Antimikrobielle Resistenzen

EU-Parlament: Weniger Antibiotika in Europa einsetzen!

Die Abgeordneten im EU-Parlament stimmen in einer Resolution dem von der Kommission vorgeschlagenen Ziel zu, den Gesamtverbrauch von Antibiotika in der EU bis zum Jahr 2030 um 20 Prozent zu senken.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:
Antimikrobielle Resistenzen: Dagegen wünscht sich das EU-Parlament mehr Engagement.

Antimikrobielle Resistenzen: Dagegen wünscht sich das EU-Parlament mehr Engagement.

© Z6944 Sascha Steinach / ZB / picture alliance

Brüssel. Am Donnerstag hat das Europäische Parlament in Brüssel mit großer Mehrheit einen Vorschlag für eine Entschließung zu EU-Maßnahmen zur Bekämpfung der Resistenz gegen antimikrobielle Mittel angenommen. Die verabschiedete Resolution beinhaltet empfohlene Ziele für eine umsichtigere Verwendung von Antibiotika und einer besseren Beobachtung und Überwachung des Verbrauchs.

Forschung und Entwicklung sowie Anreize für Innovation und Zugang zu antimikrobiellen Mitteln sollen als Gegenmaßnahme zu Resistenzen dienen. Gleichzeitig spricht sich das Parlament in der Resolution für präventive Maßnahmen, wie bessere Sanitärversorgung und Hygiene und mehr Sensibilisierung, Bildung und Ausbildung in diesem Bereich aus.

Nationale Aktionspläne erstellen, umsetzen und aktualisieren

Der Text fordert die EU-Länder auf, nationale Aktionspläne zur Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen zu erstellen, umzusetzen und regelmäßig (mindestens alle zwei Jahre) zu aktualisieren, da dies eine Priorität für ihre nationalen Gesundheitssysteme sei.

Die Abgeordneten stimmen dem von der Kommission vorgeschlagenen Ziel zu, den Gesamtverbrauch von Antibiotika in der EU bis zum Jahr 2030 um 20 Prozent zu senken. Sie bestehen jedoch darauf, dass die nationalen Maßnahmen auch sicherstellen müssen, dass mindestens 70 Prozent der verbrauchten Antibiotika zur „Zugangsgruppe“ gemäß der AWaRe-Klassifizierung der WHO gehören, es sich also um Antibiotika handelt, die gegen ein breites Spektrum von häufig vorkommenden Krankheitserregern wirksam sind und gleichzeitig ein geringeres Resistenzpotenzial aufweisen.

Es wird erwartet, dass die Mitgliedstaaten den Vorschlag der Kommission für eine Empfehlung des Rates zur Bekämpfung der Antibiotikaresistenz Mitte Juni annehmen werden.

Unterschiedliche Reaktionen

Die Reaktionen auf die Resolution fallen unterschiedlich aus. So betont zum Beispiel Tiemo Wölken, gesundheitspolitischer Sprecher der SPD-Europaabgeordneten, dass vielmehr für die Prävention infektiologischer Erkrankungen getan werden müsse – auch um Pharmamüll zu vermeiden. „Die Resistenz gegen antimikrobielle Mittel kann nur durch den „One Health“-Ansatz und eine bessere Koordinierung auf EU- und globaler Ebene bekämpft werden. Wir müssen den derzeitigen Einsatz antimikrobieller Mittel genau prüfen und eine Einschränkung ihrer Verwendung, insbesondere in der Landwirtschaft, in Erwägung ziehen, um die zunehmende Resistenz gegen antimikrobielle Mittel zu bekämpfen.

Es ist nicht mehr vertretbar, bestimmte Medikamente als letztes Mittel für die Lebensmittelproduktion einzusetzen. Wenn Antibiotika nicht umsichtig eingesetzt werden, wird es uns nicht gelingen, die Antibiotikaresistenz zu verhindern, was schlimme Folgen haben wird. Deshalb braucht die EU eine umfassendere Liste von Antibiotika, die speziell für den menschlichen Gebrauch reserviert sind. Alles andere wäre ein Spiel mit dem Feuer und mit Menschenleben“, so Wölken.

„Schwarzer Peter“ zwischen Human- und Tiermedizinern

„Wir müssen endlich aufhören mit dem schwarzen Peter-Spiel. Viele Humanmediziner sagen, die Tiermediziner müssen mehr tun, viele Tiermediziner sagen, die Humanmediziner müssen mehr tun. Die Grünen sagen, wir brauchen strengere Regeln bei der Anwendung und Christdemokraten und Liberale sagen, wir brauchen mehr Innovationen. Ich sage, wir brauchen dies alles und keiner darf sich zurücklehnen mit Verweis auf andere. Es geht um Menschenleben und deshalb muss all jetzt so schnell wie möglich umgesetzt werden“, verdeutlicht hingegen der Arzt und Europaabgeordneten Dr. Peter Liese (CDU).

Liese sieht auch noch weitere Schritte notwendig. „Wir brauchen noch weitere Maßnahmen. Zum Beispiel, in der von der Kommission vorgeschlagenen Revision des europäischen Arzneimittelgesetzes. Dort könnten wir idealerweise festschreiben, dass eine Therapie mit Antibiotika nur mit vorhandener Diagnostik durchgeführt werden darf.

Außerdem unterstützte ich die Idee über direkte Anreize, wie den vorgeschlagenen Voucher, das Forschen an neuen Antibiotika zu fördern. Im Moment rechnet sich die Entwicklung neuer Antibiotika für die Industrie nicht, weil sie sehr teuer ist und diese dann aufgrund der zu Recht strengen Regeln nicht oft verkauft werden können. Hier müssen wir ein besseres System finden“, so der gesundheitspolitische Sprecher der EVP-Fraktion.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

© Janssen-Cilag GmbH

Video

Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Höhen- oder Sturzflug?

© oatawa / stock.adobe.com

Zukunft Gesundheitswesen

Höhen- oder Sturzflug?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

© MQ-Illustrations / stock.adobe.com

Digitalisierung

Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Kommentare
KI-Einsatz mit Robotern im Krankenhaus oder in der ambulanten Pflege? In Deutschland noch schwer vorstellbar. Aber vielleicht ist das dieZukunft. Ein Feld auch für die Geldanlage.

© sirisakboakaew / stock.adobe.com

Interview zum Thema Geldanlage

KI für Anleger: „Ich sollte verstehen, in was ich investiere“

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Deutscher Apotheker- und Ärztebank
Am 28. Juli ist Welt-Hepatitis-Tag.

© Roche Diagnostics

Hepatitis-Screening: noch zu wenig bekannt

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Roche Diagnostics Deutschland GmbH, Mannheim
Abb. 1: Zeitaufwand pro Verabreichung von Natalizumab s.c. bzw. i.v.

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [9]

Familienplanung und Impfen bei Multipler Sklerose

Sondersituationen in der MS-Therapie

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Biogen GmbH, München
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Heilmittelverordnung

Manuelle Lymphdrainage: Ärzte von der Zeitfrage befreit

Preisträger gekürt

Galenus-Preis und Charity Award: Das sind die diesjährigen Gewinner

Lesetipps
Preisträger und Gastgeber des Galenus-von-Pergamon-Preises 2024 auf der Bühne

© Marc-Steffen Unger

Hypertrophe obstruktive Kardiomyopathie

Galenus-Preis 2024: Camzyos® gewinnt in der Kategorie Specialist Care

Nahmen den Galenus-von-Pergamon-Preis für Ebvallo in der Kategorie Orphan Drugs entgegen (V.l.n.r.): Moderatorin Yve Fehring, vom Unternehmen Pierre Fabre Milena Daguati, Business and Operations Lead, Dr. Frank Reichenbach, Deputy Medical Director Oncology DACH, Dr. Kai Neckermann, Director Market Access & Public Affairs, sowie der Vorsitzende der Galenus-Jury Professor Erland Erdmann und Denis Nößler, Chefredakteur der Ärzte Zeitung.

© Marc-Steffen Unger

Vorbehandelte EBV-positive PTLD

Galenus-Preis 2024: Ebvallo® gewinnt in der Kategorie Orphan Drugs