SARS-CoV-2

Der Kampf um die Corona-Impfstoffe wird heftiger

Italien stoppt Vakzin-Lieferungen an Australien, Sputnik V vor der EU-Zulassung, Ärger um Israel-Reise zweier EU-Regierungschefs: Der Donnerstag brachte viel Entwicklungen rund um die COVID-19-Pandemie.

Von Detlef Drewes Veröffentlicht:
Modell eines Coronavirus.

Modell eines Coronavirus.

© peterschreiber.media / stock.adobe.com

Brüssel. Der Ton wird rauer in der EU. Am Donnerstag stoppte die Brüsseler Kommission erstmals den Export von Vakzinen an ein Nicht-EU-Land. Demnach verhinderten die italienischen Behörden die Ausfuhr von 250.000 Dosen des Impfstoffes von AstraZeneca nach Australien.

Offen blieb allerdings, warum der Export gestoppt wurde. Einen Zusammenhang mit den gekürzten Lieferungen für die EU, die AstraZeneca vorgenommen hatte, war zumindest zunächst nicht erkennbar. Wird das Ringen um die kostbaren Vakzine jetzt immer heftiger?

Dabei hatte der Tag eigentlich für die Gemeinschaft nicht schlecht angefangen: Am Mittag gab die Europäische Medizinagentur (EMA) in Amsterdam bekannt, dass nun das Rolling-Review-Verfahren für den russischen Impfstoff Sputnik V begonnen habe. Ab jetzt würden die Daten, die bei den Tests gewonnen werden, fortlaufend nach Amsterdam übermittelt, um möglichst schnell über eine EU-Zulassung zu entscheiden.

Wirklich glücklich zeigten sich Experten in Brüssel allerdings nicht. „Wir wissen zu wenig“, erklärte der CDU-Europa-Abgeordnete und Mediziner Peter Liese. Es sei weder bekannt, wie die Daten der klinischen Tests gewonnen wurden, noch wie viele Personen in die Versuchsreihen einbezogen waren. Ein echter „Game-Changer“ könne Sputnik V allerdings für Europa angesichts der knappen Produktionskapazitäten nicht werden. Derzeit reichten die Möglichkeiten nicht einmal für die Versorgung der eigenen Bevölkerung.

Vorbehalte gegen Sputnik V?

Der CDU-Europa-Parlamentarier Christian Ehler aus dem Forschungsausschuss des EU-Abgeordnetenhauses, warnte vor überhöhten Hoffnungen. Man wisse, dass das entwickelnde Gamaleja-Institut für Epidemiologie und Mikrobiologie „zum militärisch-industriellen Komplex“ gehöre und in enger Anbindung an das Verteidigungsministerium“ arbeite. Auch er verwies auf die „mangelnde Transparenz“ der wissenschaftlichen Grundlagen.

Insofern mochte keine allzu große Euphorie darüber aufkommen, dass nunmehr der siebte Impfstoff vor einer EU-Zulassung stehen könnte. Nach Biontech, Moderna und AstraZeneca wird am Donnerstag kommender Woche mit einer Entscheidung über den Antrag von Johnson&Johnson gerechnet. Im Mai und Juni dürften die Produkte von Novavax und CureVac auf den Markt kommen.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte beim Gipfeltreffen der 27 Staats- und Regierungschefs vor wenigen Tagen versprochen, bis September würden 1,1 Milliarden Impfdosen für die Europäer zur Verfügung stehen – genug für zwei Impfungen, die jeder Erwachsene in der EU brauche.

Immer mehr Regierungen gehen eigene Wege

Für Unmut sorgte am Donnerstag ein Besuch des österreichischen Bundeskanzlers Sebastian Kurz und der dänischen Ministerpräsidentin Mette Frederiksen beim israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu. „Das ist definitiv kein Verlassen des europäischen Wegs. Die Reise ist nicht gegen jemanden gerichtet, sondern ein Versuch, einen möglichst großen Beitrag zu leisten“, sagte der Premier aus Wien vor seiner Abreise.

Es gehe darum, internationale Kooperationen zu schmieden, damit man im Fall einer wegen der Mutanten notwendigen zweiten Impfwelle nicht nur auf die EU angewiesen sei.

Dennoch verhärtet sich der Eindruck, dass immer mehr Regierungen inzwischen eigene Wege gehen und die Impfallianz der Kommission unterlaufen werden könnte. Ungarn hat bereits Sputnik V bestellt und eine weitere Lieferung aus China geordert.

Der tschechische Ministerpräsident Andrej Babis lässt gerade eine vorgezogene Zulassung des russischen Vakzins prüfen. Kroatien wird wohl folgen. Österreich, Dänemark und Israel treffen sich seit Monaten mit Australien, Norwegen, Griechenland und Tschechien zu Videokonferenzen, die Kanzler Kurz „First Mover Group“ getauft hat.

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