Deutschland
Debatte um Leihmutterschaften entbrannt
Geht es nach dem obersten Vertreter der Standesbeamten, sollten Leihmutterschaften in Deutschland nicht mehr tabu sein. Die Politiker sind dagegen.
Veröffentlicht:BERLIN. Der Fall eines behinderten Jungen, der von den "Bestelleltern" nicht bei der thailändischen Leihmutter abgeholt wurde, zieht Kreise auch in Deutschland.
Der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Standesbeamten, Jürgen Rast, hat aus humanitären Gründen für eine Legalisierung der Leihmutterschaft hierzulande plädiert. Wenn Leihmutterschaft, so Rest weiter, "zum Geschäft ausartet, dann ist es strikt abzulehnen".
In Deutschland ist die Vermittlung von Leihmüttern verboten, das Embryonenschutzgesetz verbietet es Ärzten zudem, Leihmutterschaften zu betreuen. Befürworter der strengen Regelungen in Deutschland argumentieren, Leihmutterschaft sei gar nicht anders zu denken denn als Geschäft.
Der CDU-Abgeordnete Hubert Hüppe verwies dazu auf im Internet verfügbare Verträge für Leihmutterschaften: "Leihmutter-Verträge behandeln nicht nur die bestellten Kinder als Ware, sondern nutzen die wirtschaftliche Situation im Ausland lebender Leihmütter aus." Hüppe regte eine Prüfung an, "ob im deutschen Recht ein Verbot ausländischer Leihmutterschaften verankert werden kann".
Im vorliegenden Fall soll die thailändische Leihmutter 10.000 Euro erhalten haben. Die australischen Eltern hätten das Kind mit Trisomie 21 und einem Herzfehler aber bei seiner leiblichen Mutter zurückgelassen.
Der SPD-Gesundheitsexperte Professor Karl Lauterbach sprach von einem "krassen Einzelfall". "Das hat für uns keine Bedeutung. Es sollte uns nicht zu einer Veränderung der Rechtslage veranlassen", sagte er den "Dortmunder Ruhr Nachrichten". Gleichlautend hatte sich zuvor der Vorsitzende des Bundestags-Familienausschusses, Paul Lehrieder (CSU) geäußert.
Dessen ungeachtet beschäftigen sich deutsche Standesbeamte bereits seit Jahren mit dem Thema Leihmutterschaft und fordern Änderungen im Familienrecht. Sie verweisen auf eine hohe Dunkelziffer von Fällen der Leihmutterschaft.Im deutschen Personenstandsgesetz sind in den Paragrafen 21 und 36 die Voraussetzungen einer Nachbeurkundung für eine im Ausland erfolgte Geburt eines deutschen Staatsangehörigen geregelt.
Vorgeschrieben ist dabei grundsätzlich die Eintragung "der Eltern"."Wunscheltern" eines von im Ausland von einer anderen Frau ausgetragenen Kindes wollten immer häufiger dieses in das deutsche Personenstandsregister eintragen lassen, hieß es 2012 bei einer Fachtagung des Bundesverbandes der Deutschen Standesbeamten im osthessischen Salzschlirf.
Viele Länder "großzügiger" bei Leihmutterschaften als Deutschland
Bisher müssten Standesbeamten eine solche Eintragung verweigern und auf den Ausweg einer Adoption verweisen. Zwar sei die Leihmutterschaft wie in Deutschland beispielsweise auch in Frankreich, Italien, Portugal, Norwegen, Österreich und er Schweiz verboten, wurde bei der Tagung berichtet.
Eine wachsende Zahl von Ländern sei demgegenüber "großzügiger" als das deutsche Recht. Genannt wurden bei der Tagung die Niederlande, Belgien, Großbritannien, Griechenland, Russland, Ukraine und weitere Nachfolgestaaten der Sowjetunion.
In mehreren der genannten Ländern ist die Leihmutterschaft vor allem dann geduldet, wenn sie unentgeltlich erfolgt.Legalisierung der Leihmutterschaft auch in Deutschland? Bei der Jahrestagung des Deutschen Ethikrats im Mai in Berlin zeigte sich die Juristin Ulrike Riedel skeptisch.
Riedel, die Mitglied des Ethikrats ist, warnte, eine Legalisierung der Leihmutterschaft würde tiefgreifende Änderungen im Abstammungsrecht und Familienrecht sowie im Staatsangehörigkeits- und Personenstandsrecht erforderlich machen.
Zudem müsste dann das Recht auf Kenntnis der biologischen Abstammung sowohl von der genetischen Mutter als auch von der Leihmutter geregelt werden, so Riedel. (fst, mit dpa-Material)