Porträt über Dr. Andreas Köhler

Ein streitbarer, aber erfolgreicher Macher

Über neun Jahre stand Dr. Andreas Köhler an der Spitze der KBV. Gesundheitliche Gründe zwingen den Workaholic nun zum Rücktritt. Im Umgang war er oft nicht einfach, dafür aber durchsetzungsstark - und erfolgreich.

Wolfgang van den BerghVon Wolfgang van den Bergh Veröffentlicht:
Dr. Andreas Köhler kann als KBV-Chef eine positive Bilanz vorlegen.

Dr. Andreas Köhler kann als KBV-Chef eine positive Bilanz vorlegen.

© Florian Schuh / dpa

Gesundheitliche Gründe sind es, die die steile berufspolitische Karriere von Dr. Andreas Köhler beenden. Nur noch bis Ende Februar will Köhler an der Spitze der größten und einflussreichsten ärztlichen Körperschaft stehen.

Er habe sich immer mit voller Kraft für die ärztliche und psychotherapeutische Selbstverwaltung eingesetzt, heißt es in dürren Worten in der offiziellen Erklärung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zum Rücktritt ihres Vorstandsvorsitzenden.

Fürwahr: Der schwere Herzinfarkt im November, wenige Tage vor seinem 53. Geburtstag war mehr als nur ein Alarmsignal. Wie sagte ein Kardiologe in kleiner Runde kurz danach: "Wer einmal reanimiert wurde, bekommt das nicht mehr aus dem Kopf - das kann einen Menschen verändern."

Wenn diese Veränderung dazu beigetragen hat, sich dieser Dauerbelastung nicht mehr länger auszusetzen, dann ist das nachvollziehbar - dann verdient eine solche Entscheidung größten Respekt.

KBV-Chef zu 150 Prozent

Andreas Köhler gilt gewiss nicht als politisches Leichtgewicht. Das Gegenteil ist vielmehr der Fall. Dr. Andreas Köhler übernahm im Januar 2005 den hauptamtlichen Vorsitz der Kassenärztlichen Bundesvereinigung.

Was für Kolleginnen und Kollegen an seiner Seite durchaus zu einem Problem werden konnte, kannte Köhler nicht: KBV-Chef zu 150 Prozent.

Der streitbare KBV-Chef hatte hier die wenigsten Assimilierungsprobleme. Das liegt nicht zuletzt an Köhlers Werdegang: Medizinstudium als Sanitätsoffizier, zwei Jahre chirurgische Weiterbildung, abgeschlossenes Studium der Betriebswirtschaftslehre.

Mit diesem intellektuellen Rüstzeug kommt Köhler 1995 nach Köln zur KBV. Unter Hochdruck wird an einer der unzähligen EBM-Reformen gearbeitet. Die Praxisbudgets (1997) tragen bereits Köhlers Handschrift.

Nach einem kurzen Gastspiel in seiner Heimat-KV in Südwürttemberg kehrt Köhler 1998 nach Köln zurück und übernimmt das Dezernat "Gebührenordnung und Vergütung" - eine Zeit, die den gelernten Chirurgen und Betriebswirt stark prägt. Noch heute brilliert Köhler, wenn es um Details im EBM geht - oft zum Leidwesen der Honorarchefs .

Neben Rainer Hess, dem damaligen KBV-Hauptgeschäftsführer, hatte sich Köhler immer stärker auch in die politischen Belange der Vertragsärzte eingeschaltet. 2004 tritt er die Nachfolge von Hess an. 2004 markiert zugleich ein Wendejahr für KBV und KVen. Nach der 2003er Gesundheitsreform sollen die Vorstände professionalisiert werden. S

chluss für Multi-Funktionäre, die auch noch Praxen betreiben. Köhler drängt es an die Spitze der KBV, in den professionellen Vorstand, was ihn die Vorgänger zunächst verweigern.

Er hat schon einen Vertrag als Vize-Chef des größten Kassenverbandes in der Tasche, als der alte KBV-Vorstand einlenkt. Als Vertreter der Fachärzte wird Köhler KBV-Vorstand und Vorsitzender.

Umgang "nicht immer prickelnd"

Kurz vor seiner zweiten Amtszeit Anfang 2011 bezeichnet er den Umgang mit ihm als "nicht immer prickelnd". Mit der Rolle als "Sündenbock für alles und jenes" kann er sich nur schwer anfreunden.

"Aber diese gehört wohl zum Amt und ist akzeptabel, solange die Angriffe nicht zu persönlich werden", räumt er seinerzeit im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung" ein.

Seine innerärztlichen Gegner werfen ihm einen autoritären Führungsstil vor und die mangelnde Fähigkeit, etwa die Interessen der Länder KVen oder auch seiner Vorstandskollegen und -kolleginnen zu berücksichtigen.

Erst muss Ulrich Weigeldt gehen, dann wirft Dr. Carl-Heinz Müller das Handtuch und aktuell herrscht Eiszeit zwischen Regina Feldmann und ihm. Hinzu kommt, dass er bisweilen Kollegen überfordert, wenn er etwa von der Vision spricht, die KBV quasi als Wirtschaftsunternehmen etablieren und so auch führen zu wollen.

Dennoch: Köhler kann positive Bilanz vorlegen. Das gilt insbesondere für mehrere Milliarden Euro, die er in den vergangenen Jahren den Kassen abgerungen hat - und das in Zeiten, in denen andere Branchen ums Überleben kämpfen mussten und ihren Beschäftigten nur mickrige Gehaltssteigerungen anbieten konnten.

Auf Köhlers Habenseite steht - heute noch oft verkannt - der mit dem Wettbewerbsstärkungsgesetz 2007 vollzogene Paradigmenwechsel von der einnahmenorientierten zur morbiditätsorientierten Ausgabenpolitik.

Monatelang war darum zwischen Gesundheitsministerin Ulla Schmidt, den Gesundheitspolitikern der Großen Koalition und dem KBV-Chef gerungen worden. Köhler hat sich dabei weitgehend durchgesetzt.

Unnachgiebiger Einsatz

Köhlers unnachgiebiger Einsatz für das Kollektivvertragssystem und seine heftige Kritik an den Selektivverträgen haben die innerärztlichen Fronten verhärtet. Doch die Töne sind inzwischen moderater geworden.

Hier hat der Gesetzgeber durch seine Politik nicht gerade dazu beigetragen, die Fronten auf beiden Seiten zu befrieden. So steht auch jetzt wieder nach der Änderung des Paragrafen 73b die Änderung der Änderung auf der Tagesordnung.

Im Klartext: Am Mittwochabend versprach Staatssekretärin Widmann-Mauz so schnell das Gesetz wieder so zu ändern, dass die Kassen zum Abschluss von Hausarztverträgen verpflichtet werden und die wirtschaftliche Orientierung am Kollektivvertrag fallen soll.

Darauf wird Andreas Köhler wohl keinen Einfluss mehr haben.

Lesen Sie dazu auch: KBV: Köhler tritt zurück

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