Pandemie

Corona-Impfen in Praxen steht und fällt mit Liefermengen

Kanzlerin Merkel und die Länderchefs wollen am 17. März über das regelhafte Corona-Impfen in Praxen entscheiden. Gesundheitsminister Spahn sieht allerdings noch eine logistische Herausforderung.

Thomas HommelVon Thomas Hommel Veröffentlicht:
Weiterhin angespannte Lage: Gesundheitsminister Jens Spahn (r.), RKI-Chef Professor Lothar Wieler und Anke Richter-Scheer vom Hausärzteverband Westfalen berichten am Freitag zur aktuellen Corona-Lage.

Weiterhin angespannte Lage: Gesundheitsminister Jens Spahn (r.), RKI-Chef Professor Lothar Wieler und Anke Richter-Scheer vom Hausärzteverband Westfalen berichten am Freitag zur aktuellen Corona-Lage.

© Kay Nietfeld/dpa

Berlin. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat bekräftigt, die Praxen rasch in die Corona-Impfkampagne einbinden zu wollen. „Was noch Modell ist, soll die Regel werden.“ Dies sei jedoch immer mit dem Hinweis zu versehen: „Wenn die Lieferungen wie zugesagt erfolgen“, sagte der CDU-Politiker am Freitag.

Länder und Kommunen wollten die Impfzentren weiterlaufen lassen, sagte Spahn. Aktuell gebe es noch nicht genügend Impfstoffe, um alle Zentren und parallel alle Arztpraxen damit zu versorgen. Der „Wechsel in die Praxen“ müsse dennoch zügig gelingen, da dies „Grundstein“ sei, „um deutlich an Geschwindigkeit gewinnen zu können“. Schon jetzt seien Praxen in vielen Bundesländern am Impfen beteiligt. „Sodass das jetzt ein fließender Übergang ist.“

Spätestens ab dem 19. April Praxen einbinden

Laut Empfehlung der Gesundheitsministerkonferenz der Länder sollen Corona-Impfungen „frühestmöglich“, spätestens aber ab dem 19. April in größerem Umfang in Praxen stattfinden. Regierungssprecher Steffen Seibert teilte am Freitag mit, Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Länderchefs wollten am 17. März über den Impfbeginn in Praxen beraten. Es gelte, den Impfstoff „schnellstmöglich“ in einer Kombination aus Impfzentren und Hausärzten an die Bürger zu verimpfen.

Wenn regelhaft in Praxen geimpft werde, gehe es auch um logistische Fragen, da mit einem Schlag bis zu 70.000 Praxen loslegen könnten, betonte Spahn. „Dieser Schritt ist ein sehr, sehr großer.“ Wenn mehr Impfdosen „als erwartet früher kommen sollte, werden wir den Schritt auch früher gehen können“. „Wir können sehr schnell impfen“, betonte Anke Richter-Scheer, Vorstandsmitglied im Hausärzteverband Westfalen-Lippe und Leiterin des Impfzentrums im Kreis Minden-Lübbecke. Praxen sollten nicht erst Mitte April, sondern Anfang April regelhaft impfen.

Größere Berufsgruppen könnten die Praxen aber nicht impfen, so Richter-Scheer. An ihrem Impfzentrum sei aktuell eine Berufsgruppe mit über 380 Personen binnen einer Woche zu immunisieren. „Da wüsste ich nicht, wie ich das in einer Hausarztpraxis unterbringen sollte.“ Dennoch müssten Hausarztpraxen „so schnell wie möglich mit ans Impfen kommen“.

Die Einbindung der Praxen sei auch nötig, weil mehr chronische Kranke beim Impfen drankämen, so Richter-Scheer. Diese bräuchten ein qualifiziertes Zeugnis des Hausarztes. „Dann kann man aber auch fragen: Warum impfen wir nicht gleich selber?“

Dokumentation eindampfen

Der Dokumentationsprozess bei der Corona-Impfung sei bisherigen Impfungen anzugleichen, forderte die Hausärztin. Das bedeute etwa, dass Aufklärungs- und Einwilligungsbögen nicht mehr vom Arzt gegengezeichnet werden müssten. „Das wäre schon mal ein gewaltiger Fortschritt.“

Spahn wies darauf hin, die Dokumentation in der Praxis liege mit Blick auf mögliche Haftungsfragen in der Verantwortung des Arztes. „Wenn der Arzt entscheidet, das geht ohne schriftliche Bestätigung, dann ist das in Ordnung.“ In den Impfzentren sei die Situation eine andere.

Der CDU-Gesundheitspolitiker Alexander Krauß mahnte eine schnelle Impfung durch Hausärzte an. „Wenn damit erst im Mai begonnen werden soll, ist das viel zu spät“, sagte Krauß am Freitag. Die Hausärzte wüssten am besten, welche Patienten eine Impfung am schnellsten benötigten.

„Jeder verlangt jetzt Pragmatismus beim Impfen. Aber es fehlt glatt der Impfstoff“, gab dagegen der SPD-Gesundheitspolitiker Professor Karl Lauterbach via Kurznachrichtendienst Twitter zu bedenken.

Wieler: Letztes Marathon-Drittel

RKI-Chef Professor Lothar Wieler erklärte, Deutschland stehe am Anfang der dritten Welle.“ Impfungen wiesen den Weg aus der Pandemie. Es sei daher gut, Ärzte einzubinden.

Alarmierend sei, dass es mehr Ausbrüche in Kitas gebe. Ursache könne die ansteckendere Mutante B.1.1.7 sein. „Wir laufen einen Marathon und befinden uns im letzten Drittel.“ Dieses Drittel sei aber bekanntlich der anstrengendste Abschnitt.

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