Streit um Pflegegehälter
Diakonie verzichtet auf Beschluss zum Altenpflege-Tarifvertrag
Nach dem Beschluss der Caritas am Donnerstag sei ohnehin klar gewesen, dass der Tarifvertrag nicht auf die gesamte Pflegebranche ausgeweitet werden könne, so die Begründung. Die SPD reagiert mit Bedauern auf das Aus des Vorhabens.
Veröffentlicht:Berlin. Mit dem Negativ-Votum der Caritas waren die Würfel beim Tarifvertrag Altenpflege bereits am Donnerstag gefallen. Daher habe die Arbeitsrechtliche Kommission der Diakonie Deutschland am Freitag keinen Beschluss zur Ausdehnung des Tarifvertrags des Arbeitgeberverbands BVAP und der Gewerkschaft Verdi auf die gesamte Pflegebranche getroffen, teilte die Diakonie am späten Freitagnachmittag mit.
„Mit dem Beschluss der Arbeitsrechtlichen Kommission der Caritas war bereits klar, dass der Tarifvertrag von BVAP und Verdi nicht auf die gesamte Pflegebranche ausgeweitet wird“, sagte Diakonie-Präsident Ulrich Lilie. Für die Beschäftigten der Diakonie ändere sich ohnehin nichts. Für sie gelte weiter das kirchliche Tarifwerk. Das sehe „in aller Regel deutlich höhere Entgelte vor“ als die Vereinbarungen von BVAP und Verdi, betonte Lilie.
Ohne die Kirchen geht es nicht
Damit ist ein flächendeckender Tarifvertrag für die mehr als eine Million Beschäftigten in der Altenpflegebranche vorerst vom Tisch. Die Gehälter dort gelten als äußerst heterogen. Einen Mindestlohn für die Branche hatte die Politik 2020 verabschiedet.
Der von Verdi und BVAP geschlossene Tarifvertrag liegt gehaltsmäßig darüber und sollte nach dem Willen der beiden auf das gesamte Bundesgebiet erstreckt werden. Der Vertrag sieht unter anderem eine stufenweise Erhöhung der Stundenlöhne für ausgebildete Altenpflegekräfte bis auf 18,50 Euro im Jahr 2023 vor.
Dem Antrag auf Allgemeinverbindlichkeit des Tarifvertrags müssen laut Arbeitnehmerentsendegesetz beide kirchliche Träger zustimmen. Beide beschäftigen zusammen rund 300.000 Altenpflegekräfte.
Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte nach der Entscheidung der Caritas angekündigt, „alle Wege“ für höhere Pflegelöhne nutzen zu wollen. Private Pflegeanbieter-Verbände wie der AGVP hatten erleichtert auf das Votum der Caritas reagiert. Besser als ein Einheitstarifvertrag sei es, „maßgeschneiderte Verträge nach Ort und Lage“ abzuschließen.
SPD kündigt alternativen Weg an
Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Sabine Dittmar, und ihr Bundestagskollege Bernd Rützel reagierten am Freitag mit Bedauern auf das vorläufige Scheitern eines Altenpflege-Tarifvertrags. „Wir sind fassungslos: Ausgerechnet die kirchlichen Arbeitgeber haben mit ihrer Entscheidung einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag mit besseren Arbeitsbedingungen und Tariflöhnen in der Pflege verhindert.“
Der Arbeitsminister werde auf die neue Situation reagieren und die Pflegemindestlohnkommission einberufen. Auf diesem Wege könnten höhere Lohnuntergrenzen vereinbart werden. Das Pflegelöhneverbesserungsgesetz sehe dies explizit als Alternative vor, betonten beide SPD-Politiker.
Freilich: Die Zeit dafür ist knapp – im September wird ein neuer Bundestag gewählt. In jedem Fall dürfte das Thema Pflegegehälter im Wahlkampf eine Rolle spielen.