Corona-Debatte
Isolierung und Quarantäne sind zu unterscheiden
Quarantäne oder Isolierung? Die Fachbegriffe werden in der politischen Diskussion munter durcheinandergeworfen. Das Gesundheitsministerium versucht, Klarheit zu schaffen.
Veröffentlicht:Berlin. 14 Tage, zehn oder doch nur fünf? Um die Dauer der Quarantäne in der Folge von Kontakten mit Infizierten ist eine Debatte entbrannt. Gesundheitspolitiker aus mehreren Fraktionen forderten, die Quarantänezeit zu verkürzen.
Eine kürzere Quarantänedauer scheint bei Gedankenspielen im Gesundheitsministerium tatsächlich eine Rolle zu spielen. Beim Robert Koch-Institut (RKI) wird derzeit der Wissensstand zur Infektiosität bei einer Infektion mit dem neuartigen Corona-Virus erhoben. Das teilte das Institut auf Anfrage mit.
Drosten wird missverstanden
Auslöser der Forderungen aus der Politik waren Äußerungen des Charité-Virologen Professor Christian Drosten. Der Wissenschaftler hatte per Kurznachrichtendienst Twitter angeregt, die Phase der Isolierung von mit dem neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 infizierten und infektiösen Menschen von derzeit zehn auf fünf Tage zu verkürzen.
Dies sei unter bestimmten Bedingungen möglich, zum Beispiel wenn man Cluster als Ganzes für diesen Zeitraum isoliere. In einem Podcast sprach Drosten zudem davon, dass er mit diesem Vorschlag „bis an die Schmerzgrenze der Epidemiologie“ gehe.
Isolierung und Quarantäne geraten durcheinander. Mein Vorschlag ist Reduktion der Isolierungszeit. Wenn man Cluster als Ganzes isoliert, dann kurz (z.B. 5 Tage) und mit Freitestung auf Restinfektiosität. Dies heißt im #ZEIT-Beitrag "Abklingzeit", weder Isolierung noch Quarantäne. https://t.co/8BdeJv4vS6
— Christian Drosten (@c_drosten) September 4, 2020
Medien und Politiker aus mehreren Fraktionen sprangen prompt darauf an und forderten eine Verkürzung der von der Isolierung allerdings zu unterscheidenden bislang 14-tägigen Quarantänezeit auf fünf Tage.
Der Quarantänepflicht unterliegen auch nicht infizierte Menschen. Sie wird vom zuständigen Gesundheitsamt angeordnet, zum Beispiel wenn jemand aus einem Risikogebiet einreist oder wenn über die Corona-App ein hinreichend langer Kontakt mit einer infizierten Person gemeldet wird.
Quarantäneregeln modifiziert
Bund und Länder haben Ende August die Quarantäneregelungen modifiziert. Ab 1. Oktober zum Beispiel sollen Einreisende aus Risikogebieten sich erst nach fünf Tagen in Quarantäne testen lassen können. Fällt der Test negativ aus, können sie die „Selbstisolation“ beenden.
Den Zeitraum von fünf Tagen verwendete auch der SPD-Gesundheitspolitiker Professor Karl Lauterbach. Die allermeisten Menschen seien fünf Tage nach Auftreten der Symptome nicht mehr ansteckend, auch wenn der PCR-Test noch ein positives Ergebnis ausweise, sagte Lauterbach der „Welt“.
Genau. Ich spreche von „5 Tagen nach Symptombeginn“. Danach ist man meistens nicht mehr ansteckend. Streng genommen ist diese Quarantäne eine Isolierung des Kranken. Jemand, der einen Kontakt hatte, braucht 10 Tage Quarantäne. Weil seine Inkubationszeit von 5 Tagen dazu kommt. https://t.co/eVBV7yHQ9b
— Karl Lauterbach (@Karl_Lauterbach) September 4, 2020
Nachdem weitere Politiker der fünftägigen Quarantäne das Wort redeten, sah sich das Gesundheitsministerium am Freitagvormittag genötigt, eine Klarstellung zu verbreiten: Drosten habe nicht gefordert, die Quarantäne von Menschen, die Kontakt zu Infizierten hatten, auf fünf Tage zu verkürzen. Diese Nachricht sei falsch. Es müsse klar unterschieden werden zwischen Quarantäne und Isolierung.
Peilt Spahn zehn Tage an?
Die Vorschläge Drostens zur Isolierung würden selbstverständlich vom Ministerium und dem Robert Koch-Institut aufgenommen und überprüft, meldete ein Sprecher Spahns.
Aktuellen Informationen aus Regierungskreisen zufolge soll Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) tatsächlich mit einer Verkürzung der Quarantänezeit von 14 auf zehn Tage liebäugeln. Darüber wolle er mit den Gesundheitsministern der Länder beraten. (af)