Dickes GKV-Plus
Der Griff nach dem Kassen-Schatz
Und wieder sind sie gestiegen: Die Rücklagen der Krankenkassen wachsen mehr und mehr - auf fast 22 Milliarden Euro. Der Gesundheitsminister pocht auf Prämien und will eigentlich die Praxisgebühr abschaffen - bloß seine Chefin bremst ihn.
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Wie in Entenhausen: Der Goldschatz der Krankenkassen weckt Begehrlichkeiten.
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BERLIN. Angesichts einer unverändert positiven Finanzwicklung hat Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) die gesetzlichen Krankenkassen aufgefordert, ihre Überschüsse für Prämienzahlungen an die Versicherten und für Leistungsverbesserungen zu verwenden.
Bahr: "Krankenkassen sind keine Sparkassen." Unterstützung erhält er vom gesundheitspolitischen Sprecher der Unionsfraktion, Jens Spahn.
Bei den Einzelkassen beläuft sich die Finanzreserve nun auf 12,8 Milliarden Euro, beim Fonds auf neun Milliarden Euro.
Die Zahl der Kassen, deren Reserve die zulässige Grenze von 1,5 Monatsausgaben überschritten haben , ist laut BMG gestiegen.
Bahr führt die steigende Liquidität der GKV sowohl bei den Einzelkassen wie auch beim Gesundheitsfonds - auf die gute konjunkturelle Entwicklung, die Beschäftigungszuwächse sowie steigende Löhne und Renten zurück.
Ferner habe keine Regierung zuvor so spürbar die Arzneiausgaben senken können.
In den ersten sechs Monaten sind die Arzneimittelausgaben nach den BMG-Daten um 3,1 Prozent gestiegen; sie liegen aber um 560 Millionen Euro unter den Ausgaben des ersten Halbjahres 2010.
Fällt die Praxisgebühr?
Ursache dafür ist der im August 2010 von sechs auf 16 Prozent erhöhte gesetzliche Rabatt für Arzneimittel ohne Festbetrag. Ferner gilt ein Preismoratorium.
Das Bundesgesundheitsministerium bekräftigt aber, dass das bis Ende 2013 befristete Preismoratorium und der erhöhte Herstellerrabatt weiterhin erforderlich sind.
Schon seit Herbst vergangenen Jahres fordern die Arzneimittelhersteller unter Berufung auf die stabile GKV-Finanzlage eine Rücknahme des Rabatts.
Alle GKV-Leistungen zusammen steigen um 3,2 Prozent je Versicherten. Mit 2,1 Prozent war der Zuwachs bei ärztlichen Leistungen unterdurchschnittlich.
Die Zahl ist aber noch eine grobe Schätzung. Bei der stationären Versorgung (plus 3,4 Prozent) wirkt nach BMG-Angaben vor allem die Mengenentwicklung kostentreibend. Die Verwaltungskosten der Kassen sind hingegen nicht mehr gestiegen.
Gesundheitsminister Bahr hatte sich angesichts dieser Situation in der Vergangenheit wiederholt auch für die Abschaffung der Praxisgebühr ausgesprochen - zuletzt in einem Interview Ende August in der "Rheinischen Post".
Gegenwind kommt in dieser Frage allerding aus der Union und prominent von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Am Mittwoch hat sie entsprechende Pläne erneut zurückgewiesen.
Auf die Frage, ob sie an ihrer ablehnenden Haltung in diesem Punkt festhalte, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin: "Da gibt es keine Veränderung."
GKV-Überschuss erreicht 2,7 Milliarden Euro
Veränderung je GKV-Mitglied in Prozent 1. Halbjahr 2012 im Vergleich zum 1. Halbjahr 2011 | |
Leistungsausgaben insgesamt | 3,2 |
Ärztliche Behandlung | 2,1 |
Zahnbehandlung (kons.-chirurg.) | 2,1 |
Zahnersatz | - 0,2 |
Arznei- u. Verbandsmittel insgesamt | 3,1 |
Häusliche Krankenpflege | 9,5 |
Krankenhausbehandlung | 3,4 |
Krankheitsverhütung/soziale Dienste | - 1,8 |
Krankengeld | 6,9 |
Fahrkosten | 5,5 |
Kuren und Rehabilitation | 2,2 |
Früherkennungsmaßnahmen | - 3,3 |
Leistungen bei Schwangerschaft ohne stat. Entbindung | 3,3 |
Verwaltungskosten | - 0,1 |
Ausgaben insgesamt | 92.126 Mio. Euro |
Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds | 92.701 Mio. Euro |
Beitragseinnahmen vor dem 1.1.2009 | 666 Mio. Euro |
Übrige Einnahmen | 1.455 Mio. Euro |
Einnahmen insgesamt | 94.822 Mio. Euro |
Überschuss | 2.697 Mio. Euro |
Quelle: BMG/KV 45, Tabelle: Ärzte Zeitung |