Gesundheitswesen
Der ewige Ruf nach mehr Geld
Wie nehmen Außenstehende die Akteure im Gesundheitswesen wahr? Jens Bullerjahn, Finanzminister von Sachsen-Anhalt, lieferte auf dem Hamburger Gesundheitswirtschaftskongress eine wenig schmeichelhafte Beschreibung.
Veröffentlicht:HAMBURG. "Selbstgefälligkeit" hat Sachsen-Anhalts Finanzminister Jens Bullerjahn bei Entscheidungsträgern im Gesundheitswesen ausgemacht, die trotz begrenzter Mittel immer nur nach mehr Geld rufen, sich zugleich für Strukturveränderungen aber nicht aufgeschlossen zeigen.
Als "verkrustet" empfindet der SPD-Politiker die Lobby der Branche. "Wie viel Geld wär denn angenehm?", fragte der Finanzminister ironisch beim Hamburger Gesundheitswirtschaftskongress in die Runde, um selbst und diesmal ohne Ironie zu antworten: "Sie haben nicht verstanden: Da ist ein Deckel drauf."
Bei Verweigerung von zusätzlichen Mitteln nimmt Bullerjahn keine Diskussionskultur, sondern Drohungen mit öffentlichen Protesten wahr. Er appellierte an die Akteure, sich zusammen mit der Politik einer "ehrlichen Diskussion" über das, was im Gesundheitswesen finanziert werden muss, zu stellen.
"Es muss andere Lösungen geben als vor 20 Jahren", sagte Bullerjahn und gab all jenen zu denken, die ihre Branche für fortschrittlich halten.
Auch Rechtsanwalt Dr. Henning Schneider hatte kein Lob im Gepäck. Zu wenig Professionalität, zu viel Regionalität, einen fehlenden Blick über den Tellerrand und zersplitterte Strukturen hat der im Gesundheitswesen erfahrene Jurist ausgemacht.
Die ständigen Hinweise auf das vermeintlich überregulierte Gesundheitswesen hält Schneider für übertrieben. Andere Branchen hätten nicht mit weniger Regularien zu kämpfen.
E-Health mit Potenzial
Die Kritik prallte allerdings an den Branchengrößen weitgehend ab. Mehrfach war von der hervorragenden Versorgung, zugleich aber von einem angeblichen Ärztemangel die Rede. Wenn es um den stationären Sektor ging, wurde allgemein eine zu geringe Investitionsquote der Länder bemängelt.
Hamburgs Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks hält aber technisch und personell gut ausgestattete Einrichtungen für eine Voraussetzung, schlechte Qualität und Ressourcenverschwendung zu verhindern.
Der Stadtstaat gilt bei den Klinikinvestitionen als vorbildlich. Zugleich will Prüfer-Storcks eine weitere Konzentration von Leistungen erreichen. Einrichtungen mit geringen Fallzahlen hält sie nicht für geeignet. "Eine Gelegenheitsversorgung sollte es in Deutschland nicht geben", sagte sie auf dem Kongress.
Erhebliches Potenzial sieht sie bei Thema E-Health. In diesem Zusammenhang wünscht sie sich von den Ärzten, dass diese "offener werden".
Eine Gefahr sieht sie außerdem in zu komplizierten Systemen zur Patienten- und Datensicherheit. Kongressorganisator Professor Heinz Lohmann will unter etablierten Akteuren eine zunehmende Offenheit für die Chancen der "Internetmedizin" erkannt haben. Er erwartet, dass damit Ärzte und Pflegekräfte entlastet werden können. (di)