KOMMENTAR
Ein Schritt zurück - das wäre jetzt richtig
Morgen will der Bundesrat über den Antrag dreier Länder entscheiden, das Rad der Gesundheitsreform von 2004 ein Stück zurückzudrehen: Kassen sollen die Kosten der künstlichen Befruchtung wieder vollständig tragen, die 50-prozentige Selbstbeteiligung der Paare würde dann entfallen - und ein Reformfehler korrigiert.
Doch der federführende Gesundheitsausschuss empfiehlt, keine Entschließung zu fassen. Sollte der Bundesrat wider Erwarten den Vorstoß unterstützen, könnte dies einen Paradigmenwechsel in der politischen Diskussion anstoßen. Ausdrücklich begründen die Länder ihren Schritt auch mit den demografischen Konsequenzen, die die Selbstbeteiligung seit 2004 gehabt hat: Reproduktionsmedizin ist seither eine Heilkunst für Gutbetuchte geworden.
Ein Behandlungszyklus kostet im Schnitt etwa 3200 Euro, bei drei Behandlungen beläuft sich die Eigenbeteiligung der Paare auf etwa 5000 Euro. Trotz ihres Kinderwunsches haben viele Paare seitdem angesichts ihrer Budgetgrenzen kapituliert:
Von 2003 auf 2004 hat sich die Zahl der Geburten nach IVF fast halbiert. Dass die demografische Entwicklung es gebietet, alle Möglichkeiten zu nutzen, um die Kinderzahl zu erhöhen, wird in Deutschland noch verkannt.
Sparen sollten die Kassen durch die Leistungskürzung etwa 80 Millionen Euro pro Jahr. Zum Vergleich: Die gesamten - oft wenig zielgerichteten - familien- und ehebezogenen Leistungen des Staates betragen 185 Milliarden Euro.
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