Tabakprävention

EU-Kommission will mehr rauchfreie Zonen unter freiem Himmel

In Großbritannien neigen sich die Zeiten von der Kippe zum Pint vor dem Pub dem Ende zu. Die jüngsten Vorschläge aus der EU-Kommission klingen verdächtig ähnlich. Sie empfiehlt mehr rauchfreie Zonen.

Von Katrin Pribyl Veröffentlicht:
Rauchfreie Zonen soll es nach dem Willen der EU-Kommission künftig in Europa an mehr Stellen als bisher geben.

Rauchfreie Zonen soll es nach dem Willen der EU-Kommission künftig in Europa an mehr Stellen als bisher geben.

© [M] dpa-Zentralbild / dpa / picture alliance

Straßburg. Seit der unerfreulichen Geschichte mit dem Brexit eignen sich die Briten nur noch selten als Vorbild für die EU. In Brüssel vergisst und verzeiht man ihnen den Austritt nicht. Und doch scheinen sie in der Union genau verfolgt zu haben, welche Debatten auf der Insel in Sachen Rauchverbot laufen. Dort neigen sich die Zeiten von der Kippe zum Pint vor dem Pub dem Ende zu. Und die jüngsten Vorschläge aus der EU-Kommission klingen verdächtig ähnlich. An diesem Dienstag empfahl die Brüsseler Behörde den Mitgliedstaaten, rauchfreie Zonen unter freiem Himmel zu schaffen wie etwa auf Spielplätzen, in Vergnügungsparks und Schwimmbädern, an Haltestellen und Bahnhöfen wie auch in Außenbereichen von Gesundheits- und Bildungseinrichtungen oder öffentlichen Gebäuden. „Jedes Jahr verlieren in der EU 700.000 Menschen ihr Leben durch Tabakkonsum, darunter Zehntausende durch Passivrauchen“, sagte Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides in Straßburg bei der Vorstellung der Pläne.

Mit den strengeren Maßnahmen gehe es darum, die Öffentlichkeit und insbesondere Kinder und Jugendliche besser vor der Belastung durch Passivrauchen und Aerosole aus Produkten wie E-Zigaretten zu schützen. Gleichzeitig soll das Update die „Entnormalisierung des Konsums von herkömmlichen Tabakprodukten und neuen Produkten“ unterstützen und junge Menschen davon abhalten, zu rauchen oder nikotinabhängig zu werden.

EU-Kommission: Weiterer Schritt zur Generation Rauchfrei

Es ist ein weiterer Schritt auf dem Weg zum ehrgeizigen Ziel der Behörde, eine „Generation Rauchfrei“ zu schaffen. Bis 2040 sollen mit Hilfe des Europäischen Plans zur Krebsbekämpfung weniger als fünf Prozent der Bevölkerung Tabak konsumieren – und damit massiv weniger als im Vergleichsjahr 2021, als der Anteil der Raucher in der Union bei etwa 25 Prozent lag „Viele Krebserkrankungen und andere Krankheiten lassen sich durch einfache Änderungen unseres Lebensstils und unseres Umfelds vollständig verhindern“, sagte Vizekommissionspräsident Margaritis Schinas. Trotzdem, während sich die einen auf qualmfreie Abende im Biergarten freuen, fragen sich andere, wo das noch hinführen soll. Wird hier die Freiheit der Bürger verletzt? Bevormundet der Staat die Menschen mit übertriebener Vorsicht, harten Vorschriften und einem Eingriff in die Privatsphäre?

Auch wenn der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese es als „extrem sinnvoll“ bezeichnete, „dass wir auf allen Ebenen Maßnahmen beschließen, die die Menschen vor Tabakrauch schützen“, kritisierte er die Gleichstellung von E-Zigaretten mit den herkömmlichen Glimmstängeln. Die elektronischen Geräte seien „dann problematisch, wenn Menschen, insbesondere Kinder oder Jugendliche, zum Nikotinkonsum verführt werden“. Allerdings stellten sie für schwere Raucher, die ansonsten nicht aufhören können, „ein wichtiges Element“ dar, den Schaden und die Gefahren zu reduzieren, so der studierte Mediziner. „E-Zigaretten enthalten zwar Nikotin, was abhängig macht, aber alle anderen Stoffe im Zigarettenrauch, die eben die Schäden wie Krebs und Schlaganfall verursachen, sind in der E-Zigarette nicht enthalten.“

Verweis auf WHO-Einschätzung

Die EU-Kommission verwies dagegen auf Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO), laut denen sowohl Passivrauchen als auch Emissionen aus neu entstehenden Produkten erhebliche negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben können. Zu den Gesundheitsrisiken gehörten Lungenkrebs und chronische Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Schätzungen zufolge sind beispielsweise etwa neun Prozent aller Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Europa auf die Belastung durch Passivrauchen zurückzuführen, wie es von der Behörde hieß. Auch bei Menschen, die noch nie geraucht haben, könne das Passivrauchen das Gesamtkrebsrisiko um bis zu 16 Prozent erhöhen. Doch Liese schränkte ein, dass es WHO-Experten zufolge kein theoretisches Szenario gebe, nach dem E-Zigaretten genauso schädlich seien. „Ich hoffe, dass die Mitgliedstaaten hier nachbessern“, sagte der CDU-Politiker. Das Ziel der Kommission ist, dass die Empfehlungen in den nächsten Monaten im Rat angenommen werden, bevor die EU-Länder aufgerufen sind, sie umzusetzen.

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