Gesundheitsminister Gröhe
Diese Chancen bietet der Innovationsfonds
Neuer Schwung für die Digitalisierung: Das erhofft sich Gesundheitsminister Gröhe durch neue Modellprojekte. KBV-Chef Gassen appelliert jedoch: Dafür müssen die Hersteller in Sachen Medikationsplan ihre Preispolitik überdenken.
Veröffentlicht:BERLIN. Der mit 300 Millionen Euro jährlich ausgestattete Innovationsfonds wird "Schwung" in die Entwicklung neuer Versorgungsformen bringen und so auch die Digitalisierung voranbringen. Das betont Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU). "Neue digitale Verfahren zur Verbesserung der Patientenversorgung sollen Mauern einreißen und Brücken zwischen den Versorgungsbereichen bauen", schreibt er in einem Beitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (9. Januar).
29 Projekte zu neuen Versorgungsformen werden mit Mitteln aus dem Innovationsfonds gefördert; nicht nur die sechs explizit im Themenfeld "Telemedizin, Telematik und E-Health" aufgeführten Modellprojekte setzen dabei explizit auf digitale Unterstützung. So wird das Projekt "HerzEffekt MV" der Universität Rostock aus dem Themenfeld "Ländliche Gebiete" erproben, wie Herzpatienten auf dem Land einen leichteren Zugang zu Spezialisten bekommen. Ihre Daten werden zu Hause erhoben und über eine App an ein digitales Versorgungszentrum übermittelt. "So behalten alle Beteiligten den Überblick und können rasch eingreifen", so Gröhe.
Dass die Projekte des Innovationsfonds die digitale Vernetzung wirklich voranbringen, sieht Dr. Lutz Reum hingegen nur bedingt. "Das entscheidende Problem ist, dass viele Prozesse noch gar nicht entsprechend optimiert sind, damit die Digitalisierung greifen kann", sagt der Sprecher des Aktionskreises E-Health der Gesundheitswirtschaft Rhein-Main auf Anfrage der "Ärzte Zeitung". "So hat etwa jedes Krankenhaus schon irgendeine Form der digitalen Patientenakte. Aber diese kommt nicht auf der Station an, weil entsprechende Endgeräte – Smartphones oder Tablets – fehlen." Oft scheitere es bereits an dem nicht vorhandenen WLAN. "Hier muss ganz unabhängig vom Innovationsfonds investiert werden."
Das Bundesgesundheitsministerium hält am Zeitplan fest, dass die Digitalisierung Mitte 2018 in allen Praxen angekommen sein soll, wie eine Sprecherin auf Anfrage bestätigte.
Gröhe ruft Industrie, Wirtschaft und Krankenkassen zu einem engeren Austausch auf, um die Digitalisierung schneller zum Patienten zu bringen. Der Bundesverband Gesundheits-IT (bvitg) rügt an dieser Stelle: "Die Industrie hat ihre Hausaufgaben gemacht, aber regulatorische Rahmen und fehlende Anreizmechanismen hindern eine flächendeckende Implementierung digitaler Lösungen", erklärt Geschäftsführer Ekkehard Mittelstaedt. "Bestehende Defizite des in Sektoren denkenden Systems wird die Digitalisierung nicht alleine durch ihre technischen Möglichkeiten überwinden können."
KBV-Chef Dr. Andreas Gassen sieht das anders: Nachdem die KBV die digitale Umsetzung des Medikationsplans vorangebracht habe, könne es nun nicht sein, "dass so manches Unternehmen auf der Seite der Praxissoftwarehersteller viel Geld von den niedergelassenen Kollegen verlangt, die notwendigen Änderungen in die Praxis-Verwaltungs-Systeme einzupflegen". Gassen appellierte am Montag an die Hersteller, ihre Preispolitik im Falle des Medikationsplans zu überdenken.
Damit Patienten mit ihren Gesundheitsdaten verantwortungsvoll umgehen, ist laut Gröhe Gesundheitskompetenz nötig. Er fordert in diesem Zusammenhang ein "deutsches Gesundheitsportal".
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