Drosten hat in einem NDR-Podcast von einer langanhaltenden Immunität auch abseits von Viert- und Fünftimpfungen gesprochen. Er halte für dreifach Geimpfte eine Immunisierung durch eine Infektion mit SARS-CoV-2 für ideal.
Der „Normtext“ eines Entwurfs zur Änderung des Infektionsschutzgesetz, der der Ärzte Zeitung vorliegt, setzt die Anreize wiederum anders. Er setzt nun eine vierte und sogar fünfte Impfung für all diejenigen voraus, die ab Oktober und bis Anfang April 2023 ohne weitere Test- und Maskenpflichten beachten zu müssen, Kultur- und Freizeiteinrichtungen, Sportveranstaltungen, Restaurants und Bars besuchen wollen. „Menschen über derartige Regularien ohne wissenschaftliche Grundlage quasi zu immer neuen Boosterimpfungen zu zwingen, wäre unärztlich“, sagte KBV-Chef Dr. Andreas Gassen dazu der Bild.
Der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion Tino Sorge (CDU) sieht Menschen „faktisch zur Viert- oder gar Fünftimpfung gedrängt“.
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Aschenberg-Dugnus: Änderungen nicht ausgeschlossen
Die FDP-Politikerin Christine-Aschenberg Dugnus orakelte, Änderungen seien nicht ausgeschlossen. NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) sieht einen Vorteil darin, dass der Entwurf den Ländern ermögliche, Maskenpflichten in Innenräumen zu verhängen. Mecklenburg-Vorpommerns Gesundheitsministerin Stefanie Drese (SPD) bezeichnete es als wichtig, dass die Länder die Möglichkeit erhalten sollen, bestimmte Maßnahmen schnell auszuweiten, falls sich das Pandemiegeschehen verschärfe. Mehrere Landespolitiker forderten, im Gesetzestext die Kriterien zu verankern, ab welchen Schwellenwerten die Länder zum Handeln aufgerufen seien.
Hier hält sich der Entwurfstext mit Neuem stark zurück. Indikatoren seien das Abwassermonitoring (neu), die Sieben-Tage-Inzidenz, die RKI-Surveillance-Systeme für respiratorische Atemwegserkrankungen, die Krankenhausaufnahmen wegen COVID innerhalb von sieben Tagen und verfügbaren stationären Versorgungskapazitäten. (af)