Kommentar
Die KBV ist nicht mehr Herrin des Geschehens
Es dürfte die letzte Warnung sein, die Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe über seinen Ministerialdirektor an die Vorsitzenden der Kassenärztlichen Bundesvereinigung verschicken ließ. In ungewöhnlich scharfer Form wird darin der KBV-Spitze ein Ultimatum gestellt. Entweder fasst die Vertreterversammlung am kommenden Montag die erforderlichen Beschlüsse in der Personalie Köhler sowie in der dubiosen Affäre um die Finanzierung der Immobilie am Herbert-Lewin-Platz in Berlin oder ein Staatskommissar wird auf Kosten der KBV eingesetzt.
Es ist der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat und das Ministerium zum Handeln gezwungen hat. Fast in jedem Satz des Abteilungsleiters kommt die Verärgerung zum Ausdruck, dass die KBV offenbar Absprachen und Fristsetzungen nicht eingehalten hat. Das war denn wohl doch zuviel. Erinnert sei in diesem Zusammenhang an den Streit zwischen Ministerium und KBV, als es Ende 2015 um die Umsetzung der gesetzlichen Vorgabe ging, wonach in den Gremien der Körperschaften Parität zwischen den Versorgungsebenen herzustellen ist.
Die VV hatte dies mehrfach abgelehnt und sich dafür prompt eine Ersatzvornahme eingehandelt - ohne aufschiebende Wirkung! Gestritten wird derzeit noch vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg. Auch im aktuellen Fall ist die Fristsetzung (23. Mai) ernst zu nehmen. Der Klageweg steht der KBV zwar offen, ohne aber Einfluss auf die Einsetzung eines Staatskommissars zu haben.
Die Situation ist verfahren und die KBV wird aus eigener Kraft diese Krise nicht bewältigen. Zu stark sind die Kräfte, die gegeneinander wirken - stellvertretend dafür steht der Dauerkonflikt zwischen den beiden Vorsitzenden Feldmann und Gassen. Eine letzte Chance, die Situation zu befrieden, wurde in den beiden Frühjahrstagungen der KBV vertan.
Wie sehr der Karren im Dreck steckt, zeigt ein Hinweis auf die "Gewährleistung der Funktionsfähigkeit". Hier stellt sich das BMG sogar vor die KBV-Mitarbeiter, die durch "gegenläufige Beschlüsse und Streitigkeiten über Zuständigkeiten" verunsichert seien. Dies sei zu beenden.
Ob mit oder ohne Staatskommissar stehen die Zeichen bei der KBV auf Veränderung. Dabei wird die große Koalition genau auszuloten haben, welche Handlungsspielräume sie der KBV in Zukunft noch überlassen will. Denn klar ist auch, dass die Aufsicht in den vergangenen Jahren ihre Pflicht allzu lax wahrgenommen hat. Das wird sich ändern.
Dabei gehört auch die 2005 eingeführte Hauptamtlichkeit, die zu mehr Professionalisierung führen sollte, auf den Prüfstand. Es mag zynisch klingen, aber vielleicht bringt ein Staatskommissar den ein oder anderen zur Besinnung.
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