Empfehlungspapier des Bundesgesundheitsministeriums

Lauterbach will Homöopathie als Satzungsleistung streichen

Laut Plänen von Gesundheitsminister Lauterbach sollen Krankenkassen Homöopathie als Satzungsleistung nicht mehr anbieten können. Es fehle die wissenschaftliche Evidenz für die Behandlungen.

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Ein homöopathisches Globuli liegt auf einer Fingerkuppe

Ein homöopathisches Globuli liegt auf einer Fingerkuppe: Patienten sollen Plänen zufolge Homöopathie künftig nur noch über Zusatzversicherungen bekommen.

© Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Berlin. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will die Finanzierung homöopathischer Behandlungen durch die gesetzlichen Krankenkassen streichen. „Die Homöopathie ist eine Leistung, die keinen medizinischen Nutzen auf der Grundlage des wissenschaftlichen Sachstandes erbringt“, sagte der SPD-Politiker am Donnerstag vor Journalisten in Berlin. Deshalb solle eine solche Leistung auch nicht von den Kassen bezahlt werden. „Das können wir uns nicht leisten.“ Zuerst hatte der „Spiegel“ berichtet.

Lauterbach kündigte an, die Streichung der Homöopathie als Kassenleistung „in Kürze“ gesetzlich umsetzen zu wollen. In welchem Gesetzesvorhaben dies geschehen solle, stehe aber noch nicht fest. Um eine Leistungskürzung handele es sich dabei nicht, betonte Lauterbach. „Eine wirkungslose Versorgung ist in dem Sinne keine Leistung, zumindest keine Leistungskürzung, es ist nur eine Vergütungskürzung.“

Ausgaben zwischen 20 und 50 Millionen Euro

Es handele sich auch nicht um große Beträge – die Schätzungen für Ausgaben im Bereich homöopathischer Behandlungen bewegten sich schätzungsweise zwischen 20 und 50 Millionen Euro pro Jahr. „Hier geht es nicht ums Geld, sondern um das Prinzip.“ Und das bestehe darin, dass Grundlage jedweder Vergütung der wissenschaftliche Sachstand sein müsse. Alles andere müsse der Versicherte selber bezahlen oder über Zusatzversicherungen abdecken.

Laut einem Empfehlungspapier des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) zu möglichen Einsparungen in der GKV heißt es, soll die Möglichkeit der Kassen gestrichen werden, homöopathische und anthroposophische Behandlungen als sogenannte Satzungsleistungen anzubieten. Auf diese Weise sollten „unnötige Ausgaben der Krankenkassen vermieden“ werden. Zusatzversicherungen sollen aber weiterhin möglich sein. Das Empfehlungspapier, das der Ärzte Zeitung vorliegt, wurde vom BMG an andere Ministerien verschickt.

Wie reagieren die Grünen?

Aus der FDP kam Zuspruch für die Pläne. „Es ist ein richtiger Schritt, dass der Gesundheitsminister homöopathische Mittel aus den Leistungen der Krankenkassen entfernen will. Dies entspricht einem evidenzbasierten Ansatz in der Medizin“, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion der Liberalen, Professor Andrew Ullmann. Um die GKV zu stabilisieren, brauche es aber weitere Schritte – etwa in Richtung einer größeren Eigenverantwortung der Bürger.

Spannend dürfte sein, wie die Grünen auf das Vorhaben reagieren. Sie gelten traditionell als Befürworter homöopathischer Behandlungen. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Fraktion, Maria Klein-Schmeink, erklärte am Donnerstag lediglich, die starken Beitragssteigerungen bei etlichen mitgliederstarken Kassen zeigten, dass auch nach dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz weiter großer Bedarf für effizienzsteigernde Strukturreformen sowie eine nachhaltige Verbesserung der Einnahmen bestehe.

„Es geht nicht ums Geld, sondern um das Prinzip“

Lauterbach hatte bereits im Oktober 2022 gesagt, die Streichung von Homöopathie als Kassenleistung zu erwägen. „Obwohl die Homöopathie vom Ausgabenvolumen nicht bedeutsam ist, hat sie in einer wissenschaftsbasierten Gesundheitspolitik keinen Platz“, sagte er damals dem „Spiegel“. Dem Magazin zufolge würden durch die Maßnahme höchstens zehn Millionen Euro eingespart.

Aus der Musterweiterbildungsordnung war die Zusatzbezeichnung Homöopathie bereits 2022 entfernt worden. Viele Landesärztekammern sind dem gefolgt und haben die Zusatzbezeichnung in ihren Weiterbildungsordnungen gestrichen. (hom/dpa)

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Kommentare
Eckhard Stengel 12.01.202411:45 Uhr

Die Streichung von Homöopathie-Behandlungen als freiwillige Kassenleistung ist kurzsichtig. Es ist doch gar nicht so wichtig, ob Globuli eine eigenständige Wirkung jenseits des Placebo-Effekts entfalten oder nicht. Denn allein schon dieser Effekt ist hilfreich und rechtfertigt es, dass gesetzliche Krankenkassen freiwillig die Kosten übernehmen dürfen. Ich kenne kein anderes System, das so ausgeklügelt ist wie das homöopathische. Dadurch wirkt es auf Menschen, die sich darauf einlassen, besonders glaubwürdig und kann deshalb heilsame Kräfte entfalten.

Dr. Joseph Kuhn antwortete am 14.01.202408:33 Uhr

Herr Stengel, Sie haben völlig recht, der Placeboeffekt wirkt. Aber würden Sie dann auch empfehlen, astrologische Gesundheitsberatung durch die Krankenkassen finanzieren zu lassen? Oder Seancen für die Trauerbewältigung? Oder für von anderen Zweigen der Pharmaindustrie als Wundermittel beworbene neue Medikamente? Manchen hilft der Placeboeffekt sicher auch da.

Der Placeboeffekt ist in der Medizin immer im Spiel, auch bei Aspirin oder dem Entschluss, sich mehr zu bewegen. Darum kommt es für die Bewertung der Wirksamkeit eines Verfahrens auf die Wirksamkeit über Placebo hinaus an, egal ob es um Homöopathika geht oder um Antidepressiva. Es gibt keinerlei guten Grund, für die Homöopathie eine Ausnahmeregelung von der Anforderung zu machen, dass ihre Mittel den sonst üblichen Standards genügen müssen.

Für eine explizite Placebobehandlung hat die Bundesärztekammer im Übrigen schon vor Jahren Empfehlungen formuliert: https://www.aerzteblatt.de/archiv/77606/Stellungnahme-des-Wissenschaftlichen-Beirats-der-Bundesaerztekammer-Placebo-in-der-Medizin. Die sachkorrekte Aufklärung über den Placebocharakter eines Mittels gehört dazu.

Claus F. Dieterle 11.01.202422:09 Uhr

Häufig kommt es vor, dass Christen die Homöopathie ablehnen, weil sie unqualifizierte sekundäre Literatur lesen, statt primäre Quellen zu studieren. Hilfreich ist dabei die Dissertation von Jörg Große-Onnebrink: Der Gottesbegriff bei Samuel Hahnemann. Hahnemann bezeichnet Gott als Weltschöpfer, Schöpfer der Menschen, Schöpfer des Guten, gütiger Vater im Himmel usw. Hahnemann war davon überzeugt, dass Gott ihm die Einsicht für seine Homöopathie verlieh, er bezeichnete die Homöopathie als die große Gabe Gottes. Übrigens: In der Rezension eines Buches über Kindererziehung hält Hahnemann es für enorm wichtig, die Jugend auf die wahre Bestimmung des Menschen...die Annäherung an die Gottheit kräftig und innig aufmerksam zu machen und hinzuleiten. Auch der Dissertation entnommen.
Die Diss. ist auch als Buch erhältlich, zumindest antiquarisch oder über die Fernleihe einer Bücherei.

Und wer sich über die Anthroposophie informieren möchte, kann einen Einblick durch das Buch von Christiane Gratenau: Von Rudolf Steiner zu jesus Christus erlangen.

Andreas Hoffmann 11.01.202410:52 Uhr

Tatsächlich mal eine zielführende Idee aus diesem Ministerium! Warum es nur um die Homöopathie beim Streichen gehen soll, erschließt sich mir jedoch nicht, gibt es doch viel mehr Leistungen der GKV, die dem Wirtschaftlichkeitsgebot des SGB widersprechen. Das Streichen dieser oft als Wahlgeschenke eingeführten Leistungen würde eine deutliche Senkung der Beitragssätze ermöglichen - leider gewinnt man damit als Politiker keine Beliebtheitspunkte. Insofern wäre KL doch der Richtige dafür, unbeliebter kann er schließlich nicht werden!

Andreas Hoffmann antwortete am 11.01.202419:33 Uhr

Herr Bayer, Sie haben Recht. Ich auch. Weil wir zwei verschiedene Dinge betrachten. Sie fragen, wie kann man gute Versorgung machen. Ich frage, wie kann KL das marode Haus GKV am besten mit ein paar Farben aufhübschen und seinem Traum vom supereffizienten deutschen NHS einen Schritt näher kommen. Was anderes sind seine „Ideen“ nicht, wenn wir also Satzungsleistungen nicht mehr den Kassen überlassen sondern politisch vorgeben (der nächste Schritt zur Einheitskasse), dann können wir gleich noch mehr streichen und in Richtung Steuerzahler verlagern (der nächste Schritt in Richtung steuerfinanziertes NHS). Aber gerne noch zum MRT: Defensivmedizin, Anspruchsdenken und Zeitdruck sind drei Worte, die mir spontan dazu einfallen. Keine guten Argumente, zugegeben, aber bittere Realität.

Dr. Karlheinz Bayer antwortete am 11.01.202416:28 Uhr


Was darauf hinausliefe, daß z.B. für einen Andreas Hoffmann mehr Geld zur Verfügung wäre?
Sie stellen Leistungen, die dem Wirtschaftlichkeitsgebot widersprechen, in den Raum. Da nenne ich ganz zu Oberst die MRT-Verordnungen.
Ein befreundeter Röntgenarzt sagt immer wieder, er könne gute von schlechten Ärzten unterscheiden.
Der Gute untersucht 10 Minuten und gibt dann eine Spritze, einen Verband, oder wenigsten ein bißchen Homöopathie. Der Schlechte liest die Chipkarte ein, überweist zu einem MRT und sagt, wir sehen uns dann in 2 Wochen wieder.

Konkret, Herr Hoffmann,
auch wenn das eine zu pauschale Aussage sein mag, aber die Homöopathen hören zumindest meist zu und untersuchen.
Das ist meine Erfahrung als durch-und-durch Schulmediziner. Und ich habe nichts gegen die MRTs, aber mal ehrlich, MRT-Anforderungen ohne begründten Anlaß, das sind doch die wahren Beitragsvernichter, neben eben solchen sinn los veranlassten Laboruntersuchungen.

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