Kostenfaktor Hygienepauschale

Corona sorgt bei PKV für Mehrausgaben in Milliardenhöhe

Hygienepauschale, Testeinrichtungen und Zusatzzahlungen für Kliniken: Corona-bedingte Leistungen haben die privaten Krankenversicherer in den vergangenen beiden Jahren insgesamt 2,8 Milliarden Euro gekostet.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Für niedergelassene Ärzte und Psychotherapeuten waren coronabedingte Hygieneausgaben ein enormer Kostentreiber. Die Ausgaben summierten sich insgesamt auf 906 Millionen Euro.

Für niedergelassene Ärzte und Psychotherapeuten waren coronabedingte Hygieneausgaben ein enormer Kostentreiber. Die Ausgaben summierten sich insgesamt auf 906 Millionen Euro.

© Photoboyko / Getty Images / iStock

Köln. Die privaten Krankenversicherer (PKV) haben in 2020 und 2021 insgesamt 2,8 Milliarden Euro für Corona-bedingte Zusatzleistungen ausgegeben. Das war deutlich mehr, als es ihrem zehnprozentigen Versichertenanteil entsprochen hätte, sagte der Direktor des PKV-Verbands Dr. Florian Reuther am Dienstag in einem Online-Pressegespräch. „Die PKV hat einen überproportionalen Anteil dazu geleistet, dass unser Gesundheitssystem funktioniert hat.“

Hochgerechnet auf die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) würden die PKV-Leistungen einem Betrag von rund 25 Milliarden Euro entsprechen, betonte Reuther. Die GKV habe aber deutlich geringere Zusatzbelastungen gemeldet.

Hinzu komme, dass an die gesetzlichen Krankenkassen zusätzliche Mittel aus dem Bundeshaushalt geflossen seien, denn die PKV habe keine Steuermittel erhalten. Die 2,8 Milliarden Euro seien ausschließlich aus eigenen Mitteln finanziert worden, das heißt aus den Beiträgen der Privatversicherten.

Kostenfaktor Hygienepauschale

Ein wichtiger Kostenpunkt war die Hygienepauschale im ambulanten Bereich. Allein bei niedergelassenen Ärzten und Psychotherapeuten summierten sich die Ausgaben in den beiden Jahren auf 906 Millionen Euro und auf 264 Millionen Euro für Zahnärzte. Hinzu kamen 78 Millionen Euro an Hygienepauschalen oder Zusatzentgelten für Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Hebammen und Heilpraktiker.

Der PKV-Verband hatte sich mit der Bundesärztekammer und der Bundeszahnärztekammer darauf verständigt, dass die Hygienepauschale für Ärzte und Zahnärzte Ende März 2022 ausläuft. Man werde sich vorher erneut zusammensetzen und die Lage beurteilen, sagte Reuther.

Er geht aber davon aus, dass es bei der Entscheidung bleibt. Der PKV-Verbandsdirektor verwies aber darauf, dass die in den Praxen inzwischen etablierten Hygienemaßnahmen weiterwirken werden.

870 Millionen für Kliniken

An die Krankenhäuser sind von der PKV 870 Millionen Euro an Pandemie-bedingten Zusatzzahlungen geflossen, 350 Millionen Euro an Pflegeeinrichtungen. Tests nach der Corona-Testverordnung haben die Branche 330 Millionen Euro gekostet.

Durch die Pandemie ist auf der anderen Seite eine Reihe von elektiven Leistungen ausgefallen oder verschoben worden. Das hat dazu geführt, dass sich die Leistungsausgaben der Branche trotz der hohen Zusatzbelastungen mit 2 Prozent nur moderat erhöht haben.

Bei den Ausgaben der PKV für Arzneimittel gab es im ersten Pandemie-Jahr 2020 keine Auffälligkeiten, berichtete der Leiter des Wissenschaftlichen Instituts der PKV (WIP) Dr. Frank Wild. Die Ausgaben erhöhten sich um 7 Prozent und lagen damit in einem vergleichbaren Umfang wie 2018 und 2019.

„Bei den Packungen gab es einen Rückgang um 1,5 Prozent“, sagte Wild. Das lag ausschließlich an den nicht-verschreibungspflichtigen Medikamenten. Bei ihnen verzeichnete die Branche einen Rückgang um 6,8 Prozent, während die verschreibungspflichtigen um 0,7 Prozent zulegten. Die Privatversicherer erstatten auch OTC-Präparate, wenn sie ärztlich verordnet werden.

Lockdowns durch Vorzieheffekte ausgeglichen

Das WIP hat analysiert, wie sich 2020 die Verordnungen bei den Indikationen Krebs, Herzerkrankungen, chronische Gastritis und psychiatrische Erkrankungen entwickelt haben. Ein zentrales Ergebnis: Die Auswirkungen des Lockdowns wurden durch Vorzieheffekte ausgeglichen.

Eine ganze Reihe von Patienten hat demnach im März größere Packungen als sonst verordnet bekommen oder mehrere Packungen. „Man sieht eine Versorgungskontinuität, die Versorgung der Menschen in Behandlung war gewährleistet“, betonte Wild.

Die Versorgung durch die Apotheken habe also funktioniert. Während es in vielen gesellschaftlichen Versorgungsbereichen Einbrüche durch die Pandemie gab, sind sie in der Arzneimittelversorgung ausgeblieben. „Gerade in Krisenzeiten ist es wichtig, dass wir uns auf bestimmte Dinge verlassen können.“ Daten für die Arzneimittelversorgung im Jahr 2021 liegen dem WIP noch nicht vor.

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