Demografische Entwicklung

Bericht: Deutsche Staatsfinanzen auf Dauer nicht tragfähig

Ist Deutschland gut auf eine alternde Bevölkerung vorbereitet? Aus finanzieller Sicht nicht, zeigt ein Bericht aus dem Bundesfinanzministerium. Die demografieabhängigen Ausgaben für Gesundheit und Pflege werden stark steigen.

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Stift tippt auf Taschenrechner.

Aktuell ist etwa jede fünfte Person in Deutschland älter als 66 Jahre, im Jahr 2070 könnte es fast jede dritte sein. Das stellt den Staat vor erhebliche finanzielle Probleme.

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Berlin. Ohne politisches Gegensteuern drohen die deutschen Staatsfinanzen nach Expertenmeinung langfristig aus dem Ruder zu laufen. Deutschland sei finanziell wieder schlechter auf das Altern der Gesellschaft vorbereitet, heißt es im aktuellen Tragfähigkeitsbericht des Finanzministeriums, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Im Haus von Minister Christian Lindner (FDP) versteht man das als Appell für tiefgreifende strukturelle Reformen.

Der Tragfähigkeitsbericht gilt als Frühwarnsystem für die Staatsfinanzen. Er zeigt, welche Folgen die Alterung der Gesellschaft für die Staatsfinanzen hat – weitere Belastungen wie der Klimawandel und mögliche künftige Krisen werden dabei außen vor gelassen. Der Bericht wird auf Grundlage eines Gutachtens externer Wissenschaftler einmal pro Legislaturperiode vom Finanzministerium erstellt. Die Modellrechnungen sind rein hypothetisch und gehen davon aus, dass sich die Politik nicht ändert.

Bericht liegt am 20. März dem Bundeskabinett vor

Am 20. März soll der neue Bericht dem Kabinett vorgelegt werden. Er geht von einer deutlich alternden Bevölkerung aus. Heute sei etwa jede fünfte Person in Deutschland älter als 66 Jahre, im Jahr 2070 könnte es fast jede dritte sein.

Das stellt den Staat vor erhebliche finanzielle Probleme: Weil weniger Bürger arbeiten, nimmt er weniger Steuern ein. Gleiches gilt für die Beiträge der Sozialversicherungen. Gleichzeitig erhalten aber mehr Bürger Leistungen zum Beispiel aus der Renten- und Pflegeversicherung. Die demografieabhängigen Ausgaben zum Beispiel für Rente, Gesundheit, Pflege und Familie könnten laut Bericht im besten Szenario von aktuell 27,3 Prozent der Wirtschaftsleistung auf 30,8 Prozent steigen – unter ungünstigen Bedingungen könnten sie sogar auf 36,1 Prozent klettern.

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Die für das Jahr 2070 ermittelte „Tragfähigkeitslücke“ beträgt unter günstigen Annahmen 1,6 Prozent der Wirtschaftsleistung – bei einem pessimistischen Szenario 4,7 Prozent. Gemessen am aktuellen Bruttoinlandsprodukt müsste der Staat also zwischen 66 und gut 194 Milliarden Euro weniger ausgeben oder mehr einnehmen. Dabei setzen die Experten voraus, dass Deutschland beim Schuldenstand die Maastricht-Quote von 60 Prozent des BIP anpeilt.

Lindner kann die Ergebnisse des Berichts als Votum für die Schuldenbremse sehen

Die Einhaltung der Schuldenbremse nicht vorausgesetzt, könnte die Schuldenquote bis zum Jahr 2070 der Projektion zufolge im ungünstigsten Szenario bis auf 345 Prozent des BIP steigen, im günstigen Szenario auf 140 Prozent. „Die Einhaltung der Schuldenregel würde über die Reduzierung der Schuldenstandsquote zur langfristigen Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen beitragen“, heißt es im Bericht.

Im Finanzministerium sieht man die Projektion als Bestätigung: Eine nachhaltige Entwicklung der Staatsfinanzen sei nur mit strukturellen Veränderungen möglich. Die Finanzierung der gesetzlichen Rente wie von der Ampel-Koalition geplant auf ein drittes Standbein, den Kapitalmarkt, zu stellen, sei dabei nur ein erster Schritt. Lindner hatte zuletzt auch dafür geworben, über eine längere Lebensarbeitszeit nachzudenken. Außerdem soll das Demografie-Problem durch die Zuwanderung von Fachkräften gemildert werden.

Lindner setzt außerdem auf ein besseres Wirtschaftswachstum. Er hat ein Sofortprogramm angekündigt, das eine „Wirtschaftswende“ einleiten und die Standortfaktoren der deutschen Wirtschaft verbessern soll. (dpa)

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