KBV kritisiert TSVG
"Eine Bevormundung folgt der anderen"
Es gärt in der Ärzteschaft: Nicht nur die KBV-Spitze, auch die Vertreterversammlung wertet Gesundheitsminister Spahns Versorgungsgesetz als Angriff auf den freien Arztberuf.
Veröffentlicht:BERLIN. Die KBV wehrt sich gegen einen vermeintlichen Kontrollwahn des Gesetzgebers: "Die Selbstverwaltung funktioniert und sie ist reformfähig", sagte KBV-Chef Dr. Andreas Gassen in der Vertreterversammlung (VV) der Körperschaft am Freitag in Berlin .
Doch es ist nicht nur die weitere Schwächung der Selbstverwaltung, die den Mitgliedern der Vertreterversammlung auf den Magen schlägt. In einer Resolution stellt die VV klar, dass das vom Bundeskabinett verabschiedete Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) von "einer Missachtung des freien Berufes" geprägt sei. "Es ist viel zu kleinteilig und nicht geeignet, die Versorgung zu verbessern", so die VV.
Das Gesetz beinhaltet zwar durchaus positive Bausteine: So gebe es für mehr Leistung auch mehr Geld, sagte Gassen in seiner Rede vor der VV. Manche gute Regelung gebe es auch bei der Bedarfsplanung, für die MVZ oder die KV-Eigenbetriebe. "Das kann den KVen die Arbeit erleichtern", so Gassen. Damit höre das Positive aber auch schon auf. "Eine Bevormundung folgt der anderen", stellt der KBV-Chef klar.
Wer kontrolliert die offenen Sprechstunden?
Ein großer Kritikpunkte ist die Ausweitung der Pflichtsprechstunden für Vertragsärzte auf 25 Stunden pro Woche sowie die Pflicht zur offenen Sprechstunde für Fachärzte. "Was gut gemeint ist, muss noch längst nicht sinnvoll sein", kommentiert Gassen die Regelung. "Wir werden einen unglaublichen Kontrollapparat brauchen", warnt auch KBV-Vize Dr. Stephan Hofmeister im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung". "Wie kontrollieren Sie denn die offene Sprechstunde?", fragte er.
Hier würden Personal und finanzielle Mittel verbrannt. Zwar vertraue die KBV darauf, dass das zusätzliche Geld, das Spahn versprochen hat, auch fließe. Aus dem Bundesgesundheitsministerium habe es dazu klare Aussagen gegeben, dass die "üblichen Bereinigungstricks der Kassen nicht geduldet werden", so Gassen. Aber bei der Kontrolle der Dinge, die zu exekutieren sind, könne man sich richtig austoben, mahnt Hofmeister.
Er warnt auch davor – bei allem Respekt vor der Leistung angestellter Ärzte –, in diesen ein Allheilmittel zu sehen. "Wenn Sie jeden Vertragsarzt von seinen durchschnittlich 50 Stunden Wochenarbeitszeit auf 38,5 Stunden Arbeitszeit für Angestellte reduzieren, haben Sie schon 25 Prozent Produktivitätsverlust." Aber genau das passiere, wenn man zu sehr in die freie Praxisorganisation hineinregiere. "Noch hat das BMG genug Zeit, das Gesetz anzupassen", so Gassen.
Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Selbstbestimmt arbeiten
Lesen Sie dazu auch: Interview mit KBV-Vize Hofmeister: Die Budgets müssen weg!