Koalitionsstreit
Diabetesstrategie steht vor dem Scheitern
Die Koalition kommt beim nationalen Rahmenplan gegen Diabetes keinen Millimeter weiter. Die SPD macht deutlich, dass sie eine Strategie „light“ nicht mitträgt.
Veröffentlicht:Berlin. Der geplanten nationalen Diabetesstrategie droht das Aus. Ihre Fraktion werde keinen Rahmenplan zu Diabetes mittragen, der um den „ganz wichtigen Ernährungsteil“ auskommen solle, machte die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Bärbel Bas, am Mittwoch vor Journalisten in Berlin deutlich.
Union und SPD hatten in ihrem Koalitionsvertrag Anfang 2018 einen Rahmenplan zu Diabetes in Aussicht gestellt. Bereits im Sommer 2019 war die Umsetzung der Diabetesstrategie auf die Tagesordnung des Bundestags gesetzt worden. Wegen Differenzen in der Koalition war der Beschluss aber kurzfristig vertagt worden.
Strategie ohne Zuckerreduktion?
Laut Bas dreht sich der Streit vor allem um einen Passus im Entwurf, demzufolge der Zuckeranteil in Lebensmitteln für Kinder gesenkt werden soll. „Wir können uns einfach nicht vorstellen, diesen Passus zu streichen, weil dann ist es keine Diabetesstrategie mehr.“
Da die Unionsfraktion hier anderer Meinung sei und „blockiere“, liege das Vorhaben „auf Eis“, sagte Bas. Neue Gespräche mit dem Koalitionspartner seien derzeit nicht geplant. Gleichwohl hoffe sie, „dass der Gesprächsfaden noch einmal aufgegriffen wird“.
Auch die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Sabine Dittmar, nannte das Ziel einer Zuckerreduktion in Lebensmitteln für Kinder „essenziell“ für eine wirksame Diabetesstrategie. Dasselbe gelte für die Werbung von zuckerhaltigen Lebensmitteln für Kinder.
Zu dem seit Monaten diskutierten nationalen Diabetesplan besteht zwischen den Gesundheitspolitikern von CDU, CSU und SPD inzwischen weitestgehend Konsens. Widerstand kommt vor allem aus dem Ausschuss für Ernährung. Hier stehen Abgeordnete der Union bindenden Zielen im Ernährungskapitel des Strategieplans kritisch bis ablehnend gegenüber. Vor diesem Hintergrund war zuletzt ein um den Ernährungsteil ausgedünnter Rahmenplan ins Spiel gebracht worden.
Fassungslose Fachverbände
Der CDU-Gesundheitspolitiker Dietrich Monstadt hatte erklärt, ihm sei ein reduzierter Plan ohne Ernährungsabläufe wichtiger, als am Ende ganz ohne Plan dazustehen.
Fachverbände wie die Deutsche Diabetes Gesellschaft hatten zuletzt ungehalten auf die koalitionsinterne Hängepartie bei der Diabetesstrategie reagiert. Ein Rahmenplan dulde angesichts einer stark steigenden Zahl von Diabetespatienten keinen Aufschub.
Der von der Deutschen Diabetes Hilfe und der Deutschen Diabetes Gesellschaft herausgegebene „Gesundheitsbericht 2019“ schätzt die Zahl der mit Diabetes mellitus diagnostizierten Bundesbürger auf rund 7,5 Millionen. Hochrechnungen des Robert Koch-Instituts gehen davon aus, dass die Zahl der Diabetiker in den kommenden 20 Jahren auf über zwölf Millionen hochschnellen könnte. (hom)