Falls Steuerzuschuss wegfällt

Der sozialen Pflegeversicherung droht eine finanzielle Schieflage

Trotz Corona erwirtschaftet die soziale Pflegeversicherung 2020 ein Plus – auch dank eines milliardenschweren Bundeszuschusses. Diese Finanzspritze sei weiterhin nötig, betonen Kassenvertreter.

Von Thomas Hommel Veröffentlicht:
Die Soziale Pflegeversicherung übernimmt auch gesamtgesellschaftliche Aufgaben wie die Rentenbeiträge von Pflegenden. Vielfach wird daher ein dauerhafter Steuerzuschuss des Bundes für die Pflegekassen angemahnt.

Die Soziale Pflegeversicherung übernimmt auch gesamtgesellschaftliche Aufgaben wie die Rentenbeiträge von Pflegenden. Vielfach wird daher ein dauerhafter Steuerzuschuss des Bundes für die Pflegekassen angemahnt.

© pusteflower9024 / stock.adobe.com

Berlin. Bange Blicke richten sich aktuell vor allem auf die künftige Finanzentwicklung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Dabei droht auch die kleine Schwester der GKV, die soziale Pflegeversicherung (SPV), in eine finanzielle Schieflage zu geraten.

Gesamteinnahmen von 50,6 Milliarden Euro standen laut GKV-Spitzenverband im vergangenen Jahr Gesamtausgaben von 49,1 Milliarden Euro gegenüber. Das Corona-Jahr 2020 konnten die Pflegekassen folglich mit einem positiven Rechnungsergebnis von 1,5 Milliarden Euro abschließen – auch dank eines in der gut 25-jährigen Geschichte der SPV erstmals gezahlten Bundeszuschusses in Höhe von 1,8 Milliarden Euro.

Rettungsschirm hat 1,8 Milliarden Euro gekostet

Der Löwenanteil der Leistungsausgaben der SPV entfiel laut Kassenverband auf Folgekosten der Coronavirus-Pandemie. Dabei gingen 1,8 Milliarden Euro auf den Rettungsschirm für Heime und Pflegedienste zurück, die sogenannte Coronaprämie für Altenpfleger schlug mit 900 Millionen Milliarden Euro zu Buche.

Minderausgaben habe es vor allem im Bereich der Tages- und Nachtpflege sowie der Kurzzeitpflege (zusammen minus 300 Millionen Euro) gegeben. Insgesamt könne somit von pandemiebedingten Mehrkosten für die SPV in Höhe von rund 2,4 Milliarden Euro gesprochen werden, teilte der Kassenverband mit.

Der Vorstandsvize des GKV-Spitzenverbands, Gernot Kiefer, forderte auch für das Jahr 2021 einen „verlässlichen“ Zuschuss des Bundes zur SPV. „Wir brauchen eine Entlastung für die Pflegeheimbewohner, stabile Beiträge für die Beitragszahler und eine bessere Vergütung für Pflegekräfte. Ohne verlässlichen Bundeszuschuss ist das nicht zu machen“, sagte Kiefer der „Ärzte Zeitung“.

Vertreter mehrerer Kassenarten richten ähnliche Appelle Richtung Politik. Der Chef des AOK-Bundesverbandes, Martin Litsch, fürchtet allein für das Jahr 2022 einen finanziellen Mehrbedarf in der Pflegeversicherung von 4,5 Milliarden Euro. Im Jahr 2023 könne sich der Mehrbedarf sogar auf fünf Milliarden Euro hochschaukeln, sagte Litsch der „Ärzte Zeitung“.

Steuerzuschuss nicht nach Haushaltslage

Dies habe aber nur bedingt mit pandemiebedingten Effekten zu tun, betonte Litsch. Es handele sich vielmehr um ein strukturelles Finanzierungsproblem. Insbesondere die Pflegeprävalenzen und die Maßnahmen für eine verbesserte Personalsituation in der Langzeitpflege schlügen zu Buche. Da die Pflegeversicherung „gesamtgesellschaftliche Aufgaben“ finanziere, sei die Einführung eines „zweckgebundenen Bundesbeitrages unbedingt erforderlich“.

Dieser Beitrag müsse eine solide Einnahmenquelle darstellen und dürfe sich nicht nach der Haushaltslage richten. „Deshalb muss der Bundesbeitrag verlässlich finanziert und regelmäßig dynamisiert werden“, forderte Litsch.

Der Vorsitzende des Verbandes der Ersatzkassen, Uwe Klemens, erinnert in diesem Zusammenhang auch an die Finanzwirkungen der geplanten Reform zur Begrenzung der Eigenanteile – die liegen im Bundesdurchschnitt bei 2068 Euro im Monat. Außer einem „dauerhaften Steuerzuschuss“ brauche es eine Beteiligung der privaten Pflegeversicherung am Solidarausgleich mit der SPV. Dadurch könne diese um rund zwei Milliarden Euro im Jahr entlastet werden, so Klemens.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2024

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Eine Sanduhr, durch die Geldstücke fall

© fotomek / stock.adobe.com

Tag der Privatmedizin 2024

Outsourcing: Mehr Zeit für Patienten!

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Buch mit sieben Siegeln oder edles Werk? KI-Idee einer in Leder eingebundenen neuen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ)

© KI-generiert mit ChatGPT 4o

Exklusiv Entwurf unter der Lupe

Das brächte Ihnen die neue GOÄ

Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

© Janssen-Cilag GmbH

Video

Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Höhen- oder Sturzflug?

© oatawa / stock.adobe.com

Zukunft Gesundheitswesen

Höhen- oder Sturzflug?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

© MQ-Illustrations / stock.adobe.com

Digitalisierung

Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
KI-Einsatz mit Robotern im Krankenhaus oder in der ambulanten Pflege? In Deutschland noch schwer vorstellbar. Aber vielleicht ist das dieZukunft. Ein Feld auch für die Geldanlage.

© sirisakboakaew / stock.adobe.com

Interview zum Thema Geldanlage

KI für Anleger: „Ich sollte verstehen, in was ich investiere“

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Deutscher Apotheker- und Ärztebank
Susanne Dubuisson, Product Leader in Health Tech beim E-Health-Unternehmen Doctolib.

© Calado - stock.adobe.com

Tools zur Mitarbeiterentlastung

Online-Termine gegen den Fachkräftemangel

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Angepasste Endpunkte, moderne Studiendesigns und ungelöste Herausforderungen

© metamorworks / Getty Images / iStock

Krebsmedizin auf neuen Wegen

Angepasste Endpunkte, moderne Studiendesigns und ungelöste Herausforderungen

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Pfizer Pharma GmbH, Berlin
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Praxisabgabe mit Hindernissen

Warum Kollege Gieseking nicht zum Ruhestand kommt

Lesetipps
Krankenkassen haben zum Jahreswechsel schlechte Botschaften für ihre Mitglieder: die Zusatzbeiträge steigen stark. Die Kritik an versäumten Reformen der Ampel-Koalition ist einhellig.

© Comugnero Silvana / stock.adobe.com

Update

62 Kassen im Beitragssatz-Check

Höhere Zusatzbeiträge: So teuer wird Ihre Krankenkasse 2025