SARS-CoV-2

Corona-Impfpflicht: Kassen erteilen Ruf nach Kontrolle klare Absage

Wie ließe sich eine allgemeine COVID-19-Impfpflicht ohne monströses Register kontrollieren? Bundestagsabgeordnete bringen dafür ein Online-Portal der Kassen ins Spiel. Deren Antwort fällt eindeutig aus.

Thomas HommelVon Thomas Hommel Veröffentlicht:
Allgemeine Corona-Impfpflicht: Pieks und viele Fragen.

Allgemeine Corona-Impfpflicht: Pieks und viele Fragen.

© Klaus-Dieter Esser / agrarmotive

Berlin. Krankenkassen haben ihre aktive Rolle in der laufenden Corona-Impfkampagne bekräftigt. Sie sehen diese aber auf Information und Beratung der 73 Millionen gesetzlich Versicherten in Deutschland beschränkt. „Die Durchsetzung und Kontrolle einer eventuellen gesetzlichen Impfpflicht wären dagegen Aufgabe des Staates“, betonte der Sprecher des GKV-Spitzenverbands, Florian Lanz, am Donnerstag auf Anfrage der Ärzte Zeitung.

Lanz reagierte damit auf Überlegungen innerhalb der Ampel-Koalition, eine Abfrage des Impfstatus über die Krankenkassen laufen zu lassen.

Durchsetzung und Kontrolle einer eventuellen gesetzlichen Impfpflicht wären Aufgabe des Staates.

Florian Lanz, Sprecher des GKV-Spitzenverbands

„Wollen informieren und beraten“

Auf Ablehnung stieß der Vorschlag auch beim Verband der Ersatzkassen und beim AOK-Bundesverband. Wenn die Kassen ihre Versicherten über ein mögliches neues Corona-Impfgesetz, dessen Abläufe und Beratungsangebote aktiv informieren sollten, entspreche das dem ihnen zugewiesenen Aufklärungsauftrag, sagte ein AOK-Sprecher auf Anfrage. Die angedachte Abfrage, Speicherung und womöglich Weiterleitung des persönlichen Impfstatus durch die Kassen gehe aber zu weit. Das sei Teil der Durchsetzung einer allgemeinen Impfpflicht und liege daher in staatlicher Verantwortung.

Der Sprecher wies zugleich daraufhin, dass der zuletzt von der AOK und anderen Kassen gemachte Vorschlag einer Verknüpfung der Corona-Impfdaten mit den Routinedaten der Kassen auf eine verbesserte Impfsurveillance ziele. Der Vorschlag sei daher „unabhängig“ von einer möglichen Impfpflicht-Einführung und -Durchsetzung zu diskutieren.

Die Debatte über die mögliche Einführung einer allgemeinen Corona-Impfpflicht wird aktuell mit Hochdruck geführt. Der Bundestag hatte dazu kürzlich eine Orientierungsdebatte geführt. Aktuell zeichnen sich drei Gesetzesanträge ab – darunter einer gegen eine Impfpflicht und einer für einen Mittelweg aus verpflichtender Beratung und obligatorischem Impfnachweis ab einem Alter von 50.

Ein von mehreren Ampel-Politikern initiierter Vorstoß für eine Impfpflicht ab 18 Jahren sieht unter anderem vor, den Krankenkassen eine Art Impfportal zur Verfügung zu stellen.

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Auf diesem sollen die Kassen die Impfnachweise ihrer Versicherten datensparsam und datengeschützt sammeln können. Wer den Nachweis nicht erbringt, soll dem Vorschlag zufolge mit einem Bußgeld bestraft werden. Allerdings soll das Bußgeld mit einer Impfung oder einem nachholenden Nacweis abgewendet werden können.

Impfregister wäre unrealistisch

In einem Gastbeitrag für die Ärzte Zeitung schreibt eine der Initiatoren des Antrags, die SPD-Gesundheitspolitikerin Heike Baehrens, es sei unrealistisch, „jetzt in der Kürze der Zeit“ ein eigenständiges Impfregister datenschutzsicher und umfassend umzusetzen. „Deshalb prüfen wir momentan andere Optionen, zum Beispiel eine Abfrage des Impfstatus über die Krankenkassen.“

Das, so Baehrens weiter, solle nicht nur der „Kontrollierbarkeit der Impfpflicht“ dienen, sondern vor allem auch eine gezielte Ansprache derjenigen ermöglichen, die ungeimpft seien.

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 10.02.202219:35 Uhr

Es gibt in Deutschland eine Dienst-, Fach- und Rechtsaufsicht bei Atomaufsichtsbehörden, Banken- und Finanzaufsicht (BaFin),
Bauaufsicht, Börsenaufsicht, Gewerbeaufsicht, Kommunalaufsicht, Medikamentenaufsicht (BfarM), Schulaufsicht. Einige dieser Behörden greifen auch mittels Marktregulierung in die Marktentwicklung ein, so z.B. die Bundes-Netzagentur. Supranational tätig sind beispielsweise die Europäische Bankenaufsichtsbehörde oder die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung.

Jetzt soll auch noch eine Impf-Aufsichtsbehörde hinzukommen: Und die Traumtänzer der Ampel-Koalition haben sich für diese Aufgabe ebenso vereinfachend-delegierend wie überbürokratisierend-unpraktisch die Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) ausgeguckt.

Naiv übersehen haben sie dabei, dass es knapp 100 GKV-Kassen mit verschiedenen Satzungen, Vorständen, Service-Angeboten für etwa 74 Millionen Versicherte in Deutschland gibt. Völlig vernachlässigt haben unsere Polit-Strategen die etwa 9 Millionen Privat-Krankenversicherten.

Gesetzliche Krankenkassen sind zwar Körperschaften Öffentlichen Rechts (KÖR), aber sie haben keine hoheitlichen Vollzugs- und Vollstreckungsrechte, ebenso wie z.B. Ordnungsämter nicht selbstständig Gerichtsverfahren durchführen.

„Die Durchsetzung und Kontrolle einer eventuellen gesetzlichen Impfpflicht wären dagegen Aufgabe des Staates“. Abfrage, Speicherung, Weiterleitung oder Pönalisierung des persönlichen Impfstatus durch die Kassen gehe zu weit und gefährde die informationelle Selbstbestimmung (BVerfG) bzw. die Schweigepflicht nach Paragraf 203 StGB. Durchsetzung und Vollzug einer allgemeinen Impfpflicht liege in staatlicher Verantwortung.

Ein Gesetzentwurf zum nationalen Impfregister ist „jetzt in der Kürze der Zeit“ nicht machbar und juristisch äußerst heikel. Auf ein nationales Krebsregister warten wir ja ach schon seit Jahrzehnten.

Mf+kG, Ihr Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

Christina Tschirner antwortete am 11.02.202213:40 Uhr

Sehr geehrter Herr Dr. Schätzler, ich staune immer wieder über Ihren Wissensfundus. Vielen Dank für Ihre unaufgeregten Analysen.
Herzliche Grüße
Christina Tschirner

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